Venus und ihr Krieger
trugen nur noch Lederschurze mit breitem Gürtel und Lederfesseln um die Handgelenke. Die Kämpfe erfolgten nun einzeln, die Gladiatoren aus Capua jeweils gegen die Sieger aus den Vorkämpfen. Claudius’ Gegner war ein Gladiator, der bereits entkräftet war und aus dem Vorkampf eine große Wunde an der Schulter aufwies. Pila rang verzweifelt die Hände. Auch wenn dieser Gladiator geschwächt war, so war er doch sehr tapfer und todesmutig und konnte Claudius sehr gefährlich werden.
Der Kampf blieb nicht lange unentschieden. Claudius trieb seinen entkräfteten Gegner durch die Arena.
»Schau, Claudius kämpft mit der linken Hand!« Valerius war aufgesprungen. Zwei Schwertstreiche streckten den Angreifer in den Sand. Claudius fragte nicht nach dem Urteil der Zuschauer, sondern setzte kaltblütig den Todesstoß. Danach warf er wütend sein Schwert in den Sand.
»Das ist kein Gegner für mich gewesen!«, rief er. »Willst du mich beleidigen, Valerius?«
Die Menge johlte und brüllte und zollte Claudius uneingeschränkten Beifall. Valerius lächelte huldvoll und winkte dem Gladiator.
»Du bekommst einen ebenbürtigen Gegner, Claudius, das bin ich dem Volk schuldig!« Und diesmal schrien die Massen für den Senator. Vier Sieger aus den Vorkämpfen fanden den Tod und ein Gladiator aus Capua. Und fünf Sieger standen im Oval des Circus.
Nach einer nochmaligen Pause, in der man die Toten heraustrug und der Sand wieder geglättet wurde, folgten die Endkämpfe. Diesmal kämpften die fünf Sieger gegen fünf kräftige Germanen. Es waren bärtige, muskulöse Wilde, die die Römer fast um Haupteslänge überragten. Claudius war noch der größte der römischen Gladiatoren, aber auch sein Gegner war ihm an Kraft und Größe überlegen.
»Odin hilf!« betete Pila, aber ihr war selbst nicht klar, für wen sie den Beistand des Gottes erflehte, für ihre Landsleute oder für Claudius. War das überhaupt der Claudius, der ihr die poetischen Worte ins Ohr geflüstert hatte, der ihr Herz zum Rasen und ihre Wangen zum Erröten brachte, dem sie im Überschwang ihrer Gefühle eine Strähne aus ihrem Haar geschenkt hatte? Mit einer Mischung aus Bewunderung und Abscheu starrte sie auf seinen bronzefarbenen, von Öl und Schweiß glänzenden Körper. Er kämpfte heldenhaft gegen den übermächtigen Germanen, doch Schritt für Schritt musste er zurückweichen. Bei einem Ausfallschritt seines Gegners schlitzte dieser Claudius die Haut am Bauch auf und ein breiter Blutstrom ergoss sich auf seinen Schurz. Die Zuschauer schrien entsetzt auf, gleichzeitig feuerten sie Claudius an. Doch langsam schien sich die Gunst der Zuschauer zu spalten. Viele hielten jetzt auf den Germanen, der sich laut brüllend und voll Todesverachtung auf Claudius stürzte und mit seinem Schwert auf ihn eindrosch. Es war keine Fechtkunst mehr, es war eine wüste Prügelei mit sicherem, tödlichem Ausgang. Die Waage neigte sich, doch nicht zu Gunsten von Claudius.
Aus Pilas Gesicht war alle Farbe gewichen. Seit sie in diese schreckliche Sklaverei geraten war, hatte es nur wenige glückliche Augenblicke in ihrem Leben gegeben und die hatte ihr Claudius beschert, Claudius mit den schönen dunkelblauen Augen und den zu Herzen gehenden Worten. Es war der gleiche Claudius, der so verächtlich seinen Gegner in den Tod geschickt hatte und nun selbst wahrscheinlich nur noch wenige Augenblicke zu leben hatte. Sie erhob sich und richtete ihren Blick auf ihn. Obwohl Claudius sich in einiger Entfernung von ihr befand, glaubte sie doch um seinen Hals das zarte Band aus ihrem Haar zu erkennen. Ihr Geist konzentrierte sich, sie rief die Mächte des Himmels und der Unterwelt an.
»Im Haar liegt die Macht, die dir Kraft verleiht. Die Seele des Wolfes dringt in dich ein. Dein Leib wird unverwundbar gegen Feuer und Eisen. Der Mensch in dir geht, der Wolf in dir kommt. Die große Wut nimmt von dir Besitz. Geh und verschone nichts, kämpfe als Berserker deinen größten Kampf!«
Bei diesen Worten hatte Pila die Arme erhoben. Aus ihrer Kehle erklang schaurig das Heulen eines Wolfes. Das Gesicht zum Himmel gewandt, die Augen geschlossen, vereinte sie die Kräfte der guten und bösen Geister, ließ die Seele des Wolfes in den Körper des Menschen wandern.
Und plötzlich richtete Claudius sich auf. Sein Gesicht verzerrte sich, Schaum stand ihm vor dem Mund. Er knirschte mit den Zähnen und rollte mit den Augen. Der Schrei, den er ausstieß, verunsicherte den übermächtigen Gegner. Wie ein
Weitere Kostenlose Bücher