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Venus und ihr Krieger

Venus und ihr Krieger

Titel: Venus und ihr Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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hören.«
    Pilas Gedanken überschlugen sich. Wieso würde Romelia sie nicht vermissen, wenn doch bereits die Soldaten ausschwärmten, um sie zu suchen? Und wo sollte sie sich in der betriebsamen Gegend verstecken. Vielleicht im Krater des Feuergottes? Entsetzt zog Pila die Schultern hoch.
    Sie hatten den kleinen Tempel erreicht, der still und verlassen am Hang des Vulkans lag. Claudius verhielt den Schritt und rang nach Luft. Der schnelle Lauf hatte ihn außer Atem gebracht. Auch Pila atmete heftig, wenngleich sie nicht so erschöpft schien wie Claudius.
    »Du kannst rennen wie eine Hirschkuh«, meinte Claudius nur, als er zu Atem kam. »Musstest du in Germanien oft flüchten?« An seiner Stimme hörte sie, dass er lächelte. Wie konnte er in dieser Situation noch scherzen?
    Sie antwortete nicht, sondern hielt seine Hand fest umklammert. Er spürte ihre Angst.
    »Wir sollten den Feuergott um Beistand bitten«, sagte Claudius.
    »Ich glaube, wir werden ihn dringend brauchen.«
    »Dann müssen wir ihm aber auch opfern«, gab Pila zu bedenken. »Und wir haben nichts, was wir ihm opfern könnten.«
    »Nehmen wir das!« Er riss einige Oliven von den herabhängenden Zweigen der umstehenden Bäume. Sie betraten den kleinen Tempel und knieten sich vor der Säule mit der Statue des gewaltigen Gottes nieder. Claudius nahm einen Krug mit Weihwasser und besprengte die Opfergabe zur Reinigung, was sonst nur die Priester taten.
    »Ich hoffe, Vulcanus verzeiht mir, dass ich die Weihehandlungen selbst vollziehe«, murmelte Claudius und übergab die dünnen Zweige mit den öligen Früchten dem Opferfeuer. Während er zusah, wie die Flammen seine Gabe verzehrten, murmelten seine Lippen inbrünstige Gebete. Pila, die vor allen Göttern und Tempeln große Scheu und Respekt zeigte, blickte verwundert auf den Mann, der sie noch vor wenigen Stunden so tollkühn befreit und vor dem sicheren Tod gerettet hatte. Jetzt beugte er sich demütig vor dem Gott und erflehte seinen Beistand. Ein Gefühl der Rührung überkam Pila, als sie seinen gebeugten Rücken betrachtete, seine zum Gebet gefalteten Hände und seinen inbrünstigen Blick sah. Sie hockte sich neben ihn und flehte ebenfalls zu diesem schrecklichen und doch so starken Gott, dass er ihnen Beistand gewähren möge.
    Als sie den Kopf hob, erblickte sie das Relief an der Stele, und für einen Augenblick stockte ihr der Atem.
    »Claudius, schau«, flüsterte sie und zeigte mit dem Finger auf eine Szene des Terrakottareliefs. Ein Mann und eine Frau lagen auf einem Lager, in der Liebesvereinigung eng umschlungen. Armstarke Ketten umwanden das Liebespaar.
    Claudius nickte. »Ich habe dir davon erzählt. Komm her und schau dir dieses Bild an!« Er erhob sich und winkte Pila zur Wand des kleinen Tempels, an der sich ein ähnliches Relief wie an der Säule entlangzog. Ein Paar saß auf einem Bett, sich in Liebe zugetan. Der Mann trug einen Helm, der ihn als den Kriegsgott Mars charakterisierte, doch sein Oberkörper war nackt. Sein Mantel war auf seine Schenkel herabgeglitten. Auch seine Partnerin lag entblößt in seinen Armen, zärtlich umfasste er ihre Brüste. Hinter beiden zog ein grimmig aussehender, bärtiger Mann einen Vorhang beiseite, der das Liebesspiel vor neugierigen Blicken verbergen sollte.
    »Was hat das zu bedeuten?«
    »Es sind Mars und Venus, die sich lieben. Doch Venus ist die Gattin des Vulcanus. Als der Gott die beiden in flagranti erwischt, wirft er ein Kettennetz über sie, um sie für alle Zeiten aneinander zu binden.«
    »Eine schöne Geschichte«, flüsterte Pila ergriffen. Dann wandte sie sich plötzlich zu ihm um. »Es ist unsere Geschichte!« Diese Erkenntnis überraschte sie und gleichzeitig stockte ihr Atem.
    »Heißt das etwa …«
    »Ja, das heißt es. Wir sind auf ewig miteinander verbunden, schöne Venus. Niemand kann uns trennen, nur der Feuergott allein vermag die Ketten wieder zu lösen. Und deshalb werden wir gemeinsam fliehen.«
    Erschrocken fuhr Pila zurück. »Du willst mit mir fliehen? Aber wohin?«
    »Nach Norden, in deine Heimat.«
    »Du willst Rom verlassen, wegen mir?« Ihre Augen weiteten sich.
    »Nicht wegen dir, sondern mit dir. Mich hält nichts mehr hier. Und niemals wieder will ich in die Arena zurück. Das Leben ist viel zu schön, um es aufs Spiel zu setzen. Ich komme mit dir, denn ich bin dein Mann.«
    Schluchzend fiel Pila in seine Arme. Alles gab er für sie auf, seinen Ruhm, sein Leben. Seinen bescheidenen Wohlstand! Vor ihnen lagen

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