Venit. Die Akte Veden: Thriller (Filii Iani-Trilogie) (German Edition)
– ein wirklich heißer Besen, aber nun einmal ein Besen – ließ sich nie anmerken, wann eine Extemporale bevorstand, deshalb musste man auf jede einzelne Stunde vorbereitet sein. Wenn er jetzt schon schlapp gemacht hatte, konnte er genauso gut noch einmal die Vokabeln durchgehen.
In diesem Moment hörte Chester Schritte im Treppenhaus. Von den Umkleideräumen aus gelangte man auf die Zuschauerbühnen, die rings um die Turnhalle verliefen und ihr somit eine Ähnlichkeit mit einer römischen Arena verlieh. Hinter der angrenzende Tür lag auch das Treppenhaus.
Er drehte sich im Sitzen um, warf einen Blick zur Tür hinüber, die nur angelehnt war, und begann routiniert, die Riemen der linken Hand abzuwickeln. Keine Sekunde darauf klopfte es leise an die Tür und Sir Veden steckte den Kopf herein. Als er Chester sitzen sah, lächelte er, trat ein und schloss die Tür hinter sich.
»Sir«, grüßte Chester. »Es tut mir leid, dass ich heute so mies war. Liegt bestimmt daran, dass ich letzte Nacht nicht besonders gut geschlafen habe.«
Veden winkte ab und kam einen Schritt näher. Im künstlichen Licht des fensterlosen Raumes wirkten seine Haare noch heller als sie waren. »Keine Sorge, Chester. So etwas kommt vor. Du bist ohnehin der Beste. Mach dir also keine Sorgen um die Zensuren. Ich hätte allerdings eine Bitte an dich.«
»Okay.« Aufmerksam musterte Chester das Gesicht des Direktors. »Worum geht’s?«
»Wie du weißt, sind zwei Inspektoren des Schulamtes hier.« Er wischte sich die Ärmel des Traininganzugs nach hinten, sodass die Lederriemen und die sehnigen Arme zum Vorschein kamen. »Einer von ihnen ist bereits dabei, im Archiv zu stöbern. Er heißt Tim Jung. Ich habe ihm Frau Benz zur Seite gestellt, aber du weißt, wie kostbar ihre Zeit ist. Darum möchte ich dich bitten, ihr ein wenig Arbeit abzunehmen.«
Chester seufzte innerlich. Wenn er gewusst hätte, wie viele Aufgaben der Posten des Schülersprechers mit sich brachte, hätte er der Wahl niemals zugestimmt. Aber was sollte er machen? Er konnte schlecht Nein sagen. Wenigstens brachte ihm die ganze Chose Pluspunkte unter den Lehrern ein, und im Lebenslauf machte sich das auch nicht schlecht.
»Natürlich«, sagte er. »Woran genau dachten Sie? Soll ich irgendwas Bestimmtes für Frau Benz erledigen?«
Veden lächelte. »Du könntest dich an die Fersen des Inspektors heften und ihm unter die Arme greifen.«
Ah! Daher wehte der Wind! An die Fersen heften – so konnte man das auch nennen.
Chester erwiderte das Lächeln und nickte. »Verstanden, Sir. Mach ich.«
»Wunderbar.« Veden wollte sich schon abwenden, als ihm etwas einfiel und er sich noch einmal umdrehte. »Ich glaube, der zweite Inspektor, Loki von Schallern, ist derjenige, der das Sagen hat. Angeblich ist er nur hier, um Jung einzuweisen, da dieser noch in Ausbildung ist.« Er machte eine Kunstpause und sah Chester eingehend an. »Hast du von den zunehmenden Vermisstenanzeigen gehört?«
»Hab ich. Stand in der Zeitung.«
» Deshalb sind sie hier, Chester. Die Vereinigung rückt immer zuerst der Schule auf die Pelle, sobald irgendein Verbrechen in Kiel geschieht. Du weißt, wie spinnefeind sie uns gesinnt sind, weil wir einfache Menschen unterrichten. Da ist es leicht, zuerst die Schuld bei uns zu suchen. Behalte das im Hinterkopf, aber hänge es bitte nicht an die große Glocke. Und den Inspektoren gegenüber solltest du auch nicht unbedingt erwähnen, dass du es weißt.«
Chester dachte einen Augenblick nach. Wenn die zwei Typen tatsächlich deshalb hier waren, dann hatte er es mit Ermittlern der Vereinigung zu tun und nicht mit Inspektoren des Schulamts. Das war wirklich interessant.
»Sir, gibt es irgendetwas, das ich den Herren nicht unbedingt auf die Nase binden sollte? Ich nehme an, sie werden einige Fragen haben, wenn sie tatsächlich deswegen an der Schule herumschnüffeln.«
Veden machte ein sehr ernstes Gesicht. »Wir haben nichts zu verbergen. Die beiden sollen sich frei bewegen und auf alle Informationen Zugriff haben dürfen. Wir werden ihnen keinen Anlass zu weiteren Verdächtigungen geben.«
Chester nickte. Er warf einen Blick auf die geschlossene Tür und fragte mit gesenkter Stimme: »Und die andere Sache?«
Jetzt wurde das Gesicht des Direktors etwas sanfter. »Keine Sorge, das gehört der Vergangenheit an. Halte dich einfach an das, was wir besprochen haben. Du kannst dich jederzeit an mich wenden. In Ordnung?«
»Ja. Danke, Sir.«
Veden warf einen
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