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Venus allein zu Haus

Venus allein zu Haus

Titel: Venus allein zu Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Voosen Jana
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soll, aber sie sagt nur:
    »Na los, dreh sie um!« Ich tue wie geheißen und lese:
    »GLÜCKLICHERWEISE WAR ER NICHT VOM UM-TAUSCH AUSGESCHLOSSEN. ABER DIE PARTY AM 30. SEPTEMBER MUSS NUN LEIDER AUSFALLEN.« Ich verziehe kläglich das Gesicht und Lara fragt sofort:
    »Was ist? Gefällt’s dir nicht?« Sie klingt so enttäuscht, dass ich ein ganz schlechtes Gewissen bekomme.
    »Doch, doch«, beeile ich mich zu sagen, »es ist nur …«
    »…es ist immer noch ein trauriger Anlass«, kommt mir da unerwartet Manu zu Hilfe, der bis dahin schweigend auf seinem Sessel gesessen und uns beobachtet hat. Jetzt
steht er auf, quetscht sich zu uns auf die Couch und legt seinen Arm um Lara: »Die Karte ist super, Lara, aber verlang jetzt nicht, dass Helen darüber Luftsprünge macht.«
    »Das verlange ich doch gar nicht, quatsch«, wehrt sie sich, »ich möchte dir nur nichts aufdrängen.« Jetzt wird es mir langsam richtig unangenehm. Sie hat sich solche Mühe gegeben. Doch bevor ich sie bremsen kann, kramt sie in ihrer Tasche herum und legt mir weitere Entwürfe vor. »Sieh mal, ich hatte noch ein paar andere Ideen, falls du die besser findest …« Hat sie heute im Büro eigentlich auch noch was anderes gemacht? Und das alles nur, weil ich zu feige bin, ein paar Anrufe zu tätigen. Ich falle ihr plötzlich um den Hals und sage:
    »Lara, du bist die tollste Freundin, die man sich wünschen kann. Vielen Dank. Die Karte ist wirklich super.«
    »Na ja, ich dachte, also …«, druckst sie ein bisschen herum, »ich wollte gerne eine Verbindung zu dir schlagen, mit dem Schuhekaufen, weißt du. Und, ich dachte, es ist irgendwie cool, so, als kämst du gut damit klar.« Genau. Was ich zwar nicht tue, was ich aber natürlich will, dass die Leute es von mir denken. Sie hat Recht. Es ist perfekt. Ich lasse meinen Blick über die anderen Postkarten wandern. Professionell und witzig gemacht sind sie alle, keine Frage. »EIN KORB VOLLER ROSEN, EIN ZÄRTLI-CHER KUSS, EIN SCHLAG IN DIE FRESSE UND JETZT IST SCHLUSS.« – »ICH HAB IHN GELIEBT, IM HERZEN GETRAGEN, JETZT IST ER VERRUTSCHT UND LIEGT MIR IM MAGEN.« Ich muss bei dem Anblick von Jans Gesicht, das verstört aus meinem Bauch hervorlugt, sogar ein bisschen grinsen.
    »Das fand ich auch nicht schlecht, aber ich dachte, es sagt zu sehr aus, dass er dir wehgetan hat.« Da hat sie Recht.

    »Hat er ja auch«, sagt Sophia und greift nach einer himmelblauen Karte, auf der eine einzelne glitzernde Träne über mein lächelndes Gesicht läuft. »AUCH IN EINER TRÄNE KANN SICH DIE SONNE SPIEGELN«, liest sie versonnen vor. »Also die würde ich nehmen.« Na schön, kann sie ja ruhig, wenn sie ihre eigene Hochzeit absagen muss. Ich aber gebe Lara völlig Recht: Die Schuhkarte soll es sein. Diesen Punkt kann ich jetzt von meiner Liste der Unangenehmlichkeiten streichen, die ich in Bezug auf diese Hochzeit noch vor mir habe.
     
    Noch nie hat ein so trauriges Gesicht über einem Brautkleid geschwebt wie in diesem Moment. Todunglücklich stehe ich in der Garderobe von Jeannettes Brautmoden und betrachte mich im Spiegel. Die weiße Korsage schmiegt sich an meinen Oberkörper, meine Taille ist auf Grund der Schnürkünste Jeannettes auf Wespengröße zusammengeschrumpft. Feines Organza schwebt in mehreren Lagen federleicht um meine Fußknöchel, die Schleppe fällt einen guten Meter hinter mir weich zu Boden. Von den fast noch tiefer hängenden Mundwinkeln einmal abgesehen bin ich eine Augenweide. Was wäre ich für eine schöne Braut gewesen? Und jetzt? Das Kleid ist immer noch der Wahnsinn, doch dabei so bräutlich, dass ich es wohl selbst umgefärbt nie im Leben tragen könnte. Den Oscar für das beste Kostüm könnte ich in dieser Robe entgegennehmen, wenn ich sie vorher in einem zarten Türkis einfärben würde.
    »Nun komm doch endlich mal raus da«, ertönt ungeduldig Bernds Stimme jenseits des Vorhangs.
    »Ach nein, lieber nicht«, lehne ich ab. Ich will schnell wieder raus aus dem Ding.
    »Wozu bin ich denn mitgekommen, wenn ich’s nicht
sehen sollte?«, quengelt er und ritsch, schon hat er den Vorhang beiseite gerissen.
    »Bist du wahnsinnig geworden«, quietsche ich empört, »ich könnte auch nackt hier stehen.« Bernd starrt mich nur an, von oben bis unten. »Was ist«, frage ich schließlich. Er macht mich ganz unruhig mit seinem Geglotze. Nervös fingere ich an dem champagnerfarbenen Satinband meines Schleiers herum. Bernd glotzt weiter. Ich habe es befürchtet. Ich bin

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