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Venezianische Verlobung

Venezianische Verlobung

Titel: Venezianische Verlobung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Remin
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gekommen sind, Commissario?»
    Obwohl seine Mundwinkel zitterten, klang seine Stim me erstaunlich fest. Tron konnte sich gut vorstellen, dass das mexikanisch gefärbte Italienisch des Botschafters, das seiner Erscheinung einen zusätzlichen Einschlag ins Exotische gab, auf Frauen attraktiv wirkte.
    «Wir haben gestern das Studio von Emilio Pucci durch sucht», sagte Tron. «Und stießen unter anderem auf diese Photographien. Das sind drei aus einem halben Dutzend, die wir in Puccis Studio gefunden haben.»
    Gutiérrez legte eine beringte Hand auf die zusammenge schobenen Photographien, die vor ihm auf dem Tisch lagen, und beugte sich schwer atmend nach vorne. «Wo sind die anderen Photographien?»
    «In einem Safe auf der questura. Exzellenz können vollkommen beruhigt sein. Dort sind die Photographien sicher.»
    «Und was wollen Sie von mir?»
    «Lediglich ein paar Auskünfte.»
    Gutiérrez schwieg und schien nachzudenken. Schließlich  sagte er: «Und wenn ich Ihnen diese Auskünfte gebe,  Commissario – was geschieht dann mit den drei anderen  Photographien?»
    «Das hängt von der Qualität der Auskünfte ab, Exzellenz.» Tron lächelte höflich. «Im Augenblick handelt es sich bei diesen Photographien um wichtiges Beweismaterial.
    Selbstverständlich hat niemand ein Interesse daran, Exzellenz unnötig zu kompromittieren.»
    «Und welche Auskünfte wünschen Sie?»
    «Pucci hat Sie erpresst. Ist das korrekt?»
    Da es keinen Sinn hatte, das Offensichtliche abzustreiten, gab Gutiérrez es zu. «Ja, das hat er. Ich hatte ihn bezahlt und hielt die Angelegenheit für erledigt. So war es mir von Pucci versprochen worden.»
    «Aber?»

    «Vor zwei Wochen hat er mir drei weitere Photographien zum Kaufangeboten. Ich war gezwungen, ein zweites Mal zu zahlen. Dass Pucci darüber hinaus noch Bilder hatte, überrascht mich nicht.»
    «Dann werden Sie den Tod von Signor Pucci nicht bedauern, Exzellenz. Er ist ermordet worden.»
    Was Gutiérrez selbstverständlich wusste, denn er hatte  ihn ja selber getötet. Aber es gehörte zum konventionellen Schema der Situation, dass Gutiérrez nun nach dem Täter fragen musste. Wenigstens schien der Botschafter es für albern zu halten, seine Überraschung zu übertreiben. «Wer hat Pucci getötet?», erkundigte er sich ruhig.
    «Wir hatten die Vorstellung, dass Sie uns diese Frage beantworten könnten. Sie werden nicht abstreiten, dass Sie ein großes Interesse an den Photographien hatten, die sich noch in Puccis Besitz befanden.»
    «Das wäre für mich kein Grund gewesen, diesen Mann  zu töten», sagte Gutiérrez. «Ich hätte vermutlich auch zum dritten Mal gezahlt.»
    «Das mag sein. Aber es gibt noch einen anderen Grund,  weswegen wir hoffen, dass Sie uns etwas zu diesem Fall  sagen können.»
    «Und der wäre?»
    «Wussten Sie, dass Erzherzog Maximilian ein Verhältnis  mit Anna Slataper hatte?»
    Einen Moment schien Gutiérrez verwirrt – oder er  brachte es zumindest fertig, eine gewisse Verwirrung perfekt vorzutäuschen. Schließlich nickte er. «Sie haben sich auf einem Ball kennen gelernt, auf dem ich auch gewesen bin.» Dann stellte er wieder eine Frage, die man von ihm erwarten würde. «Hat Pucci versucht, den Erzherzog auf die übliche Tour zu erpressen?»

    «Ja, das hat er», sagte Tron. «Und er ist von jemandem
    getötet worden, der diese Photographien um jeden Preis in seinen Besitz bringen wollte.»
    «Und wer wäre das?»
    «Es gibt verschiedene Kreise, die an diesen Photographien interessiert sein dürften.»
    «Vermutlich die katholische Kirche und der militärische Geheimdienst. Maximilian ist in konservativen Militärkreisen geradezu verhasst. Da sind noch alte Rechnungen offen.»
    «Exzellenz haben eine Gruppierung vergessen.»
    «Welche?»
    «Die Juaristas», sagte Tron. «Maximilians eigentliche politische Feinde.» Er machte eine Pause, bevor er weitersprach. «Zu denen Sie über den amerikanischen Konsul freundliche Beziehungen unterhalten sollen. Genauer gesagt über die Gattin des amerikanischen Konsuls.»
    Gutiérrez schob seinen Stuhl laut scharrend zurück, als er aufstand. Er ging zum Fenster, schob die Gardine zurück und starrte ein paar Minuten lang auf die Riva degli Schiavoni hinab, so als würde es dort mehr zu sehen geben als ein paar Gaslaternen, die gelblich schimmernde Kreise in die feuchte Dunkelheit malten. Als er zurückkam und sich wieder setzte, war er bleich. «Sie wissen Bescheid?»
    Tron nickte. «Wir wissen, dass Sie

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