Venus 01 - Piraten der Venus
werden in Kürze ein weiteres Schiff entern, auf dem sich ein Mann befindet, den ihr wahrscheinlich umbringen wollt. Es handelt sich um einen Ongyan . Ich bin gekommen, um euch zu sagen, daß das Leben dieses Mannes unter allen Umständen geschont werden muß.« Enttäusch tes Murren wurde laut, doch ich fuhr unbeirrt fort: »Ich bin ge kommen, um euch noch etwas zu sagen, weil man mir hat einre den wollen, daß kein Offizier in der Lage ist, euch während des Kampfes im Zaum zu halten. Es gibt vorteilhafte Gründe, aus denen wir den Mann eher gefangennehmen als töten sollten – dabei haben diese Gründe natürlich nichts mit der Notwendigkeit zu tun, daß meine und die Befehle meiner Offiziere auf jeden Fall befolgt werden müssen.
Wir stehen am Anfang eines Unternehmens, das nur erfolgreich sein kann, wenn wir Disziplin halten. Und ich erwarte, daß wir Erfolg haben. Ich werde dafür sorgen, daß sich an Bord jeder diszi pliniert verhält. Auf Insubordination oder Ungehorsam steht die Todesstrafe. Das ist alles.«
Ich drehte mich um und verließ den Raum. Die Männer starrten mir schweigend nach, und es ließ nichts darauf schließen, wie sie meine Worte aufgenommen hatten. Absichtlich nahm ich Kiron mit hinaus, damit die Leute Gelegenheit hatten, das Problem ohne äußere Beeinflussung durch einen Offizier zu diskutieren. Ich wuß te, daß ich kaum Autorität über sie hatte und daß zu irgendeinem Zeitpunkt sich jeder von ihnen darüber klar werden mußte, ob er mir gehorchen wollte oder nicht. Je eher diese Entscheidung her beigeführt wurde, desto besser.
Seitdem das andere Schiff die Flagge des Ongyans gezeigt hatte, waren wir ihm auf parallelem Kurs gefolgt. Auf dem Hauptdeck hatte sich ein Trupp bewaffneter Männer versammelt, und man hatte die vier Kanonen schußbereit gemacht. Offensichtlich war man auf alles gefaßt, obwohl ich nicht annahm, daß man einen Verdacht hatte.
Jetzt gab ich den Befehl, die SOFAL näher an das andere Schiff heranzuführen, und als sich die Entfernung zu verringern begann, wurden die Männer drüben sichtlich nervös.
»Was soll das?« rief ein Offizier vom Turmdeck herüber. »Bleibt uns vom Leibe! Wir haben einen Ongyan an Bord!«
Als er keine Antwort erhielt und die SOFAL ständig näherkam, geriet er in Bewegung. Heftig gestikulierend sprach er mit einem fetten Mann, der neben ihm stand. Dann schrie er: »Haltet Ab stand – oder es wird jemand dafür zu büßen haben!« Als nichts geschah, brüllte er: »Haltet Abstand – oder ich lasse schießen!«
Als Antwort ließ ich unsere Steuerbordkanonen ausfahren und wußte, daß er es jetzt nicht mehr wagen würde, den Feuerbefehl zu geben. Eine einzige Breitseite hätte sein Schiff in wenigen Se kunden versenkt – ein Ende/ das ich ebenso zu vermeiden suchte wie er.
»Was wollt ihr von uns?« fragte er.
»Wir wollen an Bord kommen!« erwiderte ich. »Es wird kein Blutvergießen geben, wenn es sich vermeiden läßt!«
»Das bedeutet Revolution! Das ist Hochverrat!« brüllte der fette Mann neben dem Kapitän. »Ich befehle Ihnen, Ihren Kurs zu ändern. Ich bin Ongyan Moosko!« Und er wandte sich an die Soldaten auf dem Hauptdeck und kreischte: »Werft sie zurück! Tötet jeden, der es wagt, einen Fuß auf unser Deck zu setzen!«
13
Im gleichen Augenblick ließ der Kapitän drüben die Maschinen auf volle Geschwindigkeit schalten und warf das Ruder herum. Das Schiff versuchte auszubrechen. Natürlich hätte ich es versenken können, aber seine Ladung hätte mir auf dem Grund des Mee res wenig genützt. Ich gab dem Trompeter Anweisung, unsere Maschinen ebenfalls auf höchste Leistung bringen zu lassen – und die Jagd begann.
Die YAN, deren Name man nun am Heck deutlich lesen konnte, war schneller, als ich erwartet hatte, aber wie sich nach einiger Zeit herausstellte, kam sie gegen die SOFAL nicht an. Langsam verrin gerte sich die Entfernung wieder, die wir durch den unerwarteten Spurt der YAN zunächst verloren hatten. Der Kapitän der YAN verfolgte eine Strategie, die ich an seiner Stelle auch gewählt hätte – er steuerte sein Schiff so, daß er uns stets das Heck zuwandte.
Dann eröffnete er aus zwei rückwärtigen Kanonen das Feuer. Tak tisch gesehen war das Manöver ausgezeichnet, denn wir konnten jetzt nur noch einen Bruchteil unserer Feuerkraft zum Tragen brin gen, wenn wir nicht abdrehen wollten. Nur so konnte er hoffen, seinem Schicksal vielleicht doch noch zu entkommen.
Zum erstenmal hörte ich
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