Veni, Vidi, Gucci
weiß zwar nicht, was, aber da ist dieser besondere Ausdruck. »Völlig krank.«
Ja, krank. Ich habe diese Unterhaltung bis auf die Spitze getrieben, und jetzt, wo es abwärts geht und sie an Fahrt gewinnt, stelle ich fest, dass die Bremsen fehlen. Ich kann nichts weiter tun, als sie weiterrollen zu lassen, bis sie am Boden zerschellt.
»Gib mir dein Handy ... bitte.«
Daraufhin zieht Richard sein Handy wieder hervor, drückt flink mit dem Daumen ein paar Tasten und hält mir das Display vors Gesicht.
»Siehst du? Kannst du lesen, Fran? Bist du jetzt glücklich?«
Regentropfen klatschen auf das Display, und ich muss blinzeln, um den Eintrag lesen zu können. Aber da steht nicht KAREN. Da steht GUCCI.
»Gucci, Fran. Mein persönlicher Kunde, dem ich rund um die Uhr zur Verfügung stehe. Die rufen an, ich springe. Ob es hier draußen regnet oder schneit, ich muss den Anruf entgegennehmen, weil das mein Job ist. Das ist das, womit ich mein Geld verdiene . Hast du es jetzt verstanden?«
Mit offenem Mund stehe ich da und muss an das wunderbare Top denken, das zerknittert auf dem Schlafzimmerboden liegt. Gucci ist also das Projekt, für das Richard so hart geschuftet hat – das er gerade vorbereitete, als ich ihn in seinem Büro überfiel mit der verrückten Fantasie im Kopf, dass er mich betrügt.
Nach einer scheinbar viel zu langen Pause finde ich wieder Kraft zum Reden. »Das war mir nicht klar«, sage ich mit kläglicher Stimme.
»Genau das ist dein Problem, Fran. Du ziehst gerne voreilige Schlüsse, aber in Wahrheit hast du keine Ahnung. Kennst du mich überhaupt noch?«
Ich bin so ein Vollidiot. Da habe ich mir mal richtig das Maul verbrannt, völlig grundlos. Gut, es existiert ein Stück Papier, das alles ins Rollen gebracht hat, aber offenbar gibt es dafür eine völlig harmlose Erklärung. Oh Gott, da kommt mir eine Idee. Wahrscheinlich ist das nicht einmal Richards Rechnung. Er ist schließlich MD . Und als MD unterschreibt er die Spesenquittungen. Wahrscheinlich hat einer seiner Mitarbeiter ihm die Quittung gegeben. Oh Gott! Warum habe ich nicht zuerst nachgedacht, bevor ich kopfüber ins Wasser gesprungen bin. Sagte ich kopfüber? Ich habe wohl eher den spektakulärsten Bauchklatscher aller Zeiten hingelegt.
»Tut mir leid«, murmle ich.
»Mensch, Fran«, schimpft Richard weiter. »Wenn du nur endlich mal wieder etwas für dich tun würdest, wenn du vielleicht am Montag zu diesem Aufnahmetermin gegangen wärst ...«
Oh, ich dachte, das wären olle Kamellen.
»... Warum rede ich mir überhaupt den Mund fusslig? Das ist doch verrückt. Dort drinnen sind fünfundneunzig Leute. All unsere Freunde und Bekannten. Ich finde, wenigstens einer von uns sollte sich um sie kümmern.«
Richard schiebt mich wütend zur Seite, und ich beobachte, wie er die Verandatür öffnet und wieder hineingeht. Ich sollte ihm folgen. Mich erwachsen verhalten. Diesen albernen Streit vergessen und mich um meine Gäste kümmern. Aber ich kann mich nicht bewegen. Ich blicke an mir herunter, auf mein Top, auf das der Regen klatscht, sodass der Stoff durchsichtig wird.
Gleich darauf fliegt die Verandatür wieder auf, und ich hebe den Kopf in der Hoffnung, dass Richard es sich anders überlegt hat, um mich sowohl vor einer Demütigung als auch vor einer Lungenentzündung zu retten.
Aber es ist Summer.
»Hey, alle mal hersehen, hier findet der Miss-Wet-T-Shirt-Contest mit nur einer Teilnehmerin statt. Sexy BH, Süße.«
»Danke. Ich brauchte mal frische Luft«, sage ich aus dem Bedürfnis heraus, mich zu erklären.
»Gute Idee«, entgegnet Summer. »Drinnen ist die Luft ziemlich verqualmt.« Sie zieht eine Zigarette aus einer Schachtel und zündet sie hinter vorgehaltener Hand an. Sie nimmt einen tiefen Zug, wobei sie so verloren wirkt, wie ich mich fühle. Was beschäftigt sie?
»Gute Idee, Harvey und Isabel einzuladen«, sagt sie nach einer Weile. »Dein feiner Ehemann hat mir gesagt, dass die beiden ganz große Fans von dir sind.«
Ich nicke und lächle. Beziehungsweise ich versuche zu lächeln, wenn man bedenkt, dass ich völlig durchnässt bin und mich noch immer gedemütigt fühle.
»Fran, halt dich fest, ich muss dir nämlich etwas sagen.« Summer drückt ihre kaum gerauchte Zigarette auf den Steinfliesen aus und sieht mich nicht an. »Ich kann es selbst nicht glauben«, redet sie weiter. »Ich hätte nie gedacht, dass das einmal passiert. Ich war immer so vorsichtig. Und jetzt läuft mir auch noch Phoebe wie ein
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