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Venedig sehen und stehlen

Venedig sehen und stehlen

Titel: Venedig sehen und stehlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krischan Koch
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die Blondgelockte mit dem Venice-Herz lachte freundlich. Nur Muddi presste sich mit panischem Blick die Dasche an die Brust, wobei ihr fast ihre funghi um die Ohren flogen.
    »Er hat’s aber ooch widdr eilisch, und das mit dem Fuuuß«, hörte er den Sachsen noch hinter sich herrufen.
     
    Je näher er Giovanni-Dieters Apartment kam, desto unruhiger wurde Harry. Während er Richtung Ferrovia die Strada Nova hinaufhumpelte, malte er sich die Situation aus, die ihn gleich erwartete. Was hatte Franca in der Zwischenzeit mit Zoe angestellt? Hatte sie ihre Drohung wahr gemacht und war ihr mit dem Damenrevolver auf die Pelle gerückt? Oder würde Zoe gleich nichts ahnend in Hans-Dieters Wohnküche zwischen den Muranoglas-Tieren sitzen und Cappuccino trinken?
    Harry humpelte den kleinen Kanal an den Fondamente del Trapolin zu ihrem Apartment entlang. Er fühlte sein Herz bis zum Hals schlagen. Er war so aufgeregt, dass er mit seinem Schlüssel das Sicherheitsschloss in der alten Holztür nicht auf Anhieb traf. Er horchte im Treppenhaus nach verdächtigen Geräuschen. Nichts. Nur eine entfernte Wasserspülung, die eher aus dem Nebenhaus kam. Nach den paar Tagen war Harry schon alles vertraut, die Namensschilder neben den Türen, Baggio im ersten Stock, Schillaci, die Dame mit den violetten Haaren und dem lauten Fernseher im zweiten, der abgebröckelte Putz an einem Wandstück zwischen den ersten beiden Geschossen und der leichte Geruch von Schimmel und Salpeter. Stufe für Stufe, den rechten Fuß zuerst, das Gipsbein nachziehend, humpelte er die ausgetretenen Marmortreppen hinauf, nicht mehr ganz so schnell, immer auf Geräusche lauschend. Aber es war nichts zu hören. Totenstille.
    Möglichst leise schloss er die Wohnungstür auf. Was er dann sah, bestätigte seine schlimmsten Erwartungen. Das Hämmern in Hals und Schläfen wurde noch heftiger. Hinter den Augäpfeln spürte er einen unangenehmen Druck, als würden die Augen heraustreten. Halb gegen das Regal mit Giovanni-Dieters Glastiersammlung gesunken, nicht auf, sondern neben dem durchgetretenen venezianischen Läufer lag Zoe. Ihre Männershorts wirkten noch weiter als ohnehin schon und das enge gerippte schwarze Shirt war verrutscht. Über einem Auge hatte sie eine zentimeterlange blutige Schramme.
    »Zoe! Zoe, um Himmels willen, was ist los?« Sie reagierte nicht.
    Jetzt erst bemerkte er, dass Zoe an den Handgelenken hinter ihrem Rücken gefesselt war. Neben ihr auf dem Boden stand ein nicht ganz volles Wasserglas mit einer leicht milchigen Flüssigkeit. Vor der geöffneten Besenkammer stand der Giacometti. Alle Schranktüren und Schubladen waren geöffnet. Wäsche lag verstreut auf dem Boden. In dem Apartment herrschte das blanke Chaos.
    Was war hier geschehen? Trotz seiner Aufregung fiel Harry auf, dass inmitten des Durcheinanders, zwischen benutztem Frühstücksgeschirr, einem Kunstführer und dem neu erstandenen Nudelholz mit der Ravioliprägung auf dem Küchentisch ein Plastikstreifen lag, der vorher noch nicht dagelegen hatte. In dem Sichtfenster war ein roter Strich zu erkennen. Er ahnte wohl, was das bedeutete. Aber darüber konnte er jetzt nicht auch noch nachdenken. Er humpelte zu der leblos daliegenden Zoe hinüber.
    »Zoe, was ist mit dir passiert?«, schrie er sie an.
    Da hörte er hinter sich eine Stimme. Er schnellte herum. Franca stand vor ihm, mit ihrer kleinen silbrigen »Kolibri« in der Hand, die eindeutig auf Harry zeigte.
    »Caro, Harry, ich hab dir doch gesagt, dass du mich nicht so schnell loswerden wirst!«, gurrte sie mit kehliger Stimme.
    Harry erkannte Franca kaum wieder. Sie hatte jetzt kurze blonde Haare, genau wie Zoe. Was, verdammte Scheiße, sollte das denn jetzt bedeuten? Er kam sich wie in einer blöden Verwechslungskomödie vor. Dabei war er sich auf einmal sicher, dass es Franca war, die er vorhin bei seiner Verfolgungsjagd vom Boot aus gesehen hatte.
    »Du hast doch wohl nicht im Ernst gedacht, ihr könntet mich so leicht für euren Plan ausnutzen.« Ihre Augen funkelten und ihre Stimme hatte schlagartig alles Kehlige verloren. Sie schrie beinahe.
    »Cazzo, ihr verdammten Schweine! So lass ich mich von euch nicht reinlegen. Das werdet ihr mir büßen.« Die Wut pochte in ihr wie ein Hammer, das sah man an jeder Faser ihres Körpers. Sie wirkte fast bedrohlich athletisch. Und ihr Geruch stieg Harry unangenehm in die Nase. Als er die Wohnung betreten hatte, war es ihm erst gar nicht aufgefallen. Aber jetzt roch er es überdeutlich,

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