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Venus allein zu Haus

Venus allein zu Haus

Titel: Venus allein zu Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Voosen Jana
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abgeholt. Weshalb wir jetzt auch dringend einen Zahn zulegen sollten. Ich hasse es, wenn jemand meinen Zeitplan durcheinander bringt und bedenke Angela nochmals mit einem scheelen Blick, den sie zum Glück nicht mitbekommt.
    »Also los«, gebe ich das Kommando, »jetzt müssen wir Lara nur noch entsprechend herrichten und dann geht’s ab.« Ich krame in meiner mitgebrachten Umhängetasche herum und Laras Lächeln verrutscht um ein paar Millimeter. Ehrlich besorgt guckt sie mich an. Ich grinse unschuldig zurück und krame weiter, obwohl ich schon längst gefunden habe, was ich suche. Aber sie soll sich ruhig noch ein Minütchen ausmalen, welche Grausamkeiten wir für sie ausgesucht haben. An einem unserer Ausgehabende im Dollhouse sind wir mal gemeinsam in einen Junggesellinnenabend geplatzt, wo die zukünftige Braut von ihren Freundinnen als Putzfrau verkleidet worden war. Sie trug den schrecklichsten, altmodischsten und grellsten Putzkittel, den man sich vorstellen konnte, und dazu auch noch ein fieses Kopftuch und Birkenstocklatschen. In diesem Aufzug musste sie dann durch die Gegend rennen, Kondome verkaufen und zwanzig Männer dazu bringen, sie auf den Mund zu küssen. Wir trafen das Trüppchen um vier Uhr morgens und noch immer lag ihre Bilanz bei läppischen fünf Küssen. Die Arme! So was könnte ich Lara niemals antun. Und jetzt habe ich sie auch genug auf die Folter gespannt und ziehe endlich den Schleier aus meiner Tasche, den ich ihr aus einer Gardine gebastelt habe.

    »Keine Sorge«, beruhige ich sie, den Schleier schwenkend, »du musst nicht als Vogelscheuche rumrennen.«
    »Und auch nicht als Putzfrau«, vergewissert sie sich. Aha, der besagte Abend ist also auch ihr lebhaft im Gedächtnis geblieben.
    »Auch nicht als Putzfrau«, bestätige ich. »Im Gegenteil!« Damit ziehe ich den Stuhl heran, der neben der Garderobe im Flur steht und lasse Lara darauf Platz nehmen. Sie trägt eine dunkelblaue Jeans und ein silberblaues Top. Braves Mädchen. Das muss man ihr lassen, sie zieht sich eigentlich so gut wie immer ihrem Typ entsprechend an. Und diese kühlen Töne harmonieren einfach großartig mit ihrem pechschwarzen Haar und ihrem porzellanweißen Teint. Ich beginne, ihr den Schleier mit Hilfe von Haarnadeln ins Haar zu stecken und nehme dann von Diana das funkelnde Diadem, das ich schon vor Monaten in einem Laden für Faschingsartikel gekauft habe, entgegen. Es ist zwar nur aus Strass, sieht aber wirklich aus wie das von Audrey Hepburn in »Ein Herz und eine Krone«. Feierlich setze ich es Lara auf und verkünde: »Ich kröne dich hiermit zur Königin der Junggesellinnen.« Die Mädchen klatschen Beifall und Lara lacht vergnügt, als sie sich im Garderobenspiegel sieht. Dabei ist das ja noch lange nicht alles! Ich zücke mein Make-up-Täschchen und verpasse ihr ein wahres Elfen-Make-up mit langen künstlichen Wimpern, Glitter auf Wangen und Dekolletee und zartem Rosa auf den Lippen. Als ich von ihr zurücktrete, halten alle den Atem an.Vor allem Manuel, der plötzlich ganz besorgt aussieht. Lara sieht einfach umwerfend aus. Zu guter Letzt drücke ich ihr noch das »Zepter« in die Hand, ein mit goldener Folie umwickelter Kochlöffel mit einem Stern am oberen Ende, und sehe prüfend auf die Uhr. Viertel vor neun. Höchste Zeit also.

    »Auf geht’s, Mädels«, sage ich und mache dann eine Verbeugung vor Lara: »Eure Majestät.« Die königliche Hoheit steht auf, die Mädels bilden ein Spalier und Lara schreitet hindurch, den bodenlangen Schleier hinter sich her ziehend. Oje, ich muss fast jetzt schon weinen. Wie soll das dann erst in der Kirche werden? Ich reiße mich zusammen, stopfe schnell meine Schminkutensilien zurück in meine Tasche, schultere sie und will Lara folgen, als Manu mich am Arm festhält.
    »Du Helen«, sagt er zögerlich, »du wirst doch nicht, ich meine, du lässt sie keine anderen Männer küssen, oder?« Er schaut mich ängstlich an.
    »Nein, natürlich nicht«, verneine ich vehement, »das würde ich doch nie tun!« Ist nicht gelogen. Küssen muss sie nicht.
    »Gott sei Dank«, seufzt er aus tiefstem Herzen.
    »Dann viel Spaß mit deinem Film«, sage ich schmunzelnd.
    »Ja, euch auch viel Spaß«, wünscht er, da erscheint Lara plötzlich wieder im Türrahmen.
    »Was vergessen, Hoheit?«, frage ich.
    »Ja«, meint sie, stürmt an mir vorbei und gibt Manuel einen langen Kuss. »Tschüs, mein Süßer. Ich liebe dich!«
    »Und ich liebe dich«, sagt er. Damit rauscht sie davon und

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