Venetia und der Wuestling
verheiratet, Venetia? Wie alt bist du? Es ist so dumm, sich nicht an Zahlen zu erinnern, aber ich kann das nie!"
„Über fünfundzwanzig, Ma'am!", antwortete Venetia mit einem ziemlich spitzbübischen Zwinkern.
„Fünfundzwanzig!" Lady Steeple schien einen Augenblick zurückzuschrecken und hob doch tatsächlich die Hand, als wollte sie etwas Hässliches abwehren.
„Fünfundzwanzig!", wiederholte sie und schaute instinktiv mit prüfend zusammengekniffenen Augen in den Spiegel. „Oh, unmöglich! Ich war natürlich noch das reinste Kind, als du geboren wurdest! Aber was in aller Welt hast du mit dir angestellt, dass du entschieden sitzen geblieben bist?"
„Gar nichts, Ma'am", sagte Venetia und lächelte sie an. „Sehen Sie, bevor ich vor einem Monat nach London kam, hatte ich noch keine größere Stadt als York gesehen, noch bin ich weiter von Undershaw fortgekommen als bis Harrogate!"
„Guter Gott, das ist doch nicht dein Ernst", rief Lady Steeple aus und starrte sie an. „So etwas Entsetzliches habe ich noch nie im Leben gehört! Erzähl mir doch!"
Venetia erzählte ihr also, und obwohl der Gedanke an Sir Francis als Einsiedler Lady Steeple wieder in ihr entzückendes Lachen ausbrechen ließ, war sie von der Geschichte wirklich entsetzt und rief, als Venetia geendet hatte: „Oh, du armes kleines Ding! Hasst du mich jetzt deshalb?"
„Nein, natürlich nicht!", antwortete Venetia beruhigend.
„Weißt du, ich wollte wirklich nie Kinder haben!", erklärte Ihre Gnaden. „Sie ruinieren einem die Figur, und wenn man schwanger ist, schaut man einfach abscheulich aus, und sie schauen auch abscheulich aus, ganz rot und verschrumpft, obwohl ich sagen muss, du und Conway, ihr wart sehr hübsche Babys. Aber mein letztes - wie war doch der Name, auf dem Francis bestand? Oh, Aubrey, nicht? Nach einem seiner dummen Ahnen. Ja, Aubrey! Nun, der schaute wie ein kranker Affe aus - fürchterlich! Natürlich hielt es Francis für meine Pflicht, dass ich ihn selbst stille, als wäre ich eine Bauerndirne gewesen! Ich kann mir nicht erklären, wie er auf einen derart vulgären Einfall kam, denn ich jedenfalls weiß, dass die alte Lady Lanyon immer eine Amme anstellte! Aber es ging nicht gut aus, denn es machte mich ganz krank, ein solches verschrumpeltes Geschöpf anschauen zu müssen. Außerdem war er so lästig, dass es mich nervös machte. Ich hätte nie geglaubt, dass er am Leben bleibt, aber er lebt doch, nicht?"
Im Schutze ihres Muffs ballte Venetia die Hände, bis die Nägel in die Handflächen schnitten, aber sie antwortete kühl: „O ja! Vielleicht war er wegen seiner Hüfte lästig. Er hat ein krankes Hüftgelenk, müssen Sie wissen. Es ist jetzt besser, aber er hat sehr viel gelitten, als er jünger war, und er wird immer hinken."
„Der arme Junge!", sagte Ihre Gnaden mitleidig. „Ist er mit dir nach London gekommen?"
„Nein, er ist im Yorkshire geblieben. Ich glaube nicht, dass ihm viel an London läge.
Ja, es liegt ihm überhaupt nicht viel an etwas anderem als an seinen Büchern. Er ist ein Gelehrter -ein glänzender Gelehrter!"
„Heiliger Himmel, wie grässlich langweilig!", bemerkte Lady Steeple mit schlichter Aufrichtigkeit. „Zu denken, dass du mit einem Einsiedler und einem Gelehrten eingesperrt warst, deprimiert mich direkt. Du armes Kind! Oh, du warst das Dornröschen. Wie rührend! Aber es hätte doch ein Prinz kommen müssen, der dich wach küsst. Es ist zu schlimm!"
„Der ist auch gekommen", sagte Venetia. Sie errötete leicht. „Nur hat er es sich in den Kopf gesetzt, dass er kein Prinz, sondern nur ein Thronräuber im Prinzengewand ist."
Lady Steeple war sehr erheitert. „Oh, aber das verpatzt die Geschichte!", protestierte sie. „Außerdem, warum soll er sich für einen Thronräuber halten? Das ist ganz unwahrscheinlich!"
„Ja, aber Sie wissen doch, wie Prinzen im Märchen sind, Ma'am! Jung und schön und tugendhaft! Und wahrscheinlich todlangweilig", fügte sie nachdenklich hinzu. „Nun, mein Thronräuber ist in Wirklichkeit nicht sehr jung und nicht schön und bestimmt nicht tugendhaft - ganz im Gegenteil. Anderseits - langweilig ist er nicht."
„Du hast dich ganz klar in einen Wüstling verliebt! Aber wie interessant! Erzähle mir doch alles über ihn!"
„Ich glaube, Sie kennen ihn wahrscheinlich, Ma'am."
„Ach nein, wirklich? Wer ist es?"
„Damerei", antwortete Venetia.
Lady Steeple gab es einen Ruck. „Was?! Unsinn, du schwindelst. Bestimmt!" Sie brach ab und
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