Venus 03 - Krieg auf der Venus
voneinander.«
»Ich habe mir viel Gedanken über Sie gemacht«, sagte ich. »Sie sind eine wichtige Persönlichkeit und verschwenden Ihre Zeit mit einem völlig Fremden.«
»Ich habe nicht das Gefühl, meine Zeit zu verschwenden«, sagte sie. »Freunde zu gewinnen ist niemals Zeitverschwendung. Ich habe im Grunde sehr wenige Freunde. Der Krieg hat sie mir fast alle genommen – und auch meinen Mann. Seither ist mein Leben recht… nutzlos gewesen, fürchte ich. Aber erzählen Sie mir doch von sich und Ihrem Volk.«
»Da gibt es nicht viel zu erzählen. Wir sind ein einfaches Volk, und ich bin sicher, daß Sie sich nicht dafür interessieren.«
»Ich interessiere mich sogar sehr dafür. Berichten Sie, wie Sie hierhergekommen sind.«
Ich war in einer wenig beneidenswerten Lage. Vor allem hatte ich das Gefühl, kein guter Lügner zu sein – ganz abgesehen davon, daß Zerka über Vodaro wahrscheinlich mehr wußte als ich. Wenn ich ihr zu viele Lügen auftischte, mußte ich mich hin terher an zu viele Einzelheiten erinnern, und mein Gedächtnis war sowieso schon ziemlich angespannt. Ich wußte nicht einmal mehr genau, wo mein angebliches Heimatland lag.
Es half nichts – ich mußte Zerkas Frage beantworten, und meine Reise nach Amlot mußte ich so gestalten, daß sie nicht nachgeprüft werden konnte.
»Einer unserer Händler hatte ein kleines Schiff gechartert und es mit Pelzen beladen, die er im Ausland gegen andere Waren einzuhandeln hoffte. Wir segelten einen Monat lang nach Norden und sichteten schließlich die Küste Ihres Landes. Aber ehe wir anlegen konnten, überraschte uns ein Sturm, und ich wurde als einziger Überlebender an die Küste gespült. Ein freundlicher Bauer nahm mich auf und pflegte mich gesund. Er sagte mir, daß ich auf dem Kontinent Anlap und im Königreich Korva wäre und berichtete mir auch von dem Krieg. Mit seinem Karren, auf dem er Gemüse und Heu transportierte, brachte er mich schließ lich ans Stadttor. Das übrige habe ich Ihnen schon erzählt.«
»Und wie hieß der freundliche Bauer?« fragte Zerka. »Er hätte eine Belohnung verdient.«
»Ich weiß seinen Namen nicht.«
Sie blickte mich derart ungläubig an, daß ich mich schon durchschaut glaubte. Aber vielleicht war auch nur mein schlechtes Ge wissen dafür verantwortlich. Jedenfalls wechselte sie das Thema, was ich dankbar zur Kenntnis nahm.
Als wir uns einer der Hauptstraßen näherten, sah ich Männer auf den Köpfen stehen, die »Maltu Mephis!« schrien. Andere salutierten und wiederholten den Standardgruß.
»Unser Geliebter Mephis ist unterwegs«, sagte ich.
Sie warf mir einen schnellen Seitenblick zu, doch ich blieb völlig ernst.
»Ja«, sagte sie. »Draußen vor der Stadt findet eine Truppen parade statt. Neue Bataillone gehen zur Front. Hätten Sie Inter esse, sich das einmal anzuschauen?«
Ich bejahte diese Frage, und so reihte sich unser Gantor hinter Mephis’ Prozession ein und folgte ihr auf das Paradefeld. Hier war eine kleine Armee angetreten. Als die Rufe und das Ge schrei verstummt waren, ließ Mephis ein Trompetensignal ge ben. Daraufhin teilten sich die Truppen in Kolonnen auf, die am Herrscher vorbeimarschierten.
Als die erste Kompanie noch etwa hundert Meter von Mephis entfernt war, änderte sie ihren Tritt. Wie ein Mann machten die Soldaten drei Schritte vorwärts, hüpften einmal auf dem linken Fuß, machten weitere drei Schritte, sprangen senkrecht etwa sechzig Zentimeter in die Höhe und wiederholten das Manöver. Sie verfielen erst wieder in eine normale Gangart, als sie Mephis passiert hatten. Ihr Maltu-Mephis-Singsang war während der Vorstellung weitergegangen.
»Ist das nicht sehr eindrucksvoll?« fragte Zerka und blickte mich an, als wollte sie sich meine Reaktion nicht entgehen lassen.
»Sehr eindrucksvoll«, sagte ich.
»Dieser Marschschritt ist eine Neuerung, die von unserem Geliebten Mephis eingeführt wurde.«
»Das hatte ich auch nicht anders angenommen«, erwiderte ich.
10
Das Zusammensein mit Zerka machte mir Freude. Wir aßen in dem Restaurant, in dem wir uns kennengelernt hatten, gingen in eines der Theater Amlots und kehrten schließlich früh am Morgen nach Hause zurück. Zerka bat mich noch zu einem klei nen Imbiß herein. Aber obwohl wir uns gut verstanden, war es uns nicht gelungen, mehr voneinander zu erfahren. Auch wußte ich noch immer nicht, wo das Gap kum Rov lag. Dennoch wäre der Tag sogar sehr angenehm gewesen, wenn mich nicht die Sorge um Duare
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