Veni, Vidi, Gucci
der Fall war. Vielleicht ist ja an diesem Blödsinn, dass Reden hilft, doch was dran.
Am liebsten würde ich Sureya um den Hals fallen. Diese schöne, selbstlose Frau, die mehr als genug eigene Probleme hat, war bereit, den ganzen Vormittag und einen halben Nachmittag zu opfern, um sich meinen Mist anzuhören.
Warum muss ich immer die fürchterlichste Person im Raum sein?
Warum kann ich das Grübeln nicht einmal kurz sein lassen und einen Blick um mich werfen und sehen, dass ich wunderbare Freundinnen habe? Und warum reicht das nicht, um mich glücklich zu stimmen?
Aber ich bin doch glücklich!
Nun ja, jedenfalls kann ich mich glücklich schätzen. Mein Leben könnte viel schlimmer sein. Ich habe ein wunderbares Haus, zwei hinreißende Kinder und zwei beste Freundinnen, um die mich jede Frau beneiden würde. Was kann ich mehr verlangen, ohne unverschämt zu werden ...? Nun, einen treuen, liebenden Ehemann vielleicht ...?
Aber, nein, ich werde mich glücklich schätzen, selbst wenn es mich umbringt. Sureyas Optimismus wirkt auf mich ansteckend, und ich beschließe, in Zukunft das Leben nach dem Motto zu betrachten, dass das Glas halb voll ist.
Und als ich den Blick darauf richte, ist es auch so. Ich habe kaum einen Tropfen angerührt.
»Denkst du, dein Glas wäre noch so voll, wenn du eine Alkoholikerin wärst?«, fragt Sureya, die meine Gedanken ahnt.
»Danke für die gründliche Diagnose, Frau Doktor«, scherze ich halb-voll-mäßig, »aber ich glaube, die Sprechstunde ist jetzt vorbei.«
Lachend stehen Sureya und ich auf. Es ist Zeit, die Kinder abzuholen.
Sureya schlingt die Arme um mich und drückt mich fest.
Meine fabelhafte Freundin. Und sie bekommt ein Baby! Ich kann es gar nicht erwarten, Summer davon zu erzählen. Sie wird begeistert sein. Dann können sie und Sureya gemeinsam einen dicken Bauch bekommen.
Es fällt mir schwer, den Schulhof zu betreten. Ich habe das Gefühl, als würden die Augen von vierhundert Müttern auf mir ruhen. Wie weit hat Natasha ihr Gift verspritzt? Doch das Gespräch mit Sureya hat mir geholfen. Es kommt mir vor, als hätte sie mir ein Stück Selbstachtung zurückgegeben. Und jetzt ist sie an meiner Seite, was mir die Kraft gibt, den Kopf aufrecht zu tragen. Na ja, eigentlich trage ich eine Baseballmütze, und mein Kopf ist leicht gesenkt, aber Sie wissen schon, wie ich das meine.
Nach zehn Metern trennt sich Sureya von mir und geht weiter in Richtung Kindergarten. Ich bin jetzt auf mich alleine gestellt. Mit eiligen Schritten nähere ich mich der Grundschule, ohne einen Blick nach links oder rechts zu werfen ...
Ich habe es fast geschafft. Der Flur vor Mollys Klassenzimmer ist leer. Ich bin heute die Erste. Ich werde mir Molly schnappen, bevor der Mob auftaucht ...
Doch der Umstand, dass ich weder einen Blick nach links noch nach rechts werfe, hat zur Folge, dass ich Mrs Gottfried erst wahrnehme, als sie vor mir steht. Sie versperrt mir den Weg.
»Mrs Clark«, sagt sie mit schnarrender Stimme. »Haben Sie über unser Gespräch letzte Woche nachgedacht?«
Wie aufs Stichwort platzt in diesem Augenblick eine Horde Mütter durch die Doppeltür hinter uns herein. Jetzt haben wir ein Publikum, was mir den Vorwand liefert, Mrs Gottfried mit Herablassung zu begegnen.
»Das ist jetzt weder die richtige Zeit noch der richtige Ort, oder, Mrs Gottfried?«
Ich kann nicht glauben, dass ich ihr Kontra gebe. Ich habe zwar immer noch einen Höllenrespekt vor ihr, aber es ist ein gutes Gefühl, mich ihr gegenüber zu behaupten. Sie sieht mich wütend an, als hätte sie mich gerade dabei erwischt, wie ich FUCK SHIT FOTZE WICHSER in riesigen Buchstaben an die Flurwand sprühe ...
Das wär doch mal eine Idee.
Das war ein Scherz. So etwas würde ich nie tun. Die Spraydosen sind viel zu teuer. Ich müsste Kreide verwenden.
»Bitte, rufen Sie mich an«, sagt Mrs Gottfried. Es ist keine Bitte, sondern ein Befehl. »Diese Angelegenheit ist noch nicht zur Zufriedenheit aller geregelt ... der Rektor teilt übrigens meine Bedenken.«
» Reis- und Bohnenfressääär! «, schreie ich, als sie auf dem Absatz kehrtmacht und davonmarschiert.
Natürlich tue ich das nicht. In Wahrheit schlottern meine Knie. Zum Glück habe ich eine weite Hose an. Gott, dass fünf Minuten in der Grundschule so anstrengend sein können.
Mrs Poulsen stößt die Tür zum Klassenzimmer auf. Ich drängle mich mit den anderen Müttern hinein und schnappe die Hand meiner Tochter. Wir gehen zum Sportplatz, um
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