Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Venezianische Verlobung

Venezianische Verlobung

Titel: Venezianische Verlobung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Remin
Vom Netzwerk:
Zusammenkünfte abstreiten würde. Aber vielleicht könnten wir herausfinden, wo sie sich aufgehalten hat, als Signorina Slataper ermordet wurde.»
    «Und wo sie war, als Pucci ermordet wurde», ergänzte  Bossi.
    «Wenn sich herausstellt», sagte Tron, «dass der Konsul an beiden Abenden eine Gesellschaft gegeben hat, auf der auch seine Frau anwesend war, wissen wir, dass Gutiérrez uns belogen hat.»
    «Hat er mit Sicherheit.»
    «Finden Sie es heraus, Bossi. Die Bennets haben italienisches Personal. Stellen Sie fest, ob Signora Bennet an den entsprechenden Abenden zu Hause war oder nicht. Wenn das der Fall war, hat Gutiérrez gelogen, und dann sehen wir weiter. Übrigens treffe ich heute Abend Pater Calderón, von dem die Information über die Verbindung zwischen Gutiérrez und Bennet ursprünglich stammt. Vielleicht kann er ja noch etwas dazu sagen.»
    Bossi sah Tron an. «Haben Sie diesen Pater Calderón  mal gefragt, wo er sich Sonntagnacht aufgehalten hat?» Der Sergente trat einen Schritt zur Seite, um einen Leutnant der Kroatischen Jäger passieren zu lassen. Dann fuhr er fort, ohne Trons Antwort abzuwarten. «Pucci ist ein ehemaliger Priester. Und wahrscheinlich wusste er genau, wie wertvoll diese Photographien unter bestimmten Umständen für die katholische Kirche sein könnten. Er könnte Pater Calderón  gekannt und ihm die Photographien angeboten haben.»
    Bossi hielt inne und betrachtete ein paar Augenblicke lang seine Schuhspitzen. Schließlich fragte er: «Seit wann ist dieser Pater Calderón in Europa?»
    Tron zuckte die Achseln. «Pater Calderón ist der Sekretär von Bischof Labattista. Ich weiß nicht, wie lange sich Labattista bereits im römischen Exil aufhält. Vielleicht seit einem Jahr. Das Treffen mit Maximilian in Triest fand im Juli statt.»
    «Dann ist Labattista vermutlich auch in Venedig gewesen. Zusammen mit Pater Calderón», sagte Bossi. Der ge dehnte Tonfall, in dem er sprach, machte deutlich, woran er dachte.
    «Und bei dieser Gelegenheit hätte Pucci mit ihm Kon takt aufnehmen können. Ist es das, was Sie meinen?»
    Bossi nickte. «Und als Pater Calderón von Pucci gehört  hatte, dass Signorina Slataper dem Erzherzog alles beichten wollte, ist er nach Venedig gekommen und hat sie getötet.»
    Eine Vorstellung, die Bossi zu gefallen schien, denn sein Gesicht leuchtete förmlich.
    Tron wusste, welche Frage Bossi jetzt erwartete, und tat ihm den Gefallen. «Und wer hat Pucci getötet?»
    Bossis Antwort kam sofort. «Pater Calderón natürlich.»
    «Mit anderen Worten», sagte Tron, «was auf Gutiérrez zutrifft, das könnte auch auf Pater Calderón zutreffen.» Er musste unwillkürlich lachen. «Vor fünf Minuten sind Sie noch davon überzeugt gewesen, dass Gutiérrez der Täter ist, Bossi.»
    Bossi legte den Kopf schräg und sagte: «Wenn die Faktenlage oder die Indizienlage einen anderen Schluss zulässt, muss der ermittelnde Beamte ihn auch ziehen, Commissario.»
    Wieder ein Satz, den der Sergente in der Prüfung ver wenden konnte.

32

    Dass alteingesessene Venezianer ihren Weg durch die Stadt auch bei Nebel und völliger Dunkelheit finden, dachte Tron, war natürlich ein bloßes Gerücht – er selber hatte bereits Schwierigkeiten, bei Dunkelheit die beiden Höfe des Palazzo Tron zu durchqueren, ohne dabei die Richtung zu verlieren. Heute jedenfalls war er froh über die Gaslaternen, die den Uferrand der Riva degli Schiavoni wie Leuchtfeuer markierten und eine Reihe von gelblichen  Lichtkreisen in die feuchte Watteluft über der Stadt malten.
    Am Giardino Reale nahm Tron den Traghetto und  überquerte den Canalazzo zusammen mit zwei schweigen den Pionierleutnants. Als er schließlich durch das Labyrinth der kleinen Gassen zum Palazzo der Principessa lief – merkwürdigerweise ohne sich zu verirren, denn man konnte in der nebligen Dunkelheit kaum die Hand vor Augen  erkennen –, dachte er noch einmal über das nach, was Gutiérrez über Pater Calderón gesagt hatte.
    Was, wenn man es recht bedachte, so abwegig nicht  war. Denn darüber, dass Pater Calderón ein Motiv hatte, die Photographien an sich zu bringen, konnte ebenso wenig Zweifel bestehen wie am militanten Einschlag von Pater Calderóns Glaubensüberzeugungen. Alles das machte ihn v erdächtig. Nur: Tatsache war auch, dass die Principessa dem Pater ihr Leben verdankte. Sie hatte es niemals direkt ausgesprochen, doch Tron war sich sicher. Bei dem Nachbarsjungen, der der Principessa, die damals noch Maria

Weitere Kostenlose Bücher