Venuskuss
Pascha ihr zu und beugte sich nach westlicher Sitte über ihre Hand.
„Lady Dexter, welche Überraschung.“
Aus den Augenwinkeln sah Serena, dass Kates Kopf hochruckte. So viel dazu, dass der Mann kein Englisch sprach. Er sprach es nicht nur, er kannte sogar ihren Namen. Sie entschied sich zu einem nonchalanten Lächeln, während der Pascha ohne den Blick von ihr zu wenden, sagte: „Leila, du darfst dich erheben.“
„Sie heißt Kate, nicht Leila“, berichtigte Serena kühl. „Ich habe übrigens von Ihrem verachtenswerten Handel erfahren, Mr. al-Zafar.“
„Für mich ist und bleibt sie Leila. Englische Namen kommen mir so schwer von den Lippen.“
Bemerkenswert sinnliche Lippen, dachte Serena. Der ganze Mann verfügte über eine geradezu magische Anziehungskraft, die so stark war, dass es Serena schwer fiel, sich auf den Grund ihrer Anwesenheit zu konzentrieren. Er hielt noch immer ihre Hand und machte keine Anstalten, sie loszulassen. Da sie keine Handschuhe trug, spürte sie die Wärme und die Kraft, die sich hinter dem sanften Druck seiner Finger verbarg. Ein Schauer lief über ihre Haut und brachte die feinen Härchen dazu, sich aufzurichten. Entgegen aller Anstandsregeln zog sie ihre Hand nicht weg.
„Was kann ich für Sie tun, Lady Dexter? Leila und ich haben ein Arrangement getroffen, wie Sie ganz richtig bemerkten, und ich gedenke, es mit einem fürstlichen Dinner zu feiern.“ Er öffnete seine Hand, aber Serena zog ihre noch immer nicht weg. „Oder haben Sie einen anderen Vorschlag?“ Die Stimme des Paschas klang so tief und rauchig, als käme sie direkt aus der Hölle. Einer Hölle mit Wänden aus purpurnem Samt. Der leichte Akzent vertiefte die verborgene Botschaft seiner Worte.
Serena zögerte. Hitze durchflutete ihren Körper und machte ihn schwer, im Gegensatz zu ihrem Kopf, der sich wie leer gefegt anfühlte. Bis auf einen einzelnen, verrückten, atemberaubenden Gedanken. Sie reckte das Kinn. „Den habe ich, Mr. al-Zafar. Kate erzählte mir, Sie wollen eine Frau, die – wie war das noch – freiwillig und freudig zu Ihnen kommt. Ist das richtig?“
Der Pascha neigte leicht den Kopf.
„Sie wissen bestimmt, dass Kate und Justin Grenville in eine leidenschaftliche Affäre verstrickt sind. Demnach wird sie weder freiwillig noch freudig an Ihre Seite eilen. Sie wird es tun, weil sie Ihnen ihr Wort gegeben hat und weil sie alles tun würde, um Justin Grenvilles Leben zu retten.“
Der Pascha verschränkte die Arme vor der Brust. „Was erwarten Sie von mir, Lady Dexter? Dass ich Leila gehen lasse und einmal mehr …“ Er warf Kate einen Blick zu, den Serena nicht zu deuten wusste. „… meine Großherzigkeit beweise?“
Serena sah den Pascha unverwandt und ohne mit der Wimper zu zucken an. „Ja, das erwarte ich. Denn ein Mann von Ihrem Format hat es nicht nötig, eine Frau gegen ihren Willen gefügig zu machen.“
Der Pascha hob die dunklen Brauen. „Leila hat vor Ihnen offensichtlich keine Geheimnisse.“
„Nein. Sonst wäre ich nicht hier und würde Ihnen einen Handel vorschlagen.“ Serena kämpfte die letzte Unsicherheit nieder und machte eine wohlberechnete Pause, um die Wirkung ihrer Worte zu steigern. „Sie lassen Kate gehen und bekommen dafür eine Frau, die mehr als freudig und willig zu Ihnen kommt.“
„Serena, um Gottes willen, halt den Mund!“, schrie Kate entsetzt. „Du hast keine Ahnung, wovon du sprichst.“
Der Pascha stand noch immer unbeweglich vor Serena. Als er zu sprechen begann, wusste sie, dass sie gewonnen hatte. Sie hatte sich das Interesse des Mannes nicht eingebildet. Er war ebenso bestrebt herauszufinden, was die Schwingungen zwischen ihnen bedeuteten wie sie selbst. „Warum sollte eine britische Lady sich in die Gewalt eines orientalischen Barbaren begeben? Und das auch noch freudig und freiwillig, wie Sie es zu nennen belieben?“
Serena hielt der Musterung ruhig und offen stand. „Weil diese britische Lady begierig ist herauszufinden, was es mit orientalischen Barbaren auf sich hat. Ob sie tatsächlich halten, was sie mit ihren Augen versprechen.“
Der Pascha blickte Serena an, dann warf er den Kopf in den Nacken und begann zu lachen. „Lady Dexter, ich frage mich gerade, ob Sie wirklich so unverfroren sind, wie Sie mich glauben machen wollen.“ Seine Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen, und der letzte Rest Heiterkeit wich aus seiner Stimme. „Oder ob Sie nur die Haut Ihrer Freundin retten und sich dann mit einer
Weitere Kostenlose Bücher