Venus und ihr Krieger
plötzlich erwacht er aus seiner Raserei. Er steht da, völlig verstört, hebt das Schwert zum Gruß und bricht zusammen. Einfach so. Wie ein Baum, der vom Blitz gefällt wird. So still war es noch nie in einer voll besetzten Arena.«
»Er brach zusammen?«
»Sagte ich doch. Du hörst mir gar nicht zu. Also, so etwas habe ich noch nicht erlebt und Rom auch nicht. Selbst Valerius ist aus seiner Loge gesprungen. Dann haben sie Claudius mit kaltem Wasser begossen und Lentulus war natürlich sehr besorgt um ihn.«
»Und wo ist Claudius jetzt?«
»Keine Ahnung. Sicher in seinem Quartier gleich neben dem Circus. Die Gladiatoren wohnen dort in diesen Kasernen. Lentulus wird ihn schon wieder auf die Beine bringen.«
»Ich kann es«, flüsterte Pila entsetzt. »Bei Odin, ich kann die Geister der Unterwelt beschwören.«
»Was redest du da für einen Unsinn, Pila? Du bist wirklich noch durcheinander. Bleib liegen und ruh dich aus! Ich bringe dir nachher etwas Kohlsaft mit, das hilft gegen deinen verwirrten Geist.«
»Ich habe es getan, oh, ich habe es getan! Ich habe ihm die Seele des Wolfes geschickt!« Wieder schlug sie die Hände vor das Gesicht.
Drusilla erhob sich kopfschüttelnd und verließ die Kammer. Was war bloß in die kühle und sonst so starke Pila gefahren? Nicht nur, dass es große Aufregung um Claudius gab. Als Valerius zurück in seine Loge gegangen war, hatte er Pila entdeckt, die wie leblos in einer Ecke lag. Sklaven mussten sie nach Hause tragen, weil sie nicht aus ihrer Ohnmacht erwachte.
Valerius indes war mehr als zufrieden mit dem Ausgang der Spiele. Nicht nur, dass er die kostspieligsten und prächtigsten Spiele seit Menschengedenken in Rom ausgerichtet hatte, die dem Volk noch lange in Erinnerung bleiben würden. Das seltsame Finale sorgte für tagelangen Gesprächsstoff und war Anlass zu den wildesten Spekulationen und Gerüchten.
Dass die zarte Pila dabei in Ohnmacht gefallen war, erschien ihm nur zu verständlich. Doch in seiner Großmut nahm er es seiner Lieblingssklavin nicht übel und ließ sogar einen Bader kommen, um Pila untersuchen zu lassen. Der stellte eine sehr heftige Gemütsbewegung fest, die zu einer zeitweiligen Ohnmacht geführt hatte. Ansonsten habe die Sklavin eine erstaunlich gute Kondition.
Valerius war beruhigt und überließ Drusilla die weitere Pflege. Nicht so Romelia. In ihr wuchs der Groll gegen Pila. Bei den von ihrem Gatten finanzierten Spielen hatte sie im Mittelpunkt stehen wollen. Sie war eine Frau der Gesellschaft, sie musste repräsentieren und sie genoss es, sich vom Volk bewundern zu lassen. Dafür war ihr jedes Mittel recht, und unter normalen Umständen hatte sie auch freie Hand dafür. Sie konnte sich einen ausschweifenden Luxus an Kleidung und Schmuck leisten, sie besaß die kostbarsten und exotischsten Duftwässer und Salben, Gewürze und Blumen und ihre Schönheit schien dank ausgiebiger kosmetischer Pflege zeitlos.
Auf die Spiele hatte sie sich intensiv vorbereitet und weder Kosten noch Mühe gescheut – und da verbot ihr Valerius, Pilas Haar abzuschneiden, damit Romelia sich eine Perücke fertigen lassen konnte! Mit Ingrimm dachte Romelia an den Nachmittag im Garten, als Valerius ihr völlig aufgebracht untersagt hatte, Hand an Pila zu legen. Doch ihr Hass richtete sich nicht gegen Valerius, sondern gegen Pila. Was hatte diese hinterhältige Sklavin getan, dass Valerius plötzlich so von ihr angetan war? Keinesfalls war sie seine Bettgespielin, das wusste Romelia genau. Es stand Romelia nicht zu, ihren Gatten zu kontrollieren, mit wem er das Bett teilte. Es interessierte sie auch nicht, solange dadurch der häusliche Friede nicht gestört wurde. Valerius hatte vier prächtige Kinder, auf die er stolz war und die er rührend umsorgte. Er teilte das Bett nur noch selten mit Romelia und es war Romelia meist recht, dass er sie in Ruhe ließ. Durch ihre Sklaven wusste sie genau, wer gerade unter Valerius’ Decke kroch. Meist waren es gut bezahlte amicas oder griechische Hetären, die er sich kommen ließ. Ab und zu besuchte er ein Lupanar der gehobenen Kategorie, um sich mit den meretrices , den käuflichen Frauen, zu vergnügen. All das diente seiner Entspannung und Zerstreuung und letztlich seiner Ausgeglichenheit und Gesundheit.
Doch mit Pila schienen die Dinge etwas anders zu liegen. Aus sicherer Quelle wusste Romelia, dass Pila sich noch nie einem Mann hingegeben hatte und auch Valerius sich diesbezüglich zurückhielt. Trotzdem kaufte er ihr
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