Venusblut - Schreiner, J: Venusblut
wirklich würde hören können
. – Und selbst wenn, würde er sie ignorieren. Denn eines hatte der unwiderstehliche Vampir deutlich gemacht: Dass er sie nicht wollte und nicht wiederkehren würde.
Als sie erneut den Halt auf dem ansteigenden, rutschigen Untergrund verlor, fluchte sie leise. Tropen treffen auf Skiparadies – eine Zusammenstellung, die einer Überarbeitung bedurfte!
18
Hasdrubal erwachte von einem markerschütternden Schrei. Der Laut zerriss die Dunkelheit des Tages ebenso wie den traumlosen Schlaf, der ihn in seinen erholsamen Klauen gehalten hatte. Einen Moment lang orientierungslos, gellten ein zweiter und dritter Ruf in seinen Ohren, bevor er seinen Ursprung ausmachen konnte. Maeve!
Er griff nach der Vampirkönigin, doch sie war immer noch erstarrt, immer noch leichenkalt und schien zu schlafen. Er schüttelte sie leicht, doch sie schien ihn nicht zu bemerken. Als sie zu einem weiteren Ruf ansetzte, hielt er ihr den Mund zu und hob ihren Oberkörper an, um sie zum Erwachen zu zwingen.
»Maeve?!«
Obwohl er ihren Namen nur geflüstert hatte, schien er sich in den Steinen wie ein Echo fortzusetzen und ihn in seiner leisen Sanftheit zu verhöhnen. Sein Wort vermischte sich mit ihrem und schwoll in seinem Gewissen zu einer kakophonischen Lautstärke an. Ungewollt wurde sein Schütteln unsanft.
Ihr Stoß gegen die Brust traf ihn unvorbereitet und katapultierte ihn rückwärts gegen die Steine. Zu seinem Glück war sie noch schlaftrunken gewesen und ihre Reaktion mehr ein Reflex auf einen schlechten Traum, als auf einen vermuteten Angriff.
Als er sich mühsam aufrappelte, stand sie schon an seiner Seite und machte Anstalten ihm zu helfen. Sie wirkte so schön und unnahbar wie eh und je.
»Verzeih, Hasdrubal!« Obwohl ihre Stimme melodisch klang, schwang ein Hauch Melancholie in ihm mit. »Du hast mich geweckt.«
Es kostete ihn Überwindungskraft, die Hand zu nehmen, die sie ihm reichte, und sich helfen zu lassen, obwohl er keine Hilfe benötigte.
»Wovon hast du geträumt?«
Trotz der Dunkelheit glaubte er, so etwas wie Schuldbewusstsein über ihrhübsches Gesicht flackern zu sehen, doch dann hatte sie sich wieder im Griff und kein Gefühl war mehr auf ihrem Antlitz zu sehen.
»Es spielt keine Rolle«, meinte sie.
Eine Lüge, die wie ein schlechter Geruch zwischen ihnen stand.
»Für mich schon.« Hasdrubal gab sich Mühe, nicht zu harsch oder zu fordernd zu klingen.
»Für mich nicht.« Eine weitere Lüge.
Hasdrubal war nicht länger bereit, sie zu akzeptieren. Nach all den Jahren – Jahrhunderten! – hatte er nun Gelegenheit, die Wahrheit zu erfahren und hinter Maeves Fassade zu blicken. Und dann … selbst wenn das Schicksal aller Vampire von ihr abhängig war, konnte nur noch Gott ihr helfen … Er ballte die Hände entschlossen zu Fäusten.
»Du hast nach Julius gerufen.«
Maeve verschränkte trotzig die Arme.
»Also?« Hasdrubal lehnte sich zurück und schloss die Augen. Seinetwegen konnten sie noch den gesamten Tag zusammenstehen und auf ihre Antwort warten – und danach die gesamte Nacht.
Als er hörte, wie sich Maeve bewegte, öffnete er die Augen und stieß einen unflätigen Fluch aus. Sie lag am Boden und war eingeschlafen. Wirklich und wahrhaftig wieder eingeschlafen.
19
»Später« war im Prinzip genau jetzt, doch Joel zögerte.
Dieses Mal nicht so sehr wegen Judith und dem Gedanken daran, sie an Xylos zu verlieren, sondern weil er die Rebellen spüren konnte. Immer noch hatten sie in der Nähe Aufstellung bezogen, lauerten in einem großflächigen Kreis darauf, dass er sein Versteck verließ und immer noch hielt ihn eine unbekannte Macht – vielleicht ein unbekannter alter Vampir – davon ab, Hilfe zu rufen.
Er warf einen prüfenden Blick in den Spiegel und ignorierte das Telefon, das sich direkt darunter auf der Kommode befand. Okay, er hatte sich selbst bei einer stümperhaften Ausrede erwischt; selbstverständlich könnte er das Telefon benutzen. Aber das hieße Judith aufgeben … Er grinste seinem Spiegelbild zu. Merkwürdig, dass ihm keine lange Pinocchio-Nase wuchs.
Mit dem sicheren Gefühl, nicht nur seiner eigenen Lüge beinahe aufgesessen zu sein, sondern auch etwas übersehen zu haben, prüfte Joel Magnus’ Sicherheitskreis. Nichts. Kein anderer Vampir hatte sich Zutritt verschafft. Und die Wohnung war menschenleer. Aber woher kam dann diese bohrende Beunruhigung? Joel kehrte ins Wohnzimmer zurück, blieb stehen und ließ seinen nachdenklichen
Weitere Kostenlose Bücher