Venusblut - Schreiner, J: Venusblut
unkontrollierbar, wurde hin und her geworfen, baute sich immer weiter auf und fand keinen Ausweg. Maeve schrie leise, als die erste kleine Welle aufschäumend brach und sich die Lust doch immer weiter steigerte. Gischt brodelte in ihren Adern, spannte ihre Muskeln und schließlich, in einem herrlich atemlosen Moment, befand sie sich im Auge des Sturmes. Ruhig und friedlich.
Im nächsten Augenblick schlugen Wind und Wellen über ihr zusammen, ihr G-Punkt explodierte in einer flutartigen Eruption, die Feuchtigkeit zwischen ihren Schenkeln benetzte ihn und sie in einem Lustgespinst. Sie konnte ihre eigenen animalischen Schreie hören, wie Möwenlaute, fremd und orgiastisch, bevor die zweite Welle sie fand und ihr Innerstes nach oben spülte.
Noch als sie endlich begriff – begriff, dass sie wach und er tot war – hörte sie sich selbst immer wieder seinen Namen rufen.
17
Judith erwachte mit derselben klaren Wut, die sie schon in ihren Träumen begleitet hatte.
Eine Wut, geschürt von Selbstmitleid, Vorwürfen und einer Melancholie, die sie sich einfach nicht erklären konnte. Sie hatte mit ihm geschlafen und er hatte sie beleidigt und war gegangen. Na und? Sie hatte sich immer einen One-Night-Stand als Entjungferung gewünscht. Jemand, der geschickt war, gut aussehend und der danach ging, ohne dass er eine tiefere emotionale Bedeutung hatte und ihr das Herz brechen konnte.
Soweit der Plan.
Sie hasste Joel.
Sie liebte ihn.
Beide Emotionen, so widersprüchlich sie auch waren, brachen ihr das Herz. Sie hatte den perfekten Liebhaber gehabt. Jemanden, der ihr exakt gab, was sie sich wünschte, wie sie es sich wünschte und wann sie es sich wünschte – und dann hatte er alles, was sie gemeinsam getan hatten, degradiert und einen Schwur geleistet, wie er herzloser nicht sein konnte.
Sie schlug ihre Augen auf. Bisher hatte sie nicht gewusst, dass ein One-Night-Stand genügte, um einer Frau das Herz zu brechen. Statt den Tränen nachzugeben schlug sie zornig gegen die Matratze. Für ihn war sie nichts, niemand – und das hatte er ihr deutlich zu verstehen gegeben. Der Vampir hatte sich an ihren Vater rächen wollen – und sie war bloßes Mittel zum Zweck.
Ein plötzliches Geräusch ließ sie stutzen.
Unmöglich!
Judith sah sich um. Immer noch dasselbe Zimmer, welches sie beim letzen Erwachen vorgefunden hatte – nur nicht mehr verwüstet. Sie warf einen Blick zu den Fotos über ihrem Bett. Der Anblick gab ihr neue Kraft und neuen Mut, erinnerte sie aber auch daran, was sie unbedingt für sich behalten musste.
Und dann hörte sie es erneut. Und es war kein Irrtum mehr möglich: Möwenkreischen.
Unentschlossen verharrte sie im Bett, bevor sie eine Entscheidung fällte und hastig aus dem Bett sprang, um nackt zum Fenster zu eilen. Das Rollo öffnend, versuchte sie sich gegen jeden nur denkbar möglichen Anblick zu wappnen.
Der Strand überwältigte sie trotzdem. Ihr Zimmer stand mitten an einem einsamen, menschenleeren Strand. Das Meer rollte in mehr oder weniger gleichmäßigen Wellen heran, brach in einer weißen Schaumkrone und glitt über den Sand, bevor es wieder zurückkehrte in die kälteren Tiefen.
Mit zwei langen Sätzen war Judith bei ihrer Tür und riss sie auf. Beinahe erwartete sie dahinter eine kahle Mauer zu finden, doch schon die Temperatur zeigte ihr, dass es kein Traum war, keine Einbildung. Hinter ihrer schlichten Zimmertür wartete eine neue Welt auf sie und blendete sie mit sonnenartiger Helligkeit.
Judith konnte spüren, wie ihr das Herz vor Aufregung bis zum Halse klopfte, als sie ihre Augen mit der rechten Hand abschirmte und ihre Umgebung betrachtete. Warm und real und doch surrealistisch. Sie konnte sogar das Ende des Meeres sehen, das Ende ihrer eigenen, kleinen Welt. Es gab keine Möwe, nur die Geräusche. Keine Gezeiten, nur die Wellen.
Vorsichtig und nachdenklich streckte sie den Fuß aus der Tür und senkte ihn langsam in den Sand. Warm von der Sonne, die gar nicht vorhanden war, und eindeutig weicher Sand. Sie war sich sicher, er würde um die Mittagszeit unerträglich heiß werden. Heiß genug, um eine kühle Erfrischung im Meer zu rechtfertigen. Sie ließ sich zu Boden gleiten und setzte sich in an den Türrahmen. Zwischen eine Welt, die ihrem bisherigen Leben nachempfunden war und einem Traum, den sie nur aus Reisekatalogen kannte und endlich konnte sie die Tränen nicht mehr zurückhalten. Sämtliche aufgestauten Gefühle brachen aus ihr hervor: die Ungerechtigkeit, mit
Weitere Kostenlose Bücher