Venezianische Verführung (German Edition)
erlaubt hat.«
»Nun übertreib mal nicht so schamlos. Hättest du dich eben gegen ihn aufgelehnt.«
»Hab ich ja. Im Gegensatz zu dir bin ich nicht einfach geflohen.«
»Ich bin nicht geflohen. Ich hab das nur für meine Schwester getan. Und warum hätte ich mir diesen Mann antun sollen?« fragte Leandro.
»Du bist ihm zu ähnlich; darum hast du dich nicht mit ihm vertragen.«
»Keineswegs bin ich ihm ähnlich.«
»Doch, du bist genauso herrschsüchtig.«
»Dominant vielleicht, aber nicht herrschsüchtig. Ich habe meine Gründe, wenn ich etwas fordere.«
»So?« Sie sah ihn durch zu Schlitzen verengten Augen an. Seine Art der Dominanz forderte die Auflehnung in ihr geradezu heraus. Niemals wieder würde sie sich von einem Mann einschüchtern lassen.
»Hier in der Stadt sind die Straßen sicherer für eine Frau als auf der Terra ferma.«
Damit hatte er recht. In Venedig gab es so gut wie keine Verbrechen.
Aurora lächelte maliziös. »San Donà di Piave ist auch kein Sündenpfuhl, zumindest nicht, solange du nicht dort bist.«
»Trotzdem bleibst du hier.«
»Nein. Ich habe fast mein gesamtes Leben hier verbracht. Es wird Zeit, dass ich ein wenig rauskomme.«
»Das wirst du, doch nur mit mir gemeinsam. Wenn ich die Angelegenheiten deines Vaters geklärt habe, dann werde ich wieder häufiger hier sein.
Wenn du möchtest, können wir uns dann die Welt zusammen ansehen.«
»Warum nimmst du mich jetzt nicht mit auf deine Reisen?«
»Das kann ich nicht. Du würdest dich langweilen. Ich hätte keine Zeit für dich.«
»Ich würde mich nicht langweilen, nicht mehr als hier auch. Dazu ist das Leben zu kurz.« Zumindest wäre sie in seinem Bett Nacht für Nacht. Oder teilte er es gar mit anderen Frauen, wenn er sich auf Reisen befand?
»Ich möchte nicht, dass du alleine bist«, sagte er.
»Ich würde genauso allein sein wie jetzt auch.«
»Aurora, ich will keine weiteren Diskussionen. Mach einfach, was ich sag!«
»Willst du mich einsperren?«
»Wenn es sein muss.«
Sie schnappte nach Luft. »Das wagst du nicht! Ich werde morgen fahren und niemand wird mich daran hindern, auch du nicht!« Aurora erhob sich und ließ ihn allein.
* * *
Tatsächlich sperrte er sie am nächsten Morgen nicht ein. Stattdessen küsste er sie tief und innig, bevor er das Haus verließ. Beinahe tat es ihr leid, gegen seine Anweisung zu verstoßen – aber nur beinahe. Kaum war Leandro verschwunden, machte Aurora sich auf die Abreise. Die Truhen würde Chiara ihr am Nachmittag nachliefern lassen. In Begleitung von zwei Dienern verließ sie das Haus. Nach der Überfahrt mit der Gondel nahm sie eine Kutsche. Die Fahrt dauerte nicht lange. Milde Luft und die Geräusche der Stadt drangen zu ihr herein. Endlich hielt die Kutsche an. Aurora sprang heraus, gefolgt von ihren Dienern. Sie lächelte.
Nach so langer Zeit stand sie wieder vor dem Haus, in dem sie einige Sommer ihrer Kindheit verbracht hatte. Zwar gab es auch in der Stadt Venedig Gärten, doch waren diese nicht so groß wie die auf dem Festland.
Besonders liebte Aurora die Fliederbüsche, den Lavendel und die zahlreichen Rosensträucher, die das Haus säumten.
Seit Jahren hatte sie dieses Haus nicht mehr betreten. Eleonora hatte es geliebt. Mit Recht. Es war eine herrliche Villa, von außen erschien sie zierlich, doch war sie innen geräumig. Aurora strich die Falten ihres Reisekleides glatt und trat ein. Wie erwartet, war die Luft staubig. Ausgiebiges Lüften würde dieses Problem beseitigen.
Doch Leandro hatte Recht gehabt, auch hierhin verfolgte sie die Erinnerung an ihren Vater. Überall standen Dinge, die sie mit ihm verbanden.
Sie würde aufräumen, umdekorieren und einige der Gegenstände verkaufen.
Eleonora hatte einiges ändern wollen, doch sie war damit nicht weit gekommen, da Vater es ihr untersagte. Dennoch hatte Eleonora weitaus mehr Freiheiten als sie besessen. Notgedrungen musste er ihren Willen akzeptieren. Jede Frau wäre ihm davongelaufen, hätte er sie wie Aurora behandelt.
Zwar war er ein guter Vater – Aurora hatte es niemals an materiellen Dingen gefehlt – doch hatte er ihr in seiner Strenge niemals gezeigt, dass er sie liebte.
Sie besaß wenige Kleider, doch diese waren von vorzüglicher Qualität. Er war zweckmäßig gewesen, ihr Vater. Viele Kleider zogen nur die Motten an, viele Vasen und anderer Tand waren nur ein Hort für Staub und Schmutz. So unrecht hatte er nicht mal. Dennoch hätte er sie nicht derart bevormunden
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