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Venus

Venus

Titel: Venus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Buschheuer
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Erinnerung zurückruft, sein besoffenes Gelalle, seine Obszönitäten, seinen Bierdunst. Vielleicht will er einfach nicht dabei sein, wenn unsere Verlobung bekannt gegeben wird, denkt sie. Venus kann es gar nicht fassen, als das Wort »Verlobung« in ihrem verschlafenen Bewusstsein ankommt, sie muss ihren Ring berühren, um sich von der Richtigkeit zu überzeugen, heute wird Bliss Swami ihre Verlobung bekannt geben.
    Es ist morgens, fünf Minuten vor acht, als unser gefallener Mönch das Wort ergreift. Venus, die mit ihren vor Aufregung feuchten Händen Flecken aufs von Toga blank gewienerte Parkett des Regenbogensaals macht, sitzt da mit verkatertem gesenktem Kopf, ihm schräg gegenüber, auf der anderen Seite des Raumes. Sie hat nur zwei Stunden geschlafen. Sie hat sich dreimal die Zähne geputzt, geduscht, die Haare gewaschen, um auch nur jede Ahnung von Kneipendunst und Regelbruch abzuwaschen.
    Das war mein Junggesellenabend, denkt sie. Jetzt ist es so weit. Jetzt ist es zu spät, denkt sie. Jetzt kann ich nicht mehr zurück. Jetzt werde ich bald raschelnde, bodenlange Röcke und Kopftücher tragen, werde Nichtraucher, Nichttrinker, Nonne, Wasimmer. Auch der Bliss Swami ist nervös. Und dann drängeln sich auch noch andere vor, die auch was bekannt zu geben oder zu fragen haben.
    Kuki beklagt eine kaputte Klospülung. Mau will über die Arbeitsteilung in Vorbereitung eines Hindu-Festes sprechen, er erklärt, er sei nicht in der Stimmung, für dieses Fest Kuchen zu backen, und jetzt nimmt auch derLetzte im Raum wahr, dass er seine Kriegsbemalung trägt. Zum Schluss regt Toga an, Bringfriede in der Nervenklinik zu besuchen. Als alle Stimmen verklingen, als Toga letztmals fragend in die Runde blickt, wobei er seinen Hals bewegt wie eine Schildkröte, räuspert sich Bliss Swami, und unsere Heldin ist umgehend der Ohnmacht nahe. Die im Regenbogensaal vorherrschende Unaufmerksamkeit löst sich umgehend auf, da der Swami selten das Wort verlangt.
    »Ähm … ich möchte euch allen Venus vorstellen«, sagt der Bliss Swami schließlich heiser. »Ähm … die meisten von euch kennen sie ja schon.«
    Alle starren Venus an, die den Kopf gesenkt hält. Alle wenden sich ihr zu im vollen Bewusstsein, einer extrem interessanten Nachricht entgegenzusehen. Und da ist sie auch schon, leicht verdruckst, dennoch wie Donnerhall:
    »Ähm … wir werden heiraten.«
    Toga lässt ein erschrecktes Stößchen Luft, faltet die Hände, rollt die Augen nach oben weg und fängt halb laut an zu beten. Fast hat Venus Angst, er könnte lang hinschlagen und auslaufen wie ein rohes Ei. Ansonsten herrscht einen kurzen Moment lang Totenstille, niemand scheint zu atmen. Dann beginnt der Tumult.
    »Ich hab’s gewusst! Ich hab’s gewusst!«, ruft Arjuna. Kuki kommt mit Klingelfüßen auf Venus zu, umarmt sie und legt ihr eine Rosengirlande um.
    »Du wolltest ihn nicht, jetzt nehm’ ich ihn«, flüstert Venus.
    Kuki nimmt Venus’ Gesicht in trockene aschig-dunkle Hände und küsst ihre Wangen. Mau trommelt, theatralisch jauchzend, einen Tusch auf den Bongos. Die Kriegsbemalung gibt Anlass dazu, dass die Aufrichtigkeitdieser Meinungsbekundung anzuzweifeln ist. Der Derwisch kichert und bewegt schaukelnd die Hüften vor und zurück, vor und zurück. Baula, der Stiefeltruthahn, springt auf, läuft auf knallenden nackten Hacken hinaus und knallt die Tür zu. Venus zögert einen Moment, steht dann auf und läuft Baula nach, von dem Bliss Swami mit einem sorgenvollen Blick verfolgt. Da läuft sie, meine Ehe, denkt er. Da läuft es, mein Glück. Nun ist alles aus.
    Sie stellt Baula in dem kleinen Vorzimmer vor dem weißen dilettantisch gezimmerten Holzregal, wie sie mit scharfem Rrrratsch die Reißverschlüsse ihrer spitzen Stiefel schließt. Sie hebt den Kopf und sieht Venus an, mit ihrem verqueren Augenpegel, ein Auge nach oben, eines nach unten gerichtet. Ihre Gesichtsmuskulatur ist verspannt, sie atmet heftig durch die Nase ein wie jemand, dessen Mund geknebelt ist oder von teuflischen Mächten zugehalten wird. Die beiden Konkurrentinnen, deren Gegensatz nicht größer sein könnte, mustern sich beredt, von Kopf bis Fuß, Venus mit aller Geringschätzung, die sie aufbieten kann, Baula mit allem ihr zur Verfügung stehenden Niveau. Die Ausbeute ist eher bescheiden.
    »Gibt es ein Problem?«, fragt Venus, die ihren Herzschlag hört.
    »Ein Problem?«, höhnt Baula. »Und ob es ein Problem gibt! Dieser Mann, dein frommer Bräutigam, der ist

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