Venus allein zu Haus
unselbstständigen kleinen Schwester. Fast komme ich mir ein wenig überflüssig vor, als ich die Wohnung wieder verlasse. Bernd scheint prima mit dem Korb, den ich ihm gegeben habe, klarzukommen und Jackie hat sich einen schönen Lebensplan ausgearbeitet, mit dem sie sich ganz offensichtlich auf ihre eigenen Füße stellen will. Sollte ich nicht froh und glücklich darüber sein? Sowohl über ihn als auch über sie? Und warum bin ich’s nicht?
»Solange es anderen schlechter geht als uns selbst, können wir uns gut fühlen«, fachsimpelt Sophia. Beinahe wäre ich vor lauter Schreck über ihr plötzliches Auftauchen die letzten Stufen der Treppe hinuntergepurzelt. Was will sie denn nun damit wieder sagen?
»Ich wünsche mir nicht, dass es den beiden schlecht geht. Was denkst du denn?«, frage ich empört.
»Ich denke, dass es jetzt an der Zeit für dich ist, darüber nachzudenken, wie es dir geht. Du könntest damit
beginnen, die Trennung von Jan zu verarbeiten«, schlägt sie sanft vor und verpufft.
»Danke, dass du mich daran erinnerst«, rufe ich ihr hinterher, zerre wütend die Haustüre auf und stapfe zu meinem Auto. Nein, wenn ich an Jan denke, dann geht es mir allerdings wirklich nicht gut. Deshalb lasse ich es lieber. Wozu Trübsal blasen? Ich habe mich um ganz andere Dinge zu kümmern.
Um den Junggesellinnenabend für Lara zum Beispiel. Die Zeit ist wie im Fluge vergangen und heute ist der 23. Juni und damit der große Tag gekommen. Sicher, wörtlich genommen sollte man den Junggesellinnenabend wohl am Tag vor der Hochzeit feiern, aber das mochte ich weder Lara noch uns anderen Mädels gerne zumuten. Denn diese Nacht wird anstrengend und sicher auch feuchtfröhlich und ich möchte meine beste Freundin ungern als Schnapsleiche zum Altar torkeln sehen. Also haben wir einhellig beschlossen, dass wir es am Wochenende davor tun werden, um die folgende Woche zum Auskurieren nutzen zu können. Und hier stehen wir nun also: Acht Mädels mit leuchtenden Augen und vergnügten Gesichtern. Das wird ein Spaß. Ich habe die anderen sieben für punkt acht Uhr vor Laras und Manuels Haustüre bestellt. Nina, Sonja, Andrea, Diana, Sabine und Patricia sind schon da, nur Angela ist weit und breit nicht zu sehen. Um zwanzig nach acht sind wir endlich vollzählig und ich schon leicht genervt. Ist doch wirklich unhöflich von ihr, uns hier so lange warten zu lassen. Anscheinend stehe ich mit meiner Meinung jedoch alleine da, denn keine der anderen Damen hat sich davon die Stimmung ruinieren lassen. Im Gegenteil, Angela wird freudig begrüßt.
»Na endlich«, sage ich nur ganz leicht vorwurfsvoll und
ringe mir ein Lächeln ab, »dann können wir ja jetzt die Braut in spe abholen.« Ich drücke auf den Klingelknopf, neben dem noch Hesse/Zabel steht und lege warnend meinen Zeigefinger auf die Lippen. »Psst! Ganz ruhig jetzt!«
»Hallo«, ertönt Laras Stimme aus der Gegensprechanlage.
»Süße, ich bin’s«, sage ich, »sorry, bin ein bisschen spät dran.«
»Macht doch nichts«, entgegnet sie und betätigt den Türöffner. Kichernd machen wir uns auf den Weg in den dritten Stock. Lara ist völlig ahnungslos. Sie denkt, dass ich alleine vorbeikomme, um mit ihr und Manuel eine DVD anzuschauen. Im zweiten Stock bedeute ich den Mädels ein weiteres Mal, sich ruhig zu verhalten. Diese Kichererbsen werden uns noch die ganze Überraschung verderben. Alleine erklimme ich die letzte Etage und begrüße Lara, die mich an der Tür erwartet.
»Hallo, Lara, alles klar?«
»Logisch. Komm doch rein. Manu hat gerade die Pizza aus dem Ofen geholt.«
»Oh, die wird er wohl alleine essen müssen, fürchte ich«, sage ich bedauernd, und in diesem Moment stürmen die anderen Mädels kreischend die Treppe hoch und rufen durcheinander:
»Überraschung, Überraschung.« Lara guckt ziemlich verdutzt und Manuel kommt durch den Lärm angelockt besorgt aus der Küche gestürmt.
»Was ist? Ist was passiert?«, fragt er, während sich eine nach der anderen in den engen Flur drängelt und ich ihn lächelnd aufkläre:
»Nein, nichts passiert. Du wirst nur leider den Abend ohne deine Zukünftige verbringen müssen, die nehmen wir nämlich jetzt mit.«
»Ach ja?« Während Lara über das ganze Gesicht strahlt und sofort Feuer und Flamme ist, schaut Manuel eher konsterniert. Aber darauf kann jetzt natürlich keine Rücksicht genommen werden. Außerdem wird er in einer knappen halben Stunde ebenfalls von seinen Kumpels zum Junggesellenabschied
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