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Venedig sehen und stehlen

Venedig sehen und stehlen

Titel: Venedig sehen und stehlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krischan Koch
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Arsch!«, schrie sie. »Ich jage euch eine Kugel in eure hübschen Spießerhirne und dann lege ich diese Nadel dazu.«
    Sie hielt die »Kolibri« weiter auf ihn gerichtet. Ohne Harry aus den Augen zu lassen, fischte sie den Anstecker aus ihrer Jackentasche. Harry erkannte ihn sofort. Es war die grüne Anstecknadel, die im Finger des toten Großgondoliere steckte.
    »Die N-Nadel von Carlo«, stotterte er.
    »Pah, von wegen!«, blaffte Franca ihn an. »Die Nadel von Giovanni.«
    »Von Hans-D-Dieter?«
    »Von Hans-e-Dieter. Esatto. «
    »Warum bist du dir da so sicher?«
    »Jeder hat seine eigene Anstecknadel …«
    »Ja, ja, ich weiß das.«
    »… und diese gehört Giovanni. Das kann die versammelte Mannschaft dieser spießigen ›Amici‹ bestätigen.«
    So erstaunlich war es eigentlich nicht, dass Franca sie hatte. Aber in diesem Moment war Harry doch überrascht.
    »Diese grüne Schlange oder was immer das sein soll, die hat sein süßer kleiner Roberto ihm gebastelt.« Dabei spitzte sie übertrieben die Lippen.
    Franca musste also die Nadel, die im Zeigefinger des toten Carlo gesteckt hatte, an sich genommen haben, vermutlich als sie in ihrem Atelier den Großgondoliere in die Gipstüten verpackt hatten. In der Nacht auf der Giudecca hatte Harry sich noch gewundert, wo die grüne Scherbe abgeblieben war. Später hatte er es dann aus den Augen verloren.
    »Und was hatte die Anstecknadel überhaupt im Finger von Carlo verloren?«
    »Povero Harry! Bist du so blöd oder tust du nur so?« Ihre Stimme klang gepresst.
    »Der oberschlaue Hans-e-Dieter hat meinen Vermieter Carlo umgebracht«, zischte sie triumphierend. »Das geschah alles an dem Abend, als du bei mir warst. Er hat sich auf der Giudecca mit ihm getroffen, bevor er zu der Veranstaltung in dem Pallazzo Michiel dal Brusà gefahren ist, mit diesen beiden Finnen, und bevor ich dir mein Atelier gezeigt habe, caro Harry.«
    Zoe vor dem Küchenregal öffnete für eine Sekunde die Augenlider, verdrehte aber gleich wieder die Augen. Als Harry nur den Ansatz machte, sich einen Fußbreit zu ihr hinzubewegen, hob Franca sofort die Pistole in Richtung seines Kopfes.
    »Er wollte mir die ganze Sache in die Schuhe schieben«, fuhr Franca fort. »Der Tote lag ja schon in meinem Atelier, wie praktisch. Nachts wollte er die Leiche entsorgen. Aber das haben wir dann ja für ihn erledigt. Und diese Ratte muss uns dabei beobachtet haben. Das hat Giovanni mir gleich danach erzählt, als ich mit ihm ein, wie soll ich sagen, ein kleines Geschäft machen wollte.«
    »Aber warum soll Hans-Dieter ihn denn ermordet haben?« Harry war außerstande, seine Gedanken zu sortieren.
    »Warum wohl? Er war scharf auf die Werft, dieser kleine Spießer. Er wollte sie unbedingt haben. Die beiden hatten sich in meinem Atelier getroffen.«
    »Aber deswegen erschießt man doch den Eigentümer nicht. Das macht doch keinen Sinn!«
    »Die beiden sind in Streit geraten, Hans-Dieter und Carlo. Carlo soll angeblich mit einem Hammer von mir auf Giovanni losgegangen sein. Und der hat sich meine Pistole gegriffen und auf ihn geschossen! Ich weiß auch nicht. Carlo, quel cane , dieser Raffzahn wollte sicher den Preis hochtreiben. Er hat wohl behauptet, ein anderes lukrativeres Angebot zu haben. Und darauf ist Hans-Dieter ausgerastet und die beiden sind aufeinander losgegangen. So hat Giovanni mir das erzählt.«
    Harry wusste nicht mehr, was er glauben sollte. War das vielleicht nur eine weitere von Francas Hasstiraden auf die Männer, eine weitere Schlacht in ihrem Privatkrieg mit Giovanni-Dieter? Aber warum sollte sie lügen? Und irgendetwas stimmte doch tatsächlich mit diesem Lateinlehrer aus der Nordheide nicht. Warum hatte er während Harrys Befragung ständig bei der Polizei angerufen?
    Harry konnte keinen klaren Gedanken fassen. In seinem Kopf herrschte ein wildes Durcheinander, und er war so müde, so unendlich müde. Konnte diese Wahnsinnige ihn nicht einfach in Ruhe lassen? Aber da drang schon wieder die Stimme von Franca an sein Ohr:
    »Und jetzt will ich wissen, wo ihr den Miró versteckt habt. Ich hab schon Giovannis ganze Spießerbude auf den Kopf gestellt.«
    Sie stand mit ihrer Pistole jetzt direkt vor ihm. Harry konnte ihre dilettantisch und offenbar in aller Eile gefärbten Haare sehen mit den orangefarbenen und gelblichen Strähnen, zwischen denen auch stellenweise ihre echte dunkle Haarfarbe hindurchschien. Sie sah aus wie ein gerupftes Punkhuhn.
    »Das Bild ist an einem sicheren Ort«,

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