Venezianische Versuchung
hellen Fenstern aufmerksam machten.
„Wir sollten bald in die Ca’ Battista zurückkehren“, sagte Jane, die den Kopf in den Nacken gelegt hatte, um zu dem schmalen Streifen Himmel aufzuschauen, der zwischen den eng stehenden Häusern erkennbar war. „Signora della Battista wird sich sonst womöglich Sorgen um uns machen.“
Richard lachte. „Sie selbst hat mir doch empfohlen, hierher zu kommen. Ich bin sicher, sie weiß genau, wie viel Zeit man mit Einkaufen verbringen kann. Und tatsächlich müssen wir unbedingt noch ein Geschäft aufsuchen.“ Absichtlich hatte er sich das Beste bis zuletzt aufgehoben. Hoffentlich würde Jane das ebenso empfinden.
Vor einem Laden, in dem Pelzwaren angeboten wurden, blieb er stehen. Hier konnte man alles kaufen, womit eine vornehme Dame sich gegen Kälte und schlechtes Wetter schützen konnte. Staunend betrachtete Jane das Schaufenster. Da gab es kostbare Kleinigkeiten, wie zum Beispiel mit Eichhörnchenfell gefütterte Hausschuhe, und unglaublich teuere Luxusartikel. Ein mit Nerz ausgeschlagener Mantel, dessen wollener Oberstoff reich mit Goldfäden bestickt war, zog die Blicke aller auf sich, die an dem Schaufenster vorbeikamen.
Richard führte Jane in den Verkaufsraum, und sie blieb vor einer Reisedecke stehen. Vorsichtig fuhr sie mit dem Finger über das weiche Fell. „Ich hoffe, Ihre Töchter besitzen eine solche Decke, damit sie auf der langen Fahrt nicht frieren.“ Sehnsucht nach Lady Mary und Lady Diana erfüllte sie, und sie seufzte. „Wenn die beiden dann noch Kohleschalen zum Wärmen der Füße und ihre Gatten auf dem Nebensitz haben, dürfte es ihnen an nichts fehlen.“
Richard nickte und winkte dann eine Verkäuferin herbei. Glücklicherweise sprach diese genug Englisch, um ihn zu verstehen. Aufmerksam hörte sie ihm zu. Dann nickte sie und verschwand in einem Hinterzimmer.
„Sie haben heute schon so viel für die Mädchen gekauft, Richard“, meinte Jane, als sie sich zu ihm gesellte. „Wollen Sie wirklich noch mehr Geld ausgeben?“
„Ja“, erwiderte er lächelnd.
In diesem Moment erschien auch die Verkäuferin wieder. Sie hielt eine flache Schachtel in der Hand, stellte sie vor dem Duke auf einem Tisch ab und hob den Deckel.
„Sehr schön“, sagte Richard anerkennend. „Jane, was meinen Sie dazu?“
Die Verkäuferin holte einen Pelzmuff aus der Schachtel und hob ihn hoch.
„Ein außergewöhnliches Stück“, sagte Jane voller Bewunderung.
Richard nickte zufrieden. Er freute sich, dass er Jane eine so nette Überraschung bereiten konnte. „Stecken Sie einmal die Hände hinein“, forderte er sie auf.
Einen Moment lang zögerte sie. Doch als die Verkäuferin ihr den Muff reichte, nahm sie ihn entgegen und schob die Hände hinein. Es gefiel ihr, dass er zierlicher war als die Muffs, die gerade in England in Mode waren. Er war groß genug, um die Hände und die Unterarme einer Dame zu wärmen, ohne angeberisch zu wirken. Das dunkle seidige Fell fühlte sich wunderbar weich an. Ja, es war eindeutig der geschmackvollste, praktischste Muff, den sie je gesehen hatte.
Sie hob ihn an die Wange und genoss das Gefühl des weichen Pelzes auf ihrer Haut. Dabei lächelte sie Richard zu.
„Von welchem Tier stammt dieses Fell?“, erkundigte der sich gerade.
„Castoro della Nuova Francia, Euer Gnaden. Sehr elegant. Sehr kostbar.“
„Sie meint, es sei ein Biberfell aus Neufrankreich“, erklärte Jane hilfsbereit.
„Auf Italienisch hört es sich aber bedeutend interessanter an“, sagte Richard lachend. „Castoro della Nuova Francia! Das gefällt mir. Es erinnert mich an diese Calamari. Man denkt, man bekäme etwas ganz Besonderes. Und dann ist es nur gewöhnlicher abscheulicher Tintenfisch.“
Jane begriff, dass er sie ein wenig necken wollte, und erwiderte gut gelaunt: „Gegessen haben Sie die Calamari aber doch. Und das Gericht hat Ihnen sogar geschmeckt.“
Er lachte wieder. „Sie haben mir noch immer nicht gesagt, ob der Muff Ihrem Geschmack entspricht.“
„O ja, das tut er.“ Sie zog die Hände heraus und wollte den Muff der Verkäuferin zurückgeben, die sich jedoch nicht rührte, sondern abwartend zwischen Jane und dem Duke hin und her schaute. „Mit ihm können Sie jedem der Mädchen eine große Freude machen. Welche der beiden soll ihn denn bekommen?“
„Keine.“ Seine Stimme klang liebevoll, als er erklärte: „Der Muff ist für Sie, Jane, damit Sie in Zukunft stets warme Hände haben.“
Vor Freude stockte ihr der
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