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Venezianische Verlobung

Venezianische Verlobung

Titel: Venezianische Verlobung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Remin
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anderes Gedicht abzuschreiben. Nicht, dass es darauf ankäme.
    Doch Spaur schüttelte energisch den Kopf. «Das geht  leider nicht mehr.»
    «Warum nicht?»
    «Wegen Signorina Bellini. Sie schätzt meine Verse sehr  und war empört über den unverschämten Bescheid von  Oberleutnant Malparzer. Violetta hat mich aufgefordert zu kämpfen.»
    «Zu kämpfen?»
    Spaur nickte. «Sie sagte, jetzt käme es darauf an, meine künstlerische, äh, Inter…»
    «Integrität.»
    «Exakt ihre Worte. Die zu verteidigen. Darauf käme es  an, sagte sie.» Spaur schlug dröhnend mit der flachen Hand auf den Bescheid vor ihm, sodass Tron unwillkürlich zusammenzuckte.
    «Flagge zu zeigen», sagte Tron automatisch. Wieder hatte er das unangenehme Gefühl, langsam, aber sicher verrückt zu werden.
    «Genau.» Spaur hob den rechten Arm und schwenkte  eine imaginäre Flagge.
    «Und was wollen Sie unternehmen, Herr Baron? Wir  könnten notfalls eine Veröffentlichung anderer Gedichte im nächsten Emporio ins Auge fassen.»
    Spaur schüttelte den Kopf. «Ich beabsichtige, mich direkt an den Kaiser zu wenden. Jedenfalls habe ich mich in diesem Sinne Violetta gegenüber geäußert.» Dann sagte er unvermittelt: «Ihr Bericht übrigens war sehr aufschlussreich.
    Gute Arbeit.» Der Polizeipräsident bedachte Tron mit einem anerkennenden Blick. «Die ganze Angelegenheit ist ein Skandal.»
    Tron atmete erleichtert auf. Na, wunderbar. Das lief wesentlich besser, als er erwartet hatte. Spaur schien unter Signorina Bellinis Einfluss seine übliche Scheu, sich mit dem Militär anzulegen, verloren zu haben. Tron nahm sich vor, gelegentlich einen Blick in das Überwachungsprotokoll zu werfen, das er Spaur gestern geschickt hatte. Die Signorina  wurde ihm langsam sympathisch. «Skandal ist genau das  richtige Wort, Herr Baron», sagte er.
    Spaur nickte. «Den man nicht dulden darf. Ich würde  vorschlagen, dass wir ein Exempel statuieren.»
    «Und an welche Maßnahme hatten Sie gedacht?»
    Offenbar war Spaur sich über diesen Punkt bereits im  Klaren. «Wir sollten den Burschen verhaften. Notfalls unter einem Vorwand.» Er beugte sich über den Tisch und funkelte Tron verschwörerisch an. «Ihm etwas unterjubeln, das er nicht mit sich führen darf. Eine Turiner Zeitschrift. Vielleicht eine Waffe. Und ihn erst mal einbuchten.»
    Einbuchten? Eine Waffe unterjubeln? Tron runzelte die Stirn. Er sagte: «Ich glaube, er führt ohnehin immer eine Waffe mit sich, und außerdem ist er Angehöriger der Marine. Wir können ihn nicht so ohne weiteres verhaften.»
    «Er ist was ?» Spaur machte ein irritiertes Gesicht.
    «Angehöriger der Marine», sagte Tron.
    «Unsinn. Der Bursche ist ein Jurastudent aus Padua.»
    Kapitänleutnant von Beust – ein Jurastudent aus Padua?
    Einen Moment lang erwog Tron die exotische Möglichkeit, dass der Kapitänleutnant in seiner Freizeit ein Jurastudium in Padua aufgenommen haben könnte. Schließlich begriff er. Und fragte vorsichtshalber noch einmal nach.
    «Über welchen Bericht sprechen wir, Herr Baron?»
    Spaur sah ihn an wie einen Schwachsinnigen. «Über Ihren Bericht über die Bewachung von Signorina Bellini. In dem stand, dass dieser angebliche Vetter aus Padua sie einmal in der Woche besucht und bei ihr übernachtet.»
    «Ich dachte, wir sprechen über meinen Bericht über Kapitänleutnant von Beust.» Dass er das gedacht hatte, war eigentlich klar, aber Tron hatte das Bedürfnis, es noch ein mal auszusprechen. In den letzten Tagen ging alles so fürchterlich durcheinander.
    In Spaurs Stimme mischten sich jetzt Missbilligung und  Langeweile. «In dem Sie die Theorie vertreten, dass der Kapitänleutnant der Bösewicht gewesen ist.» Der Polizeipräsident gähnte. Aber wenigstens, dachte Tron, hatte er den Bericht gelesen. «Weil Ihnen dieser Pater Calderón mitgeteilt hat», fuhr Spaur fort, «dass Beust im Auftrag des Kaisers Informationen über Maximilian sammelt.» Er gab sich nicht die geringste Mühe, sein Desinteresse an diesem Fall zu verhehlen.
    «Er hat seine Quelle nicht genannt, aber mir erschien er glaubwürdig.»
    Spaurs Hand stieß auf die Schachtel mit dem Demel-Konfekt herab und fischte einen in Silberpapier verpackten Würfel aus der Schachtel. Dann sagte er, ohne Tron anzusehen: «Ein alter Hut, Commissario. Maximilian weiß, dass Beust Berichte über ihn schreibt, und Beust weiß, dass Maximilian es weiß. Das ist in der Kommandantur seit langem bekannt.»
    Aber Tron war nicht bereit, so

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