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Venus

Venus

Titel: Venus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Buschheuer
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prüfend seine Handfläche zu betrachten, dort die Vorhänge auf- und zuzuziehen, als hätte sie geschludert. Sie kann ihn nicht leiden.
    Nachmittags muss Bliss Swami aus dem Mönchstrakt ausziehen. Er muss seine Kutte abgeben. Er ist gefallen, unrein geworden, er ist kein Mönch mehr, er ist ein Kotzefresser, hat es nicht geschafft, hat sich von einer Frau um den Finger wickeln lassen. Das spricht natürlich keiner aus. Aber es steht unweigerlich in der Luft. Venus beschließt, das Thema Baula samt Detailfragen vorerst zu umgehen. Er hat es schwer genug. Abends gehen sie spazieren, züchtig nebeneinander, ohne Berührung. Venus fühlt sich wie eine Verlobte im 19. Jahrhundert.Wie der Bliss Swami sich fühlt, wissen wir nicht. Jedenfalls will er keine Umarmung, keinen Kuss.
    Zurück im Goldbrokatzimmer, beklagt sich Venus bei Mau. »Ich bin im Begriff, einen Heiligen zu heiraten.«
    Mau sagt nichts. Er steht mit dem Rücken zu ihr. Sie kann sein Gesicht nicht sehen. Sie sieht nur seine mächtigen Schultern, seine schweren samtbraunen Oberarme im ärmellosen Shirt. Die Haare hat er zu einem straffen schwarzen Dutt gebunden. Er sieht aus wie ein Sumo-Ringer. Sein breiter Rücken wackelt. Als sie um ihn herumgeht, sieht sie, dass er lacht.
    »Was ist so lustig daran?«, fragt sie.
    »Entschuldige«, japst er, »entschuldige, aber ich fürchte, hier liegt ein Irrtum vor.«
    Sie hört ihn, aber sie versteht ihn nicht. Die Liebe hat ihre Ohren verstöpselt.
    »Wie meinst du das? Der Bliss Swami ist ein Mönch. Wir werden eine enthaltsame Ehe führen, so wie Toga und Maria Magdalena.«
    Mau kann kaum noch an sich halten. »Girl, ich finde, jemand sollte dir die Augen öffnen, bevor du unseren heiligen Mönch heiratest.«
    »Wieso? Was ist los?«
    Er hält sich den prustenden Mund zu. In letzter Zeit fühlt er sich von höherer Stelle zur Verschwiegenheit berufen. Ein Los, das selbst für seine breiten Schultern zu schwer ist. Er ziert sich ein wenig, der Form halber.
    »Ich finde nicht, dass ich dieser Jemand sein sollte.«
    Nach der guten und erlösenden Erfahrung der Prügelei mit Baula hat Venus den Hang zur Körperlichkeit. Sie greift nach Maus Shirt und zerrt an dessen Stoff. Das scheint ihre neue Hauptbeschäftigung zu sein, sie verteidigtihren zukünftigen Mann. Der Bliss Swami ist eine durch und durch respektable Persönlichkeit, ein Mönch, ein Weiser, ein Yogi, ein Heiliger, denkt unsere Venus, es kann nicht stimmen, was die Lästerzungen über ihn sagen.
    »Hör mal zu, du blöde Tucke. Du sagst mir sofort, was Sache ist.«
    Toga betritt den Raum. »Ich denke nicht, dass euer Tonfall der geeignete ist für einen heiligen Ort wie diesen«, säuselt er. »Ebenso die Lautstärke.«
    Venus stürzt hinaus. Die Schonzeit ist vorüber. Sie findet den Bliss Swami in seinem neuen Zimmer im dritten Stock, er richtet sich ein mit langsamen, bedächtigen, in sich ruhenden Bewegungen. Es dauert lange, bis er seine spärliche Habe verteilt hat: ein kleiner Stapel Kleidung, ein schmaler abgewirtschafteter Futon, die Vedischen Schriften in Gestalt dicker und zerlesener Wälzer mit unzähligen Buchzeichen und Vermerken. Er scheint nicht erstaunt zu sein, dass sie mit ihm sprechen will. Er ist in Zivil, ein Anblick, der immer noch gemischte Gefühle in ihr auslöst. Er hat einen Teil seiner mönchischen Würde verloren, aber er ist nun auch besser zu erreichen. Er trägt die am East River gefundenen Elefantenjeans, der Kuttenstrick fungiert als Gürtel, und ein verschlissenes T-Shirt mit Fleckrändern von gelber Hindupampe auf dem Bauch.
    »Ich muss dich sprechen«, sagt sie, »allein.«
    Er nickt. Er wischt sich die Hände an der Hose ab, als seien sie feucht oder schmutzig. Die Stunde der Wahrheit ist gekommen. Seine Arme baumeln fast noch hilfloser, bis er auf die Idee kommt, die Hände in die Hosentaschen zu stopfen. Sie laufen zum Tompkins Square Park. Sie will es langsam angehen.
    »Hast du … immer im Zölibat gelebt?«
    Er schmunzelt. »Nein. Ich habe als Mönch … gewisse Rückschläge erlebt.«
    Ihr wird übel. »Was für Rückschläge?«
    »Rückschläge«, wiederholt Bliss Swami gemütvollheiter. »Ich sollte als Mönch vollkommen ohne Anhaftung sein. Aber ich bin es nicht. Ich spüre manchmal Lust. Jede Frau kann Phantasien erzeugen. Es gibt nur eine Frau, aber sie hat unterschiedliche Gesichter.«
    »Danke, dass du mir das Gefühl gibst, jemand Besonderes zu sein!«
    Sie schweigen. Er versucht, ihre Hand zu nehmen,

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