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Veni, Vidi, Gucci

Titel: Veni, Vidi, Gucci Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Beaumont
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auch? Warum, was hat er gesagt?«
    »Nicht Thomas, Mrs Clark ... sondern Sie. Offenbar haben Sie auch schon gestern bei dem Treffen der Elterninitiative ein Wort benutzt, das ... ein bisschen unglücklich gewählt war.«
    »Wovon reden Sie?«, frage ich, obwohl ich sofort weiß, was sie meint. »Mrs Gottfried, eine Person als Latino zu bezeichnen, ist nicht –«
    »Bitte, Mrs Clark, es heißt afro-karibisch.«
    Himmel, das ist der größte Schwachsinn, den ich je gehört habe. Warum tue ich mir das überhaupt an? Schließlich ist das hier mein neues Ich. Mein neues Ich, das demnächst vor mächtigen Filmbossen vorsprechen wird (obwohl man besser über den Umstand hinwegsieht, dass es sich um die Rolle eines brutalen Fanatikers handelt). Und mein neues Ich lässt es sich nicht gefallen, dass meine süße, unschuldige Tochter als Rassistin bezeichnet wird.
    »Wie viele afro-karibische Menschen kennen Sie persönlich?«, frage ich.
    »Ich glaube nicht, dass das hier rele–«
    »Sorry, Mrs Gottfried, und ob das relevant ist«, falle ich ihr ins Wort, da ich nun nicht mehr zu bremsen bin. »Die Familie meiner besten Schulfreundin stammte aus Jamaika, und ich bin praktisch von ihrer Mutter erzogen worden. Wir machten ständig Witze über die Unterschiede zwischen Jamaikanern und Engländern – das Essen, die Sprache –, und wir waren nicht rassistisch. Ich weiß , was Rassismus ist. Die National Front war bei uns in der Nachbarschaft sehr aktiv, daher weiß ich, wovon ich rede. Und ich wehre mich dagegen, dass meine Kinder oder ich als Rassisten bezeichnet werden.«
    Es ist eine große Rede, aber ich habe tatsächlich ein wenig Ahnung von der Sache. Ich habe im multikulturellen England gelebt, bevor dieser Begriff überhaupt erfunden wurde. Allein auf unserer Straße wurden fünfzehn verschiedene Sprachen gesprochen. Ich bin sicher, wenn ich in einer feinen Gegend wie dieser hier aufgewachsen wäre, hätte ich nie Karriere als Stimmenimitatorin gemacht. Gut, ich habe natürlich auch ein gewisses Talent dazu, aber die Tatsache, dass ich ständig von fünfzehn verschiedenen Sprachen und tausend verschiedenen Akzenten und Dialekten umgeben war, hat sicher entscheidend dazu beigetragen. Meine beiden Freundinnen damals, Chanda und Amita, konnten nicht genug von meinen Darbietungen bekommen. »Komm schon, mach Rasheed nach, wenn er wütend ist«, forderten sie mich auf, oder »Hey, mach mal Mr Patel nach, wenn wir ihm seine Bonbons klauen ... Bitte!«
    Meine andere Freundin Sharon lebte mit ihrer Mutter und ihrem älteren Bruder David zusammen. Sharon und ich stürmten manchmal Davids Zimmer und nervten ihn so lange, bis er brüllte, wir sollen uns verpissen, worauf seine Mutter ebenfalls anfing zu brüllen: »David, verflucht, leg gefälligst ein bisschen mehr Reschpäkt an den Tag und lass die Mädchen in Frieden, sonst komme ich und versohle dir deinen schwarzen Hintern, verstanden?«
    Gott, hier würde man mit so einer Sprache am Galgen enden.
    Sharon liebte es, wenn ich ihre Mutter (siehe oben) oder ihren Bruder (»Fuck off, du dämliches Kleinkind«) nachahmte. Dann entdeckte Sharons Mutter eines Tages mein Talent und bat mich, ihre Schwester zu imitieren, die bei jedem Besuch riesige Töpfe voller Essen mitbrachte. Und während sich Sharons Mutter kaputtlachte, wurde es Amita, Chanda und Sharon langweilig, und sie verzogen sich auf die Straße zum Spielen, ohne mich.
    Aber das war eine andere Zeit. Und ein anderer Ort.
    In diesem Raum sind multikulturelle Witze nicht erlaubt. Ich kann nur bekräftigen, was ich ganz sicher weiß. »Wir sind keine Rassisten, Mrs Gottfried. So einfach ist das.«
    Mrs Gottfried stößt einen tiefen Seufzer aus. »Das behaupte ich auch nicht, Mrs Clark.«
    »Was behaupten Sie dann?«
    »Dass Mollys Verhalten auf dem Schulhof nicht angemessen ist und Sie daher mit ihr reden müssen.«
    Sie hat mir überhaupt nicht zugehört. »Molly ist nicht rassistisch«, wiederhole ich und stehe auf, der Diskussion überdrüssig. Ich kann Mrs Gottfrieds Antwort nicht hören, weil ich die Tür – sehr laut – hinter mir zuknalle.

4
 
    N atasha ist ganz begeistert von meiner Küche. »Toll, wirklich«, schwärmt sie, da sie offenbar vergessen hat, dass meine Küche verglichen mit ihrer wie eine Mini-Kochnische aussieht. »Du hast den Raum optimal genutzt. Hast du die Küche selbst eingebaut?«
    »Ja, zusammen mit meinem Mann. Wir haben sie vor fünf Jahren renoviert«, antworte ich stolz.
    Wir waren

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