Veni, Vidi, Gucci
der Leiter der hiesigen Fußballakademie. Er macht am Samstag ein Training mit der Jugendmannschaft, und er sagt, wenn Sie Thomas hinbringen, wird er ihn sich näher ansehen. Sind Sie damit einverstanden?«
Ob ich damit einverstanden bin? Hat der einen Knall? Nein, natürlich hat er keinen Knall. Ron ist ein Engel. Okay, ich übertreibe ein wenig, aber am liebsten würde ich Rons Heiligenschein küssen, denn ich bin mir sicher, er hat einen.
»Ja, ja , natürlich«, stammle ich begeistert. »Samstag. Wir sehen uns dann am Samstag.«
Ron lacht erneut. Ich liebe diesen Mann. »Gut, kommen Sie um zehn Uhr. Dann kann Thomas Terry zeigen, was er draufhat, und danach unterhalten wir uns weiter. Wie klingt das?«
»Das klingt großartig, einfach super –« L-a-n-g-s-a-m, Fran. »In Ordnung«, sage ich schließlich – mit fast normaler Stimme.
»Langsam verstehe ich, woher Thomas seine Energie hat, Mrs Clark.«
»Nennen Sie mich bitte Fran.« Ich liebe diesen Mann wahrhaftig!
Ron lacht erneut, und ich höre einen leichten Akzent heraus – ja, aus seinem Lachen. Vielleicht die Midlands ... oder Black Country ... Oh, wen kümmert das schon?
»Gut. Ich schicke Ihnen noch eine Wegbeschreibung per Post, aber es ist ganz leicht zu finden – der Sportplatz ist in Beckenham ...«
Beckenham? Wo zum Teufel ist das?
»... Falls es Probleme gibt, rufen Sie mich an. Ich gebe Ihnen meine Handynummer ...«
Ich schnappe mir einen Stift, und als ich Rons Nummer notiere, bemerke ich, dass meine Hand zittert. Aber es ist ein gutes Zittern. Ich platze fast vor Glück. Mein Herz schlägt schnell, und ich spüre, wie das Blut durch meinen Körper gepumpt wird, von einem Organ zum nächsten und zum übernächsten und zum überübernächsten. Reines Adrenalin. Die beste Droge, die der Menschheit bekannt ist. Ich brauche und will jetzt keinen Wein mehr. Während ich das Glas zurück in den Schrank stelle und den Wein wieder in den Kühlschrank, verspüre ich ein Triumphgefühl. Was sagst du dazu, Natasha? Erzähl das doch mal deinen Busenfreundinnen von der Schule.
Nach dem Telefonat mit Ron gehe ich leise nach oben und öffne Thomas’ Zimmertür. Ich spähe in die Dunkelheit hinein. Ich kann nichts erkennen, aber ich höre sein regelmäßiges Atmen von seinem Nachtlager unter der Zimmerdecke. Ich kann ihn jetzt nicht aufwecken.
Die beste Neuigkeit der Welt, und ich kann sie ihm nicht mitteilen.
Egal. Dann warte ich eben bis morgen früh. Das Frühstück wird der Knaller.
Mit einem Lächeln im Gesicht lasse ich mich auf die Couch sinken.
Ich schalte den DVD-Player an. Goodfellas . Der drittbeste Film aller Zeiten, wie Richard sagt, an der Spitze nur verdrängt von den ersten beiden Teilen von Der Pate . Ich werde so tun, als würden wir ihn uns gemeinsam anschauen. Ich werde so tun, als wäre das ebenfalls mein drittliebster Film. Vielleicht ist er das ja hinterher.
Alles in allem war der Tag nicht so übel, angesichts der Umstände.
Gut, es gab ein, zwei Tiefschläge, aber ...
Meine Devise lautet ja nun: Das Glas ist halb voll.
Und dabei steht nicht einmal eins vor mir.
4
I ch öffne die Augen und sehe, dass die Mattscheibe schwarz ist. Die Goodfellas haben längst Feierabend. Ich muss eingenickt sein. Ein Blick auf die Anzeige des Videorekorders verrät mir, dass es weit nach Mitternacht ist.
Warum klingelt dann das Telefon?
Und wer hat schon jemals gehört, dass ein Anruf um diese Uhrzeit gute Nachrichten bedeutet?
Ich haste in die Diele und nehme den Hörer ab. »Hallo?«, sage ich, unfähig, meine Nervosität zu verbergen.
Ich kann lediglich gedämpftes Schluchzen in der Leitung hören – irgendein Kind, das im Hintergrund weint.
»Sureya? Bist du das?«
Das Kinderweinen wird jetzt lauter.
»Fran, irgendwas stimmt nicht«, flüstert Sureya.
Mein Herz setzt einen Schlag lang aus. »Was stimmt nicht? Was ist los?«
In diesem Augenblick erscheint Molly völlig verschlafen auf dem oberen Treppenabsatz. »Mit wem redest du, Mummy? Ist das Daddy?«
Für einen kurzen Moment wird mir bewusst, wie seltsam es doch ist, dass Molly die ständige Abwesenheit ihres Vaters nicht hinterfragt. Sie wundert sich auch nicht, warum er jetzt am anderen Ende einer Telefonleitung lebt, sondern scheint das einfach zu akzeptieren.
Aber jetzt habe ich keine Zeit, mich um Molly zu kümmern. »Sureya, sag mir, was passiert ist.«
»Ich wusste nicht, wen ich sonst anrufen soll«, erwidert sie, nach wie vor flüsternd, um ihr
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