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Veni, Vidi, Gucci

Titel: Veni, Vidi, Gucci Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Beaumont
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neugierig sein, aber gibt es etwas, das du mir verschweigst?« Natashas Augen scheinen vor lauter Mitgefühl feucht zu werden.
    »Ich, tja, ich glaube, ich hatte in letzter Zeit ... eine Menge Stress«, fasle ich. Ich will mich ja öffnen, aber es fällt mir schwer, über meinen Schatten zu springen. Natashas Augen sind fest auf mich gerichtet. Ich nehme noch einen Schluck, um meine Nerven zu beruhigen. Sorry, Richard, aber das hast du dir selbst zuzuschreiben. Von wegen treuer Ehemann. Ich sage Natasha jetzt, was für ein mieser, hinterhältiger Betrüger du in Wirklichkeit bist.
    Ich bemerke, dass das Glas in meiner Hand zittert. Die Nerven? Die Verzweiflung? Keine Ahnung.
    Natasha wagt einen Vorstoß. »Fran, kann es sein, dass du zu viel trinkst? Ist das dein Problem?«
    »In letzter Zeit trinke ich tatsächlich mehr als sonst«, antworte ich wahrheitsgemäß.
    »Mir ist neulich aufgefallen, dass der Pimm’s ziemlich schnell durch deine Kehle floss.« Natasha lächelt. »Aber das ist schon okay. Wir brauchen alle mal einen kleinen Stimmungsheber, wir, die Desperate Housewives . Ich schlucke meine Pillen, du trinkst deinen Wein. Keine große Sache.«
    »Mein Vater war Alkoholiker«, sage ich ... Keine Ahnung, warum mir das herausgerutscht ist. Bevor ich es verhindern konnte, war es bereits geschehen. Ich weiß, ich wollte mich öffnen, aber das bezog sich nur auf meine Ehe. Nicht auf meine traurige Familiengeschichte.
    »Hast du Angst, dass es dir genauso ergehen könnte?«, fragt Natasha behutsam.
    »Nein, nein, Gott bewahre«, stammle ich.
    Natasha legt den Kopf schief und sieht mich besorgt an.
    »Nun, ich schätze, ich trinke fast jeden Tag ...«, gestehe ich zögernd. »Aber wie du schon sagtest, wer braucht abends nicht einen kleinen Muntermacher?«
    »Aber wo ziehst du die Grenze?«, fragt Natasha weiter.
    Welche Grenze?, denke ich. Was meint sie damit?
    »Hast du schon einmal daran gedacht, dich an jemanden zu wenden?«, lässt sie nicht locker.
    »Wie, du meinst die Anonymen Alkoholiker?«, brause ich entrüstet auf. »Ganz ehrlich, so schlimm –«
    »Nein, nein, das meinte ich nicht«, unterbricht Natasha mich verlegen. »Aber du könntest dich zum Beispiel an einen Arzt wenden ... falls du dir deswegen Sorgen machst ... Weil, nun ja ... Alkoholismus ist vererbbar ... oder?«
    Mist, warum habe ich ihr bloß von Dad erzählt? Ich möchte am liebsten nicht an ihn denken, geschweige denn über ihn reden. War mein Unterbewusstsein dafür verantwortlich, dass mir ausgerechnet mein Vater als Erstes in den Sinn kam, um nicht über meinen untreuen Ehemann reden zu müssen? Aber Richard ist das eigentliche Thema, und nicht mein Trinkverhalten und auch ganz bestimmt nicht das meines längst verblichenen, längst vergessenen Vaters. Wie zum Teufel kann ich dieses Thema abwürgen?
    »Weißt du, ganz ehrlich, so schlimm ist es nun auch wieder nicht«, versichere ich Natasha im Bemühen, die Dinge wieder klarzustellen. »Ich muss halt ein Auge darauf haben, dass es nicht zu viel wird. Das schadet sonst der Figur.«
    Natasha schiebt ihre Hand über den Küchentisch und legt sie auf meine.
    »Du musst dich deswegen nicht schämen, Fran. Ich kenne hier niemanden, der nicht irgendeiner heimlichen Sucht frönt.«
    »Etwa auch Cassie?« Ich zwinge mich zu einem Lächeln, während ich insgeheim bete, dass Natasha nicht zu viel in das bisschen hineininterpretiert, das ich ihr anvertraut habe.
    »Ja, sogar die ...«
    Froh darüber, von mir abgelenkt zu haben, warte ich darauf, dass Natasha mir offenbart, welches Laster Königin Cassie hat, allerdings vergeblich.
    »Kennst du Maureen?«, fragt sie mich. »Die Mutter von Lucy?«
    Ich schüttle den Kopf.
    »Nun, Maureen leidet an Bulimie, und das schon seit vielen Jahren. Ihr Mann ist so gut wie nie zu Hause, und sobald sie abends die Kinder ins Bett gebracht hat, plündert sie den Kühlschrank – sie schafft eine ganze Torte alleine. Und danach geht sie ins Bad und erbricht alles in die Toilette.«
    »Das ist furchtbar. Die Arme.« Ich bekomme ein schlechtes Gewissen. Ich war völlig auf mich selbst fixiert – als wäre ich die Einzige hier, die Probleme hat. »Hat sie dir das selbst erzählt?«
    »Nein, sie hat es Mia anvertraut. Die beiden sind gute Freundinnen. Mia hat es mir nur weitererzählt, weil sie weiß, dass ich absolut diskret bin und schweigen kann wie ein Grab. Ich kenne dich zwar noch nicht so gut, Fran, aber irgendwie vertraue ich dir«, sagt Natasha und

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