Venit. Die Akte Veden: Thriller (Filii Iani-Trilogie) (German Edition)
Vöge leise: »Das war ein klasse Job, den Sie da letztes Jahr in Kiel abgeliefert haben. Wie lange haben Sie gebraucht? Zwei Tage, um die Sache mit dem Jungen zu klären, und einen weiteren, um den Halunken zu überführen? Drei Tage! Unglaublich!«
Loki senkte den Blick, bevor er den Impuls unterdrücken konnte. Als er wieder aufsah, lag das für ihn so charakteristische Lächeln auf seinen schmalen Lippen, das den kalten, berechnenden Ausdruck des restlichen Gesichts Lügen strafte.
»Sie haben sich auch gut gemacht, wie ich hörte«, erwiderte er. »Gratulation zur Beförderung, Herr Vöge.«
»Danke. Es ist im Grunde ja nicht so besonders. Ich mache die gleiche Arbeit, nur dass ich jetzt mehr verdiene und Lühnsmann unter statt über mir habe.« Das Grinsen zeigte weiße Zähne. »Pit Lühnsmann ist nicht verkehrt, aber er ist manchmal doch etwas anstrengend. Er ist eben vom alten Eisen und hat von neuen Ermittlungsmethoden keine Ahnung, ganz zu schweigen von den technischen Möglichkeiten, die wir mittlerweile haben. Wie auch, er ist ja kein ...«
Vöge verstummte, als sich eine schmale Hand auf seinen Unterarm legte. Die Hand gehörte einer jungen Frau, die neben ihm auftauchte und verlegen lächelte, sich dabei eine verirrte Strähne der Hochsteckfrisur aus der Stirn wischte.
»Entschuldigung«, sagte sie an Vöge gewandt, während sie Loki neugierig musterte. »Ich wollte euch nicht unterbrechen, aber ich habe nach dir gesucht, Klaus.«
Vöge legte ihr eine Hand auf den Rücken. »Kein Problem. Herr von Schallern, darf ich vorstellen, das ist meine bessere Hälfte, Sybille Reiche. Sybille, das ist Herr von Schallern, jener Ermittler, mit dem ...«
»Ich weiß!«, fuhr sie dazwischen und strahlte Loki mit großen Augen an. »Sie sind der Mann, der die Entführungen in Zusammenhang mit der Veden-Schule damals im Nu geklärt hat! Klaus hat mir so viel von Ihnen erzählt! Er ist völlig begeistert von Ihrer Arbeit, Herr von Schallern, auch wenn er selbst zugibt, dass er niemals diese ... Findigkeit hätte.« Sie schmiegte sich an Vöge und sah lächelnd zu ihm auf. »Mein Klaus hat andere Qualitäten.«
Loki betrachtete das Gesicht mit der stark geschminkten Haut, dem leichten Schatten um die Augen und den viel zu hellen, feinen Härchen auf der Oberlippe, bevor er Vöge ansah und eine Braue hob. »Findig, Herr Vöge? Ich? Sie schmeicheln mir. Dabei ist das nicht vonnöten, denn ich gehöre nicht zu den Oberen.« Er wies mit der Hand auf einen Kellner, eine Frau diesmal, die in fast lächerlich nostalgischem schwarzen Kleidchen mit weißen Spitzenbesätzen an den Säumen an ihnen vorüberging. »Sieh an, es gibt noch Sekt«, sagte er, weiterhin die Kellnerin auf ihrem Weg verfolgend. »Ich hörte vorhin, wie jemand sagte, eine Lieferung mit alkoholischen Getränken sei nicht eingetroffen und der Champagner drohe, auszugehen. Können Sie sich das vorstellen? Eine Gala dieser Größe ohne Champagner?«
Vöges Blick war jetzt alles andere als fröhlich. Er wirkte, als hätte ihm jemand in den Magen geschlagen. Die braunen Augen wanderten zu seiner Frau, welche mit offenem Mund der Kellnerin nachsah, dann zurück zu Loki. Dort begegneten sie dem Mundwinkel-Lächeln und eiskalten graublauen Augen, die ihn beinahe durchbohrten.
»Schatz, ich glaube, ich muss mir die Nase pudern«, sagte seine Frau geistesabwesend, warf Loki ein kurzes Lächeln zu und empfahl sich mit den Worten, sie würden sich sicherlich später noch einmal sehen. Ostentativ ging sie in die entgegengesetzte Richtung der Kellnerin, damit allerdings nicht nur auf die Toiletten sondern auch auf die Bar zu.
Vöge wich Lokis Blick aus. »Nun denn, ich glaube, ich werde mich mal wieder unter die Leute mischen«, sagte er und versuchte ein Lächeln, das ihm nicht sehr gut gelang. Noch einmal sah er Loki suchend an, fand aber nur ein starres Gesicht mit stechendem Blick.
»Natürlich«, erwiderte Loki. »Ich wünsche Ihnen und Ihrer Frau alles Gute, Herr Vöge. So Janus will, sehen wir uns wieder.«
»Ja. Tschüss.« Vöge drehte sich um und lief in die Richtung, die seine Frau genommen hatte.
Loki stieß einen unhörbaren Seufzer aus.
»Das war nicht die feine englische Art, mein Freund.«
Etwa zehn Sekunden lang blieb Loki bewegungslos stehen, und nur einem guten Beobachter wäre aufgefallen, dass sich seine Augen weiteten. Schließlich drehte er langsam den Kopf nach links, dorthin, wo sich die breite Treppe befand, die in elegantem
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