Venezianische Versuchung
Atem, und mit leuchtenden Augen musterte sie das Geschenk. Dann stammelte sie: „O Richard, das … das ist viel zu viel!“
„Nein, meine Liebe.“ Er schloss sie in die Arme, obwohl die Verkäuferin noch immer vor ihnen stand. „Nichts könnte für meine Jane zu viel sein.“
Sie war von ihren Gefühlen so überwältigt, dass sie den Kopf an Richards Schulter barg, während sie den Muff ganz fest an sich drückte.
Obwohl sie kein Wort des Dankes über die Lippen brachte, wusste Richard, dass er noch nie in seinem Leben jemanden mit einem Geschenk so glücklich gemacht hatte. Und das wiederum erfüllte auch ihn mit ungeahntem Glück.
„Wir nehmen den Muff“, sagte er über Janes Schulter hinweg zu der Verkäuferin.
Es war sehr spät, als Jane und Richard schließlich in die Ca’ Battista zurückkehrten. Sie hatten beschlossen, in einem Restaurant zu Abend zu essen. Die Atmosphäre dort hatten beide ebenso genossen wie die schmackhaften Speisen. Auf dem Heimweg legte Richard ihr den Arm um die Schultern, während Jane die Hände glücklich in ihrem neuen Muff wärmte.
Nie zuvor hatte sie etwas besessen, das ihr so viel bedeutete. Und das lag nicht daran, dass der Muff wertvoller als all ihre anderen Besitztümer war. Jane mochte schöne Dinge, aber sie liebte sie nicht wegen ihres materiellen Wertes. Der Muff war das erste Geschenk, das sie von Richard erhalten hatte. Das allein war Grund genug, ihn höher zu schätzen als alles andere. Hinzu kam, dass Richard sich beim Aussuchen viel Mühe gegeben und genau das Richtige gefunden hatte. Der Muff war ein Beweis dafür, wie intensiv er sich mit ihr und ihren Bedürfnissen beschäftigte, ja, dass sie etwas Besonderes für ihn war. Das zu wissen, tat unendlich gut.
Dieses Bewusstsein würde ihr bleiben, ganz gleich, was die Zukunft bringen mochte. Jedes Mal, wenn sie in den nächsten Jahren ihre Hände in den kleinen Pelzmuff stecken würde, würde sie sich daran erinnern, wie Richard und sie darüber gescherzt hatten, wie viel Wärme sie einander geben wollten. Nie würde sie vergessen, wie sehr sie die Zeit in Venedig mit ihm genossen hatte, die Tage und Stunden, in denen er ihr so überzeugend gezeigt hatte, dass sie für ihn die wichtigste Frau auf Erden war.
Ein verschlafener Lakai ließ sie in die Ca’ Battista ein.
Richard sagte: „Verflucht, hier ist es genauso kalt wie draußen. Die gute Signora sollte für die Eingangshalle einen Kachelofen anschaffen. Dann könnte der Raum durchaus etwas Einladendes haben.“
Jane lächelte. Nicht, weil sie die Vorstellung eines Kachelofens gleich neben der Treppe so erheiterte, sondern weil es sie glücklich machte, mit Richard zusammen zu sein. Unwillkürlich lehnte sie sich noch ein wenig enger an ihn. Wie gut es tat, seine Nähe zu spüren!
In diesem Moment eilte ein weiterer Lakai die Treppe hinunter, um sich um die englischen Gäste zu kümmern. Offenbar war er durch deren Ankunft aus dem Schlaf gerissen worden. Seine Livree war nicht richtig zugeknöpft, und seine Perücke saß schief. Richard wurde klar, dass er mit seinem langen Ausbleiben schon wieder die in diesem Haushalt herrschende Routine gestört hatte.
„Guten Abend, Euer Gnaden, Miss Wood.“ Das Englisch des Venezianers klang steif. „Wünschen Sie jetzt zu Abend zu speisen?“
„Danke, nein. Wir haben auswärts gegessen.“ Aston warf einen Blick auf Jane. „Würden Sie ihm bitte erklären, dass wir nichts mehr brauchen und dass er sich wieder zurückziehen kann?“
„Natürlich!“ Jane begann in flüssigem Italienisch zu reden. Richard glaubte zu verstehen, dass sie nicht nur seiner Bitte nachkam, sondern sich auch entschuldigte, weil einige Bedienstete ihretwegen so lange hatten wach bleiben müssen.
Der Lakai unterdrückte ein Gähnen und nickte dankbar. „Wir haben die Feuer in Ihrem Schlafzimmer bereits für die Nacht gelöscht, Miss Wood. Möchten Sie, dass ich die Kamine in den Räumlichkeiten Seiner Gnaden noch einmal richtig anheize?“
Errötend schüttelte sie den Kopf. Vergeblich versuchte sie, sich zu beruhigen, indem sie sich sagte, der Mann denke nur praktisch und käme als Venezianer und Bediensteter zweifellos gar nicht auf die Idee, sie zu verurteilen. Trotzdem war ihr klar, dass seine Worte nur einen Hintergrund haben konnten: Er nahm an, sie würde die Nacht im Bett des Dukes verbringen. Und das kam, so sehr sie Richard auch mochte, natürlich nicht infrage.
Sicher, sie musste zugeben, dass sie bereits
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