Venit. Die Akte Veden: Thriller (Filii Iani-Trilogie) (German Edition)
gleich, wie überdurchschnittlich sportlich und gewandt er war. Die Geheimpolizei verfügte über Technik, und damit war sie im Vorteil. Chest hatte nur seinen Körper.
Aber egal, wie übervorteilt die GP waren – sie waren auch schlecht ausgebildet, dumm und begrenzt. Einer dieser Idioten drückte sich gerade zehn Meter vor Chest durchs Gebüsch. Chest merkte es nicht, doch er grinste unheilvoll.
›Wirf mir die Waffe zu, wenn ich vorbeilaufe‹, befahl Chest in Gedanken. ›Du wirst mir die Waffe zuwerfen, sobald ich auf deiner Höhe bin. Du denkst nicht darüber nach. Du tust es einfach.‹
Zehn Sekunden später fing Chest mit der Linken die MP auf, schlug dem Polizisten die Rechte in den Schädel und sprengte diesen damit. Als sich das Gehirn dieses Tölpels mit einem beinahe lautlosen Platsch! auf den Erdboden ergoss, war Chest schon zehn Meter weit weg.
Sobald sich ein weiterer dieser Bastarde ins Gebüsch schob, hob Chest die MP und räumte ihn weg.
Dennoch kosteten ihn diese Aktionen wertvolle Sekunden, in denen er langsamer hatte werden müssen. Die Kugeln prasselten jetzt wieder auf ihn nieder. Chest schlug Haken wie ein Hase. Er konnte wieder ein Surren hören und war sich sicher, dass inzwischen Todesadler über ihm flogen, die großen Brüder der Libellen, sehr viel schneller, durchschlagskräftiger und gefährlicher. Die Kugeln, die von oben kamen, bestätigten seinen Verdacht. Rechts von sich, wahrscheinlich befand sich dort ein Weg, hörte er Motorengeräusche.
Sie holten auf.
Chest blieb schlagartig stehen. Die plötzliche Passivität angesichts der hohen Geschwindigkeit, die er noch vor einer Sekunde vorgelegt hatte, irritierte ihn einen Moment selbst. Die Geräusche, sowohl das Surren der Adler als auch das der Motoren, verzogen sich in die Richtung, in die er gerannt war, wurden stetig leiser.
Er grinste.
Und sah sich um. Zu seiner Linken lag ein künstlich angelegter See, links ein Fußgängerweg. Zurück konnte er nicht, das war zu riskant. Chest sprang kurzerhand aus dem Gebüsch, rannte auf den See und einen der Stege zu. Seine Schritte polterten laut über das Holz. Als er am Ende des Steges angekommen war, stieß er sich ab und wurde vom eiskalten Wasser verschlungen. Chest tauchte noch einmal auf, holte tief Luft und übergab sich anschließend der nassen Dunkelheit. Er schob mit den Füßen an, die Lippen fest aufeinander gepresst, während seine Hände noch immer die MP umfangen hielten. Als ihm klar wurde, dass die Waffe jetzt vollkommen nutzlos war, ließ er sie los.
Wieder ein Beweis, dass Waffen nichts brachten.
Bald merkte er, dass ihn etwas nach unten zog. Ein unsichtbares Fahrwasser erfasste ihn. Es ging schneller voran. Die Finsternis nahm zu, er konnte jetzt überhaupt nichts mehr sehen. Seine Lungen fingen an, zu brennen, doch Chests Wille war stärker.
Er streckte die Arme aus, und bald stießen sie gegen Beton. Chest tastete herum, wehrte sich gegen den Sog und fand schließlich, was er gesucht hatte: ein Rohr. Zufrieden stellte er fest, dass es groß genug für ihn war. Mit ausgestreckten Armen übergab er sich wieder dem Sog, ließ sich in das Rohr ziehen. Chest hörte auf, sich zu bewegen, tastete allerdings mit den Armen die Dunkelheit vor sich ab. Das abfließende Wasser aus dem See schob ihn vorwärts.
Seine Lungen kreischten jetzt nach Luft. Das Blut brachte seinen Schädel zum Pumpen, seine Augen fühlten sich an, als würden sie ihm jeden Moment aus dem Kopf treten.
›Mir geht es gut‹, dachte Chest mit aller Kraft, die er noch hatte. ›Meine Lunge hat noch viel Luft. Ich werde es schaffen.‹
Der Weg durch das Rohr erschien ihm schier endlos. Seine Finger streiften merkwürdig schleimige Dinge, und einmal drückte sich etwas wild Zappelndes an ihm vorbei. Chest reagierte nicht, er zuckte nicht einmal zusammen. In seinem Kopf wiederholten sich beständig die Worte: ›Mir geht es gut. Ich werde es schaffen.‹
Und dann war er plötzlich frei. Es fühlte sich an, als würde ihn ein Riese auskotzen. Es gab ein kurzes Stocken vor dem Austritt auf der anderen Seite, ein Plopp! , und dann war er frei.
Ein Moment der Orientierungslosigkeit folgte. Er drehte sich mehrmals um die eigene Achse, die Augen weit aufgerissen. Chest hörte sofort auf, sich zu bewegen, und allmählich wurde sein Körper in eine Richtung gezogen. Sobald er sich sicher war, begann er mit den Schwimmbewegungen. Kurz darauf durchbrach sein Kopf die Wasseroberfläche, er schnappte
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