Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Venezianische Versuchung

Venezianische Versuchung

Titel: Venezianische Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MIRANDA JARRETT
Vom Netzwerk:
ihren Mut zusammennehmend über seinen Arm. „Es war gut. Es war schön. Es war … ehrbar. Genau wie Sie. Und es war genau das, was ich mir gewünscht habe.“
    „Dann ist es nur umso besser, dass wir rechtzeitig aufgehört haben.“ Seine Stimme gab preis, welch große Mühe es ihn kostete, sich selbst von der Richtigkeit seiner Worte zu überzeugen. „Ich achte Sie, Jane. Und ich weiß, dass es manchmal nötig ist, dem Verlangen nicht nachzugeben, sondern auf die Vernunft zu hören.“
    Rasch wandte sie den Blick ab, damit er die Tränen der Enttäuschung nicht sah, die ihr in den Augen brannten.
    „Liebes!“ Er griff nach ihrem Oberarm und drehte sie zu sich um. „Meine Jane! Hören Sie mir bitte gut zu! Ich will es nicht hier tun. Nicht hier und nicht so, als seien Sie irgendein Mädchen, das zufällig auf meinem Schoß gelandet ist. Verstehen Sie das?“
    Sie hob das Kinn. „Mir liegt nichts daran, als ehrbar zu gelten und geachtet zu werden, wenn das bedeutete, nicht von Ihnen geküsst zu werden.“
    Er lachte leise. „Ich begehre Sie, Jane. Ich begehre Sie sehr. Trotzdem möchte ich, dass wir uns Zeit lassen. Keiner soll befürchten müssen, die Achtung des anderen einzubüßen.“
    Verständnislos schüttelte sie den Kopf.
    „Jane, verflucht, führen Sie mich nicht in Versuchung!“ Er schaute ihr fest in die Augen. „Es ist mir wichtig, dass Sie sich Ihrer Gefühle ganz sicher sind.“
    Sie versuchte zu lächeln. „Uns bleibt nicht allzu viel Zeit …“
    „Sie täuschen sich“, sagte er und küsste sanft ihre Stirn, „wir haben alle Zeit der Welt.“
    Jane war sich da keineswegs sicher. Bis Lady Mary und Lady Diana eintrafen, blieben ihnen vielleicht zwei Wochen. Ein paar Tage nur, die niemals reichen würden für das, was sie sich wünschte.
    Doch dann fiel ihr ein, was Richard und sie selbst in der vergangenen Nacht beschlossen hatten: Sie wollten jede Minute bewusst erleben, eine nach der anderen, und sich keine Sorgen um die Zukunft machen.
    Sie legte Richard den Arm um die Taille. Ich will so tun, dachte sie, als müsste ich ihn nie wieder gehen lassen.

13. KAPITEL
    W as möchten Sie heute besichtigen, Richard?“, erkundigte sich Jane, kaum dass der Gondoliere das Boot vom Anlegesteg der Ca’ Battista abgestoßen hatte. „Sollen wir den Dogenpalast besuchen? Oder vielleicht die Mosaiken im Markusdom ansehen? Sie können unmöglich nach London zurückkehren, ohne die berühmte Basilica di San Marco besichtigt zu haben.“
    „All diese Dinge können wir an einem anderen Tag machen“, sagte er. Er hatte gleich durchschaut, was Jane vorhatte: Sie versteckte sich hinter der Maske der klugen bildungsbewussten Gouvernante, damit sie nicht an das zurückdenken musste, was sich zuvor in ihrem kleinen Schlafzimmer ereignet hatte. „Heute möchte ich lieber etwas … Vergnüglicheres unternehmen. Etwas, das nicht so viel Aufmerksamkeit erfordert wie der Dogenpalast oder diese große Kirche.“
    „Sie meinen San Marco?“ Jane runzelte die Stirn und beschloss, ihm ein wenig über das imposante Bauwerk zu erzählen. „Die katholische Kirche in Italien bezeichnet solche prachtvollen Gotteshäuser als Basilika, so wie es seit jeher die Mitglieder der griechisch-orthodoxen Kirche getan haben. Wir Engländer allerdings haben uns – wie andere Reisende auch – an den Namen Markusdom gewöhnt. Eine wahrhaft beeindruckende Kirche! Aber nun gut, wenn Sie etwas weniger Anspruchsvolles vorziehen, dann könnten wir uns die Gemälde in der Accademia di Belle Arti anschauen.“
    „Sie wissen doch, dass ich kein Auge für Malerei und Bildhauerei habe“, wandte Richard ein, lächelte Jane dabei aber zärtlich an, die dicht neben ihm saß. Gegen die winterliche Kälte hatte sie sich an diesem Tag warm eingepackt. Um Kopf und Schultern hatte sie ein wollenes Tuch geschlungen. Darunter trug sie ihren Mantel, und auch an die dicken Handschuhe hatte sie diesmal gedacht. Dennoch war ihre Nase vom kalten Wind schon leicht gerötet. Ihre Wangen hingegen waren ein wenig bleich, was jedoch möglicherweise auf den Schlafmangel zurückzuführen war. Ihre Augen wirkten allerdings nicht im Geringsten müde. Sie funkelten vor Lebensfreude.
    Der Gedanke, dass seine Küsse dazu beigetragen hatten, diese Freude zu wecken, gefiel Richard. Tatsächlich hatte er, als er Janes Schlafzimmer betrat, ganz und gar nicht vorgehabt, sie einfach auf seinen Schoß zu ziehen. Er wusste einfach nicht, was über ihn gekommen war.

Weitere Kostenlose Bücher