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Venezianische Versuchung

Venezianische Versuchung

Titel: Venezianische Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MIRANDA JARRETT
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geteilt. Unter diesen Umständen würde sie ihm ihr eigenes Leid nicht verschweigen.
    „Ich war sechzehn“, begann sie zögernd, „und er zweiundzwanzig. Er hieß George.“ Und plötzlich sprudelte es nur so aus ihr heraus. „George Lee, ein Marineleutnant. Wir lernten uns kennen, als er seinen Onkel besuchte, der im selben Dorf lebte wie meine Familie. George sah gut aus, besonders in seiner schmucken Uniform. Als er mich zu einem Spaziergang einlud, sagte ich Ja. In unserem Obstgarten, im Schatten der Apfelbäume erzählte er mir von den fremden Ländern, in denen er gewesen war, und von seinen Abenteuern als Soldat. Ich hatte nie zuvor einen Mann wie ihn getroffen. Als er mich bat, auf ihn zu warten, war ich glücklich.“
    Sie hatte George nie vergessen, ja, bisher hatte sie nicht ein einziges Mal einen Apfel essen können, ohne an ihn zu denken. An sein zärtliches Lächeln und daran, wie die Zweige der Bäume sich unter den reifen Früchten gebogen hatten. Die Luft hatte süß nach Gras, nach Spätsommer und nach Äpfeln geduftet. Das war ihre Welt. Doch es gab eine andere, eine größere Welt jenseits des Gartens und jenseits des Dorfes in Northumberland. Das hatte George sie gelehrt. Seitdem hatte sie von der weiten Welt geträumt und davon, dass George zurückkehren und sie heiraten würde.
    „Haben Sie ihn geliebt?“
    „Ja.“ Es kostete sie einige Mühe, in die Gegenwart zurückzukehren. „Ja, ich habe ihn geliebt, genau wie er mich liebte. Ich hätte alles für ihn getan.“
    „Trotzdem sind Sie jetzt hier.“
    Jane senkte den Kopf. „Sein Urlaub ging zu Ende, er nahm seinen Dienst wieder auf. Sein Schiff wurde bei Gibraltar versenkt. Es gab keine Überlebenden.“
    Der Schmerz, den sie empfand, als sie die schreckliche Nachricht erhielt, hatte im Laufe der Jahre nachgelassen. Aber er war noch immer da. Sie musste ein paar Tränen fortzwinkern.
    Ihr Vater hatte einen Bericht über den Untergang des Schiffs in der Zeitung entdeckt. Als Geistlicher hatte er viel Erfahrung darin, seinen Mitmenschen traurige Nachrichten zu überbringen. Aber dennoch war Jane zutiefst erschüttert gewesen. Fassungslos hatte sie ihren Papa angestarrt. Sie hatte nicht glauben wollen, was er ihr gesagt hatte. Bestimmt hatte er etwas missverstanden. Selbst wenn das Schiff gesunken war, musste es Überlebende geben! Sie hatte ihrem Vater die Zeitung aus der Hand gerissen und war in den Garten gerannt, um den Artikel selbst zu lesen. Er war nicht lang, und die Sätze waren unmissverständlich. Dennoch las sie ihn ein zweites und drittes Mal. Dann war sie auf die Knie gesunken und hatte geweint, bis keine Tränen mehr in ihr gewesen waren.
    „Ich hoffe, Sie haben meinen Töchtern diese traurige Geschichte nicht erzählt“, meinte Richard. „Junge Mädchen neigen sowieso zur Melancholie, nicht wahr, selbst wenn sie nicht darüber nachdenken müssen, dass ihre Gouvernante einen geliebten Menschen an die See verloren hat.“
    Seine Bemerkung verletzte Jane so sehr, dass sie einen Moment lang kein Wort über die Lippen brachte. Dann stammelte sie: „Wie könn… Wie können Sie so sprechen, Euer Gnaden? Wiegt denn mein … mein Verlust weniger schwer als der Ihre?“
    „Anne war meine Gattin, meine Duchess und die Mutter meiner Töchter“, entgegnete er. „Es ist nicht meine Absicht, Ihren Kummer zu missachten. Trotzdem glaube ich, dass ich viel mehr verloren habe als Sie.“
    Stumm schüttelte sie den Kopf. Wie hatte sie nur so dumm sein können, anzunehmen, Aston und sie würde etwas verbinden? Er war noch immer ein von sich selbst nur allzu sehr überzeugte Adeliger. Er war nicht ihr Freund, sondern ihr Herr. O Gott, wenn sie doch nur an ihrer Kündigung festgehalten hätte!
    In ihrer Aufregung erhob sie sich, woraufhin die Gondel gefährlich zu schwanken begann. Halt suchend fasste Jane nach der schwarz lackierten Seite des Boots. „Bitte, lassen Sie mich sofort aussteigen!“, rief sie dem Gondoliere auf Italienisch zu.
    Der Mann, der die seltsame Engländerin vermutlich für noch verrückter hielt als die meisten anderen Ausländer, nickte und lenkte die Gondel ans Ufer.
    Gleichzeitig griff Richard nach Janes Arm. „Machen Sie keinen Unsinn, Miss Wood. Ich werde nicht zulassen, dass Sie ins kalte Wasser fallen.“
    Sie warf ihm einen kurzen Blick zu. Sie war jetzt nicht mehr nur traurig und gekränkt, sondern auch sehr zornig. „Machen Sie sich keine Sorgen um mich, Euer Gnaden. Mich zu verlieren wäre ja nicht

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