Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Venedig sehen und stehlen

Venedig sehen und stehlen

Titel: Venedig sehen und stehlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krischan Koch
Vom Netzwerk:
hörte er sich selbst wie in Trance sagen.
    »Hör auf, mir eine solche Scheiße zu erzählen«, schrie sie, »und was hast du überhaupt für ein bescheuert großes Gipsbein?«, als hätte sie das erst jetzt bemerkt. Sie sah an seinem Bein hinunter, ohne die Waffe sinken zu lassen. Zu Harrys Erleichterung schien sie sich aber keinen Reim darauf machen zu können. Noch nicht.
    »Wird’s bald? Wo ist das dämliche Bild?«
    Harry sah, dass sie schwitzte. Sie war so auf Harry konzentriert, dass sie gar nicht bemerkte, wie Zoe zu sich kam, sich langsam hochrappelte und schwankend vor dem Regal mit den Glastieren zum Stehen kam. Hoffentlich kippte sie nicht gleich wieder um. Er musste Franca von Zoe ablenken.
    »Francesca, so kommen wir nicht weiter«, sagte er betont ruhig und versuchte möglichst unauffällig an Franca vorbei zu Zoe zu schauen. Die stand noch immer schwankend vor dem Regal, versuchte vergeblich, sich abzustützen, und kapierte nicht recht, dass sie gefesselt war. Sie torkelte leicht gegen das Regal, was die Muranoglastiere bedenklich zum Wackeln brachte.»Du hast ja recht, Franca.« Harry sprach laut und schnell weiter, damit Franca von dem Geschehen hinter ihrem Rücken nichts mitbekam. »Wir sollten unbedingt zu irgendeiner Einigung kommen.«
    »Was heißt hier Einigung?«, kreischte Franca. »Was redest du denn für einen Müll? Wir haben hier doch keinen bekloppten Diskussionskreis!« Harrys scheinbares Entgegenkommen schien sie erst recht in Rage zu bringen.
    Harry wollte antworten, aber da sah er, dass Zoes verschleierter Blick an Francas Rücken hängen geblieben war und sie mit unsicheren, torkelnden Schritten auf sie beide zukam. Was hatte sie um Himmels willen vor? Es schien nicht so, dass sie die Situation richtig einschätzen konnte. Was sollte Harry machen? Er machte den Mund auf, brachte aber keinen Ton raus. Aber da war es auch schon geschehen. Franca war gewarnt und drehte sich abrupt zu Zoe um. »Puttana miseria , da ist ja jemand aufgewacht.«
    »Vorsichtig, sie hat eine Waffe«, schrie Harry, der aus seiner Starre erwacht war.
    Er überlegte nicht lang, war mit einem Satz am Küchentisch, griff sich das Raviolinudelholz, holte aus und platzierte es mit einer eleganten Rückhand auf Francescas linker Wange. Ihr Kopf flog zurück, die gefleckte Punkfrisur machte einen kurzen Hüpfer und im selben Moment löste sich ein Schuss aus der Zwei-Millimeter-Damenpistole. Ein nicht sonderlich lautes, aber schrilles Pfeifen hallte durch Giovanni-Dieters Wohnküche, gefolgt von einem blechernen Scheppern in dem ohnehin schon ramponierten Gasboiler. Harry stockte der Atem. Zoe wackelte unbeeindruckt mit dem Kopf und verdrehte die Augen.
    Francesca stürzte mit erstauntem, fast versöhnlichem Gesichtsausdruck auf den Marmorfußboden aus dem siebzehnten Jahrhundert. Auf halbem Weg streifte ihr Haarschopf die Kante des Küchentisches, dann blieb sie regungslos liegen.
    Harry stürzte auf Zoe zu, die mit abwesendem Blick und leicht schwankend mitten im Raum stand.
    »Zoe, was ist mit dir?« Er packte sie an den Schultern und schüttelte sie leicht. Panisch suchte er nach einer Schussverletzung. Doch der Schuss war offensichtlich an ihr vorbeigegangen. Erleichtert umarmte er sie und ein Gefühl der Schwäche ließ ihn fast in die Knie gehen. Sein Blick fiel auf das Regal mit der Glastiersammlung. Das himmelblaue Schwein glotzte freundlich-doof. Die tiefer stehende Nachmittagssonne, die jetzt von der gegenüberliegenden Seite des Rio del Trapolin in das Küchenfenster fiel, leuchtete wie ein Bühnenscheinwerfer das gesamte Regal aus. Kraniche, Hasen und Salamander standen unbeschadet an ihrem Platz. In dem Lichtstrahl schwirrte ein Schleier kleiner Staubteilchen.
    Zoe regte sich auf einmal in seinen Armen.
    »Daaarliiing, ich bin ookayyy«, antwortete sie in Zeitlupe. Sie klang wie ein Tonband in der falschen Geschwindigkeit.
    »Was hat sie mit dir gemacht?«, fragte er, während er versuchte, Zoe von ihren Fesseln zu befreien. Dabei warf er immer wieder einen Blick auf die wie leblos daliegende Francesca.
    »Es hat geklingelt. Und als ich die Tür öffnete, ist sie einfach in die Wohnung gestürmt und hat mich über den Haufen gerannt. She’s absolutly sick. «
    Zoe rieb sich die Handgelenke. »Was bildet diese Zicke sich eigentlich ein? Italian bitch! «
    Zoes Wortwahl deutete darauf hin, dass sie auf dem Weg der Besserung war.
     
    »Sie hat mit dieser Pistole herumgefuchtelt und mich die ganze Zeit

Weitere Kostenlose Bücher