Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Venit. Die Akte Veden: Thriller (Filii Iani-Trilogie) (German Edition)

Venit. Die Akte Veden: Thriller (Filii Iani-Trilogie) (German Edition)

Titel: Venit. Die Akte Veden: Thriller (Filii Iani-Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Meier
Vom Netzwerk:
diesem kargen Raum, der bis in jede Ecke mit Neonlicht ausgestrahlt war, eine Kerze anzuzünden, war in etwa so absurd wie das Lächeln auf den Lippen der Sekretärin. Er verkniff sich allerdings eine Bemerkung, denn was sollte die alte Tante dazu schon sagen können? Auf diese harsche Erwiderung konnte er verzichten. Stattdessen fragte er: »Haben Sie eine Ausgabe der Schülerzeitung, an der die Kinder damals gearbeitet haben?«
    »Natürlich.« Die Frau setzte sich in Bewegung, ging gezielt zu einem der Schränke in einer der anderen Reihen, zog eine Schublade heraus, befeuchtete sich den Zeigefinger der rechten Hand und ließ ihn über die darin aufgehängten Akten gleiten. Schließlich schloss sie die Schublade, ging zu Tim zurück und gab ihm ein dünnes Heftchen.
    »Danke.« Tim warf einen Blick auf das Titelblatt – aus Hochglanzpapier natürlich – und las: ›Jahresrückblick‹. Darunter war die Schule abgebildet, von oben aufgenommen. Auf dem hinteren Teil des Campus hatten sich unzählige Schüler so hingestellt, dass sie zusammen die Jahreszahl 2009 ergaben.
    Mit einem weiteren Lächeln zur Sekretärin ging Tim zu seinen Unterlagen hinüber und legte das Heft darauf. »War die Zeitung fertig? Ich meine, waren die Artikel fertig, bevor die Akten, die die Schüler dafür gebraucht haben, verbrannt sind?«
    Ein Kopfschütteln. »Leider nicht.«
    »Gab es irgendeinen Artikel, der deshalb gar nicht geschrieben werden konnte?«
    Wieder das Kopfschütteln, langsam und bedacht. »So viel ich weiß, nein. Das meiste, das die Schüler aus den Akten nehmen, sind Daten, Fakten oder Fotos. Diese Dinge runden die Artikel nur ab.«
    Tim langte nach dem Rückblick und blätterte in ihm, gab aber keiner Seite besondere Beachtung. »Können Sie mir das erklären? Wie zum Beispiel sieht so ein Artikel aus?«
    »Herr Jung, bitte vergessen Sie nicht, dass ich noch anderweitig Arbeit habe. Die macht sich nicht von selbst.«
    »Schon klar. Nur diese Antwort noch.«
    Die alte Frau seufzte. »Das beste Beispiel ist wohl der doppelseitige Artikel zu Ehren des Schulbesten. Seit Jahren, seit 2009, um genau zu sein, ist das der Schülersprecher Chester. In diesem Artikel werden seine Leistungen während des vergangenen Schuljahres benannt, außerdem beleuchtet man seine Herkunft. Zumeist haben die Eltern der Schulbesten auch an dieser Schule studiert, deshalb bedienen sich die Schreiberlinge den Archiven, fischen Informationen über die Eltern, und im günstigsten Fall auch ein Foto von ihnen heraus. Außerdem finden sich im Jahresrückblick Zusammenfassungen über die wissenschaftlichen Studien, die während des Jahres gemacht wurden, und auch für diese benötigen sie ab und an Rückschlüsse, die nur in den Archiven zu finden sind.« Sie musterte Tim eingehend. »Genügt Ihnen das als Beispiel?«
    Tim nickte. »Klar. Danke, Frau Benz.« Er packte die Unterlagen, klemmte sie sich unter den Arm. »Feierabend, würde ich sagen.«
    Die alte Frau drehte sich um und ging auf den Ausgang zu. »Schön für Sie. Bis morgen.« Damit verschwand sie in den Fluren des weitläufigen Kellers.
     
     
    Als Tim aus dem Schulgebäude treten wollte, kam ihm der Direktor entgegen. Veden sah heiter aus, beinahe enthusiastisch. Er war ordentlich gekleidet in einen schwarzen Anzug, der die blauen Augen in dem ebenmäßigen und gebräunten Gesicht strahlen ließ. Als er Tim sah, änderte er seinen Kurs und kam lächelnd auf ihn zu.
    »Herr Jung! Wie ich sehe, sind Sie fleißig bei der Arbeit! Ist alles zu Ihrer Zufriedenheit?« Veden schüttelte voller Elan Tims Hand.
    »Klar. Bei Ihnen?« Mit einem unterdrückten Knurren rieb sich Tim die zerquetschte Hand und nahm sich vor, sie dem Direktor in Zukunft nicht mehr zu reichen. Die Riemen hatten Kerben in seinen Handballen geschnitten, so fest drückte Veden zu.
    Der Direktor baute sich vor Tim auf. Er war eine stattliche Erscheinung mit seinen breiten Schultern und der aufrechten Haltung. Sein Lächeln zeigte ebenmäßige, weiße Zähne. »Schlechten Menschen geht es immer gut.« Er lachte und schlug Tim freundschaftlich gegen die Schulter. »Kommen Sie gut voran?«
    Saublöder Spruch, dachte Tim, während er weiterhin das Grinsen erwiderte. »Bei einer Sache könnten Sie mir vielleicht weiterhelfen.«
    Vedens Blick wurde ernst. »Wobei?«
    »Es geht um den Brand, der vor eineinhalb Jahren im Archiv ein paar Unterlagen vernichtet hat.« Tim musterte das Gesicht, konnte aber außer der Ernsthaftigkeit,

Weitere Kostenlose Bücher