Venus und ihr Krieger
hockten sie bereits im Morgengrauen vor dem Tor, in der Hoffnung, Einlass in die weitläufige Villenanlage zu finden. Und nicht wenige versuchten, den Türsteher zu bestechen.
Romelia ließ sich Gewänder nähen, die ihr dann doch nicht gefielen. Es wurden neue Stoffe gebracht, neue Gewänder genäht. Sie schickte Drusilla als Spionin zu Flavia, welche Garderobe sie zu den Spielen vorbereitete, um sie an Luxus noch zu übertreffen.
Und Pila lernte Romelia von ihrer schlimmen Seite kennen, nämlich wenn diese unzufrieden, gereizt, nervös und unerträglich war. Dann hatten es auch die Haussklaven schwer, die sie anschrie, mit dem Fuß trat, sie mit spitzen Nadeln stach oder auch handfest verprügelte. Selbst die geduldige Drusilla bekam eine schwere Silberschale an den Kopf geworfen, dass sie minutenlang benommen liegen blieb.
Pila begann Romelia zu fürchten. Ihre Wutausbrüche kamen wie der Blitz aus heiterem Himmel, wenn sie mit irgendeiner Kleinigkeit nicht zufrieden war. Und zufrieden war sie nie. Noch vor einiger Zeit wäre es für Pila undenkbar gewesen, sich den Launen einer Frau so auszusetzen. Aber mittlerweile war auch ihr zu Bewusstsein gekommen, dass sie keine andere Wahl hatte, wollte sie am Leben bleiben.
Zu Pilas Glück schien der Senator ganz das Gegenteil seiner Frau zu sein und er musste wohl so etwas wie Mitgefühl aufbringen, da er es gegen Romelia durchsetzte, Pila zu seiner Bedienung abzustellen.
Während er im Garten, im Schatten der Bäume, auf seiner Kline lag, ließ er sich von Pila Wein mischen und Obst reichen.
»Setz dich her«, forderte Valerius sie auf und zeigte auf den Boden. Pila hockte sich vor die Kline. »Ich mag es, wenn ich mich während meiner Ruhe der geistreichen Konversation hingeben kann«, sagte er. »Das kann Romelia natürlich auch, aber sie hat jetzt andere Dinge im Kopf. Viele meiner Sklaven sind gelehrt und kennen die Schrift, lesen Dramen der Griechen oder erzählen Possen. Erzähl mir von dir! Welcher Schrift bist du mächtig?«
»Keiner, Herr. Wir kennen keine Schrift, so wie die Römer. Es gibt Zeichen, die wir Runen nennen, aber sie dienen zu magischen Zwecken.«
Valerius nickte. »Das ist sehr interessant. Auch wenn ihr barbarische Wilde seid, so habt ihr doch wenigstens eure Götter. Ihr habt doch welche, oder?«
Pila nickte. »Ja, wir haben Götter, die wir verehren, wenn auch nicht in Tempeln aus Stein. Aber es gibt Orte, wo sie allgegenwärtig sind. Odin ist der oberste Gott, der auf dem achtbeinigen Hengst Sleipnir reitet. Er erweitert Macht und Wesen und wirft den Speer. Thor ist der Gott, der den Hammer schwingt. Er jagt mit einem Bocksgespann durch die Gewitterwolken und macht den Donner. Er ist sehr stark und gewaltig. Die Bauern lieben und fürchten ihn gleichsam. Doch Ziu schleudert den Blitz und führt die Kriege.«
»Eure Götter sind euch gleich«, bemerkte Valerius. »Sie spiegeln die germanische Unruhe wider, die Unstetigkeit, die Wanderlust, den aufbrausenden Zorn und das grübelnde Sinnen, das Verlangen nach mystischer Weissagung und dunklen Orakeln. Wie anders seid ihr doch als wir Römer. Euch fehlt die Kunst zu leben, zu lieben, die Freude an den schönen Dingen des Lebens. Dabei habt ihr doch auch schöne Dinge zu bieten. Schöne Mädchen wie dich zum Beispiel. Wie kann nur ein Mann dich ansehen und dich nicht begehren?« Er lachte.
Pila zuckte zusammen. Nachdem Drusilla ihr unverblümt gesagt hatte, dass Valerius sie ganz sicher begehren würde, wartete sie ängstlich auf den Moment, wo er sich ihrer habhaft machen würde. Doch Valerius ließ sich Zeit. Die geistige Kommunikation mit Pila schien ihm Vergnügen zu bereiten. Nach und nach vertraute Pila ihm etwas mehr, obwohl sie auf der Hut war. Es tat ihr gut, sich mit jemandem über ihre heimischen Götter zu unterhalten. Sie hatte sonst niemanden, der ihr Denken und Fühlen zumindest nachvollziehen konnte. Verstehen taten die Römer sie ohnehin nicht, zu unterschiedlich waren ihre Lebensauffassungen.
»Schade, dass ihr Germanen eure Götter nicht in Tempeln verehrt. Ich hätte mich im Senat dafür eingesetzt, dass für die germanischen Sklaven ein Tempel gebaut wird, wo sie ihre Götter verehren können.«
Pilas Augen weiteten sich. »Das würdest du tun, Herr?«, fragte sie. Im gleichen Moment erschrak sie. Hatte Drusilla ihr doch eindringlich klar gemacht, dass sie keine Fragen stellen durfte! Doch Valerius nahm keinen Anstoß daran.
»Ja, das würde ich tun. Und ich habe
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