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Venit. Die Akte Veden: Thriller (Filii Iani-Trilogie) (German Edition)

Venit. Die Akte Veden: Thriller (Filii Iani-Trilogie) (German Edition)

Titel: Venit. Die Akte Veden: Thriller (Filii Iani-Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Meier
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eine junge Frau. Ihre Augen waren teilnahmslos, und Tim hätte geschworen, dass sie tot war, denn er kannte diesen gebrochenen Blick. Aber die Frau stand aufrecht. Sie war vollkommen verwahrlost, die Kleidung hing ihr in Fetzen herunter. An ihrem Hals befanden sich Fleischwunden, aus welchen ein dünnes Rinnsal an blutigem Sekret lief. Unter ihrem rechten Auge hing die Haut in Streifen herab. Man sah den Wangenknochen durchschimmern.
    Auf den nächsten Fotos, eine schnelle Abfolge wie in einem Comic, ließen sich ihre Bewegungen erahnen. Sie rannte gegen eine Wand, fiel auf den Hintern, stand wieder auf. Auf einem der Bilder war deutlich zu erkennen, dass ihr Ellbogen gebrochen war. Ein offener Bruch. Der Unterarmknochen ragte weit heraus.
    Auf den letzten Fotos schließlich lag sie durchsiebt auf dem Boden. Mehrere maskierte Scharfschützen näherten sich ihr. Man hatte ihr den Kopf beinahe vom Rumpf getrennt.
    Das allerletzte Bild schließlich war das Schlimmste. Es war eine Nahaufnahme ihres Gesichts. Die Haut war wächsern, der Mund offen. Im ersten Moment glaubte Tim, darin läge etwas, bis er erkannte, dass es sich um ihre Zunge handelte. Sie war dunkelblau, fast schwarz, und nahezu vollständig durchgebissen. Die Wunde an der Wange ließ Schleifspuren erkennen, so als hätte sie mit dem Gesicht einen Sturz abgefangen und wäre dabei über eine raue Oberfläche geschrammt.
    Wirklich unerträglich waren nicht allein die Wunden, die das Mädchen hatte. Es war vielmehr dieser gebrochene Blick und die durchsichtige Haut. Alles zusammen erweckte beinahe den Eindruck, man betrachte eine Puppe, wenn da nicht unverkennbar ein letzter Funken Leben gewesen wäre. Tim konnte nicht sagen, woran er diesen Lebensfunken festmachen sollte, aber er nahm ihn wahr. Erst auf den letzten Bildern war er gänzlich verschwunden, und die Widersätze fügten sich und endeten im Tod.
    Ihn fröstelte.
    Loki schob sich in sein Blickfeld. Tim riss den Blick von den Bildern los und sah seinen Cousin an. Zum ersten Mal, seit er ihn kannte, stand in diesen stoischen, abgehärteten Augen Fassungslosigkeit. Mit bleichem Gesicht trat Loki an das Flipchart heran, nahm die Nahaufnahme herunter und starrte sie an.
    »Sie wirken ja beinahe so, als sähen Sie das zum ersten Mal«, sagte der Kommissar mit einer gehörigen Portion Selbstzufriedenheit.
    Tim drehte sich um, packte einen der Besucherstühle und ließ sich darauf nieder. Ihm war übel.
    »Wann ist das geschehen?«, fragte Loki, ohne sich zu bewegen. »Wann haben Sie Suna niedergestreckt?«
    »Heute in den Morgenstunden. Wir bekamen einen Anruf. Ein völlig aufgelöster Mann erzählte von einem Mädchen, das ihn beißen wollte. Innerhalb weniger Minuten mussten die Kollegen das Spezialeinsatzkommando anfordern. Sie –«
    »Jaja.« Loki winkte ab. »Sie haben sie bereits identifiziert? Es ist Suna Mahlstedt?«
    Der Kommissar nickte. »Es besteht kein Zweifel.«
    Loki ließ das Foto in der Hand sinken und richtete den Blick auf das Fenster, sah nach draußen. Tim kannte diese Mimik, die eine vollständige Abwesenheit bedeutete. Doch man durfte sich davon nicht täuschen lassen, denn meistens bekam Loki trotzdem sehr gut mit, was um ihn herum geschah. Er antwortete nur einfach nicht und ließ sich durch kaum etwas beim Nachdenken stören.
    »Mir ist zu Ohren gekommen, dass jemand die Hinterbliebenen beziehungsweise die Familienangehörigen der Vermissten und sämtliche Zeugen drangsaliert. Frau Gerber hat heute ziemlich aufgebracht hier angerufen. Einer der Zeugen auch.« Da Loki nicht auf die Worte des Kommissars reagierte, richtete er den stechenden Blick auf Tim. »Ein Zeuge sagte, ein schmächtiger Kerl hätte ihn zum Ort des Verschwindens gebeten und sei dann nur herumgestanden, ohne mit ihm zu sprechen.«
    Tim zuckte die Schultern. Damit war zumindest geklärt, was sein Cousin unter einem Ausflug verstand. Er musste grinsen.
    Der Blick des Kommissars wurde düster. »Finden Sie das etwa lustig?«
    Schnell schüttelte er den Kopf. »Nein, natürlich nicht. Ich war das ja auch nicht. Herr von Schallern war allein unterwegs, ohne mich.«
    In diesem Moment erwachte Loki aus seiner Starre. Er drehte sich um und legte das Foto auf den Tisch des Kommissars. »Ich will die Leiche sehen«, sagte er und richtete die graublauen Augen unverwandt auf Lühnsmann.
    Der Kommissar erwiderte den Blick. »Also gut, Herr BKA, reden wir Klartext. Ich kann Ihnen das natürlich nicht verweigern. Das wissen wir

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