Venus
gemeingefährlich!«
»Ach, ja? Bist du deswegen eifersüchtig? Kümmer dich doch um deinen eigenen Mann!«
Baula faucht, gedemütigt, da Venus Arjuna, diesen zottelköpfigen Voodoo-Tropf, als Argument ins Feld führt.
»Dein feiner Swami hat mich vergewaltigt. Vergewaltigt hat der mich. Gemeingefährlich ist er!«
Das ist ja ekelhaft, denkt Venus. Das ist ja ein Albtraum.
»Pah«, flüstert sie kalt, »mein Verlobter ist viel zu geschmackvoll, um dich Glöckner auch nur in Betracht zu ziehen.«
»Bitch!«
»Schlampe!«
»Steakmessermodel!«
Für eine Schrecksekunde erstarrt unsere Venus. Baula nutzt dies, um ihr den Zeigefinger in die Stirn zu bohren, ihr scharfer roter Plastik-Fingernagel schneidet wie eine Laubsäge in die Haut. Venus stemmt sich gegen den Druck, wird aber wie eine Feder nach hinten gebogen und muss unverhofft in den Ausfallschritt. Der Worte sind genug gewechselt. Mit einer Armbewegung befreit sie sich von Baulas Finger und platziert zu ihrem eigenen Schreck eine Ohrfeige im unausgeglichenen Gesicht der Herausforderin. Es klatscht gewaltig. Baula brüllt wie eine Löwin. Sie holt mit der Faust aus und zielt auf Venus’ Gesicht. Diese zieht den Kopf ein. Die Faust landet in der Luft und Baula wird um die eigene Achse geschleudert. Eine Gelegenheit, die Venus nutzt, um Baula in den Hintern zu treten. Baulas Rocknaht platzt wie eine Wurstpelle aus Kunstdarm. Die fauchende Riesin rafft sich auf und rennt Venus um. Sie packt sie mit beiden Händen an der Kehle und würgt sie. Die Mohnblumen sind längst wieder am Hals unserer Heldin gewachsen, sie wachsen ungesehen unter den Händen von Baula. Das Körpergewicht der Gegnerin macht Venus kurzatmig. Es gelingt ihr, eine der würgenden Hände zu lösen und hineinzubeißen.
Toga, der in der Tür steht, fühlt sich für den Bruchteil einer Sekunde an seine ehemalige Lieblingsserie erinnert, den Denver-Clan , an eine der Schlammschlachten von Krystle und Alexis Carrington. Es waren genau diese Catfights, die er mit in seine feuchten Träume nahm, damals, als er noch in der Dunkelheit lebte. Es war abwechselnd die blonde blauäugige Krystle mit den breiten Schultern und dem unschuldig bebenden Busen oder die dunkle und grundböse Alexis gewesen, die ihn anzog und zur Vorlage seiner Phantasien wurde, zuweilen waren es beide gleichzeitig. Er schüttelt die Erinnerung ab wie einen tollen Floh, trennt scheinbar mühelos, kraft seiner Autorität als Tempelpräsident und oberster Glücklicher Sklave, die balgenden Weiber, erschlägt eine Kakerlake, springt in den Liegestütz und hebt eine Wollmaus auf, alles in einer Bewegung.
Das Frühstück verläuft in angespannter Atmosphäre.
»Sie hat ernsthafte psychische Probleme«, sagt Bliss Swami, während ihm Pampelmusensaft vom Kinn tropft. Venus, die eine seltsam vertraute Befriedigung in den Nachwehen des Kampfes verspürt, sucht nach Anzeichen von Schuld unter den Schilfbrauen ihres mehr fressenden als essenden Verlobten. Und der Stiefeltruthahn? Plustert er sich bereits im nächstbesten Polizeirevier auf?
Allgemeine Gereiztheit liegt in der Luft. Toga, der Baula aus dem Haus expediert hat, robbt schrubbend durchs Goldbrokatzimmer. Er hat Venus, da sie keine sichtbaren Blessuren davongetragen hat, gebeten, am Vormittag Gästezimmer zu putzen und herzurichten. Sie macht sich gleich nach dem Frühstück an die Arbeit, hält sich exakt an seine Anweisungen, leert die Papierkörbe,fegt und wischt die Zimmer aus, der innere Nachhall der gewaltsamen Auseinandersetzung kommt ihr dabei zugute. Das abgezogene Laken, das sie um ihr Handgelenk wickelt, ist Baulas Haarschopf. Der Lappen, den sie auswringt, ist Baulas Hals. Die Kakerlake, die sie zu Brei zertritt, ist Baula selbst.
Bliss Swami entkommt ihr über der Putzerei. Er hat sich davongestohlen. Oder er musste weg. Natürlich wird sie ihn bei nächster Gelegenheit dazu befragen. Obwohl es vollkommen unhaltbar ist, was der Stiefeltruthahn erzählt hat. Undenkbar. An den Haaren herbeigezogen. Sie wickelt das Laken fester um ihr Handgelenk. Verleumdungen. Lügen. Schmutz. Vermutlich hat er Baula verschmäht, abgewiesen und damit ihre Rachsucht erweckt.
Ihre Aufgeregtheit will sich nicht legen. Toga, der mittags ihre Arbeit prüft, bringt sie erst richtig in Rage. Er hat diese ärgerliche Art, hektisch umherzulaufen, hier ein Kissen ein Stück nach links zu schieben, hier den Papierkorb einen Millimeter nach rechts, hier über den Nachttisch zu wischen und
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