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Veni, Vidi, Gucci

Titel: Veni, Vidi, Gucci Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Beaumont
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es auch ist.«
    Vielleicht sollte ich den Mund nicht so voll nehmen – man kann ja nie wissen –, aber wie soll ich sonst reagieren? Lieber falsche Hoffnungen machen als gar keine, oder?
    Es klopft leise an der Haustür. Durch die Milchglasscheibe erkenne ich die Silhouette von Helen, und ich lasse sie herein. Ihr Gesicht wirkt so besorgt, wie ich bin. Aber wir halten uns nicht mit Reden auf. Während Helen zu Molly und Thomas ins Wohnzimmer geht, lege ich Sureya eine Jacke um die Schultern und führe sie zu meinem Wagen.
 
    Auf der Fahrt zum Krankenhaus fällt kaum ein Wort zwischen uns. Die Strecke ist gespickt mit Bremsschwellen. Jede Bodenwelle, über die der Wagen rumpelt, lässt Sureya vor Schmerz zusammenzucken. Diese bescheuerten Hubbel. Wer hatte bloß die großartige Idee, die Vorstädte von London in einen Hindernisparcours mit hohem Verletzungsrisiko zu verwandeln? Sobald das hier überstanden ist, werde ich den Verantwortlichen finden und ihn umbringen.
 
    Wo kommt das Tageslicht plötzlich her? Ich stehe im Flur vor Sureyas Krankenzimmer und frage mich, wo die Nacht geblieben ist. Ich habe Sureya vor ein paar Minuten alleine gelassen, um ein paar Anrufe zu erledigen. Zuerst Helen. Dort war alles klar. Helen passt auf Sureyas Zwillinge auf, solange es nötig ist. Und sie hat auch schon Michael benachrichtigt. Durch die Zeitverschiebung in New York war er noch nicht im Bett, sondern saß gerade bei einem Geschäftsessen. Natürlich wollte er seinen Aufenthalt sofort abbrechen und mit dem nächsten Flieger nach Hause kommen. Leichter gesagt als getan. Michael rief Helen etwas später zurück, um ihr zu sagen, dass er erst für heute Abend einen Flug bekommen habe – er wird also nicht vor morgen früh bei Sureya sein.
    Nach dem Telefonat mit Helen hatte ich einmal mehr großen Respekt vor ihr. Helen gehört zu den wenigen Menschen, die scheinbar nichts aus der Fassung bringt. Sie hat nicht einmal mit der Wimper gezuckt, nachdem ich sie mitten in der Nacht aus dem Bett herausgeklingelt hatte. Man brauchte ihr nicht zu sagen, wo was ist, man brauchte ihr nichts zu erklären, und man brauchte ihr nicht einmal aufzutragen, dass sie Michael verständigen soll. Helen tat das alles in Eigeninitiative. Aber sie ist ein Profi. Sie verdient ihren Lebensunterhalt damit, sich im Leben anderer Leute zurechtzufinden und auf deren Kinder aufzupassen.
    Und ich glaube nicht, dass Helen für diesen Einsatz Geld verlangen wird. Manchmal muss erst eine Katastrophe passieren, damit man seine Freunde erkennt. Seine wahren Freunde. Nicht solche, für die man nichts weiter ist als ein Name auf einer Gästeliste, der in der Sitzordnung untergebracht werden muss, sondern solche, die auch dann kommen, wenn man sie braucht.
    Dann rief ich Richard an. Ich weiß nicht, was ich erwartet hatte ... Hör zu, Fran, ich kann nicht länger bleiben. Bei mir stehen heute zehn Projekte, ein Dutzend Vorstandssitzungen und fünfzehn Geschäftsessen auf dem Programm .. . Aber Richard reagierte ebenfalls großartig. Er hatte Thomas und Molly bereits zur Schule gebracht. Und ihnen sogar ein Pausenbrot mitgegeben. Das war ein Novum . Ich kann nämlich mit Bestimmtheit sagen, dass Richard in zehn Jahren nicht ein einziges Pausenbrot geschmiert hat. Ich überlegte, was er wohl in die Lunchboxen der Kinder hineingepackt hatte – beinahe hätte ich ihn gefragt. Aber dann dachte ich mir, Scheiß drauf. Selbst wenn Richard die Lunchboxen mit Schokolade vollgestopft hätte, konnte das meine Freude nicht trüben. Soll Annabel sich doch mal mit ihm anlegen.
    Das würde sie sich ohnehin nicht trauen. Annabel schikaniert nämlich ausschließlich schwache, unsichere Mütter wie mich, und nicht zielstrebige, erfolgreiche Männer wie Richard.
    Auch wenn unser Gespräch etwas steif verlief, war es dennoch ein gutes Gefühl, mit Richard über Dinge zu reden, die nicht unsere Ehe betrafen.
    Nachdem die praktischen Details besprochen waren, erkundigte sich Richard nach Sureya. Meine Antwort verschlug ihm die Sprache. Aber es gab auch nichts, was er sagen konnte. Was sollte man dazu schon sagen?
    »Fährst du jetzt ins Büro?«, fragte ich.
    »Sei nicht albern. Ich habe mir bis auf weiteres freigenommen.«
    »Aber ... was ist mit deinem Großprojekt?«
    »Du meinst die Sache mit Shell? Mach dir deswegen keine Sorgen. Shell ist ein großer, internationaler Ölkonzern. Ich bin sicher, die kommen auch mal ein bis zwei Tage ohne mich aus.«
    »Was? Du willst dein

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