Venezianische Verführung (German Edition)
haben. Sie wusste, dass Leandro ihre Lüge ahnte und das beschämte sie umso mehr. Neben ihrem Gewissen nagte auch die Sehnsucht nach ihm an ihr. So sehr sie es sich auch nicht eingestehen wollte, sie sehnte sich nach seinen Berührungen, seinen Zärtlichkeiten und nach der Lust, die sie miteinander geteilt hatten.
Gestern hatte sie an ihm gezweifelt und ihn dadurch zurückgewiesen und jetzt war sie allein, ohne die letzte Nacht nicht mit ihm genossen zu haben.
Diese Erinnerung würde ihr fehlen in den einsamen Tagen und Nächten, die kommen würden. Sie hätte zu ihm gehen können, um zumendest in seinen Armen einzuschlafen.
So wollte sie wenigstens etwas Sinnvolles tun und flüchtete sich in die Arbeit, genau wie er es stets tat. Insgesamt waren es vier Karten, die es zu illustrieren galt. Leandro hatte ihr die Drucke jeweils dreifach anfertigen lassen, damit sie Ersatz hatte, falls die Illustrationen nicht gut genug ausfielen.
Sie wusste nicht, ob sie erfreut über seine Gewissenhaftigkeit oder beleidigt über das mangelnde Vertrauen in ihre Fähigkeiten sein sollte. Nun, wenn er ihren Fähigkeiten komplett misstrauen würde, hätte er sie wohl kaum beauftragt, die Illustrationen durchzuführen.
Unglücklicherweise war das Azurit ausgelaufen. Offenbar hatte sie den Behälter nicht richtig verschlossen oder er war undicht gewesen und sie war versehentlich dagegengestoßen, ohne es zu bemerken. Sie würde diese Farbe nicht mehr verwenden können. Doch dies war nicht allzu schlimm, denn in der Innenstadt gab es einen Händler, der die wichtigsten Farben führte. Ihn würde sie nach dem Morgentrunk aufsuchen.
Mit einer Tasse heißer Schokolade setzte Aurora sich in den blauen Salon.
Allein. Natürlich allein. Leandro häufiger weg als zu Hause. Aurora verdrängte die Gedanken an die schwangere Frau und hoffte, dass sie Leandro vertrauen konnte.
Solange sie sein Bett teilte, hatte er ihr Treue gelobt. Doch galt dies auch für die Zeit, wenn er sich auf Reisen befand und sie nicht seine Bettgefährtin sein konnte? Suchte er sich dann andere?
Sie verdrängte diese Gedanken. Im Moment brachten sie diese nicht weiter. Viel lieber wollte sie Leandro vertrauen und seinen Worten Glauben schenken. Aurora nippte an ihrer Schokolade. Sie war schon abgekühlt und schmeckte bitter.
Ein Klopfen erklang. Das Porzellan klapperte, als sie die Tasse zurückstellte.
»Was ist denn?« fragte sie.
Chiara, ihre Zofe, steckte den Kopf zur Tür hinein. Sie vertrat den Hausdiener, der kurzzeitig Urlaub genommen hatte. »Eine Dame möchte Sie sprechen«, sagte Chiara.
Wer mochte das sein? Doch nicht etwa wieder diese Emma Berardino oder eine andere von Leandros zahlreichen Huren, Mätressen und anderen Gespielinnen? »Führe sie bitte herein. Danke, Chiara.«
Das Mädchen verschwand. Kurze Zeit später öffnete sich die Tür erneut.
Eine elegant gekleidete blonde Frau trat ein. Ein Hauch von Noblesse umgab sie wie der blumige Duft, der ihr entströmte. Ihr Gesicht war dick gepudert.
Sie mochte nicht mehr ganz jung sein, doch war sie auffallend schön.
Ein Lächeln lag auf dem Gesicht der Frau. »Buon giorno, Siora.«
Aurora erwiderte den Gruß. »Was führt Sie zu mir?«
»Ich möchte Lucas Dienste in Anspruch nehmen?«
»Ich kenne keinen Luca.«
»Sie kennen ihn besser, als Sie denken.«
»Von wem sprechen Sie?«
»Von Ihrem Onkel, Leandro Currado, auch bekannt unter dem Namen Luca.«
Aurora biss sich auf die Unterlippe. So, Leandro führte also ein Doppelleben unter anderem Namen.
»Wer sind Sie überhaupt?« fragte Aurora.
»Ich verlange Diskretion. Sie werden gewiss aus eigenem Interesse niemanden erzählen, dass ich Lucas Kundin bin?«
Aurora hob die Brauen. Worauf wollte die Frau hinaus?
»Selbstverständlich behalte ich Geschäftsgeheimnisse für mich«, sagte Aurora.
»Gut.« Die Frau strich ihren Rock glatt. »Ich bin die Baronessa Pavese und war längere Zeit Lucas Kundin. Jetzt möchte ich ihn wieder buchen.«
Aurora starrte ihr Gegenüber entgeistert an. »Buchen?«
»Ja, er lässt sich buchen für Geld.« Die Baronessa lächelte sie nachsichtig an, als spräche sie zu einem Kind. »Sie als seine Nichte haben sicherlich Verständnis für seine Situation. Er ist sehr hoch verschuldet. Entweder er findet eine reiche Frau, die ihn heiratet, oder er muss seinen Körper weiterhin vermieten.«
Aurora spürte, wie sich ihr Herz zusammenkrampfte. »Das ist nicht wahr! Sie sind eine Lügnerin!«
Die
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