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Vera Lichte 01 - Tod eines Klavierspielers

Vera Lichte 01 - Tod eines Klavierspielers

Titel: Vera Lichte 01 - Tod eines Klavierspielers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Korn
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ziehen die Vermisstenanzeige zurück.«
    »Nick.« Leo klang kleinlaut an dieser Stelle.
    »Um eins im Cox«, sagte Vera. »Morgen Mittag. Ich kündige dir die Freundschaft, solltest du nicht aufkreuzen.«
    »Ich komme.« Im Hintergrund war jetzt eine Luftschutzsirene zu hören. Es musste ein herrlicher Platz sein, um die Nacht zu verbringen. Vera dankte Gott, dass sie in ihrem Bett lag.
    Sie lauschte noch einmal in das Telefon hinein, doch Leo hatte aufgelegt. Hoffentlich kam sie heil nach Hause.
    Sie schien nicht ganz bei Verstand zu sein. Vera erinnerte sich nicht, dass ihre beste Freundin je freiwillig eine derartige Veranstaltung aufgesucht hätte.
    Die alte Pendeluhr vorne in der Diele schlug zwei. Schön, dass sie jetzt hellwach war und die weiteren stündlichen Schläge verfolgen konnte. Vera seufzte.
    Der kleine Stapel Bücher auf ihrem Nachttisch könnte mal abgelesen werden. Eine Biographie von Romain Gary in französischer Sprache lag seit langem oben auf. Ein viel zu ehrgeiziges Projekt. Vera fuhr viel zu selten nach Nizza, um genügend Französisch zu können.
    Vera zog das zweitoberste hervor. Ein kleiner Gedichtband von Else Lasker-Schüler, der noch von Gustav stammte.
    Leos Lover ließe sich sicher beeindrucken von der Auswahl der Bücher auf ihrem Nachttisch, obwohl ihr etwas Leichtes jetzt lieber gewesen wäre. Doch Vera schlug das Bändchen auf, in dem vorne ein Exlibris von Gustav war.
    Sie dachte an die fünf toten Frauen.
    Hatte Nick nicht den Vergleich mit einem Exlibris gebracht, als er von den Tätowierungen sprach?
    Ein Alter Tibetteppich. Vera blieb an diesem Titel hängen und las die vier kurzen Verse, und sie gefielen ihr.
    Vielleicht hätte sie noch das Gedicht vom Blauen Klavier gelesen, das auf der anderen Seite stand, wäre sie nicht auf einmal so gierig nach einem Whisky gewesen.
    Vera stand auf und zog den grauen Mohairmantel über und ging nach vorne in das große Balkonzimmer. Sie nahm den Laphroaig vom Sideboard und goss sich großzügig ein, um sich dann auf die Chaiselongue zu legen und nach Leos Klatschblatt zu greifen, das dort lag.
    Philip Perak war kein Frühaufsteher. Es gab für ihn kaum einen Grund, das Bett vor zehn zu verlassen, es sei denn in den seltenen Fällen, in denen die Putzfrau zu früh kam.
    Er erwartete sie heute nicht, und doch saß er schon um acht Uhr an dem schweren Schreibtisch aus schwarzer Mooreiche, den seine Mutter einmal zusammen mit dem Bücherschrank angeschafft hatte.
    Ließ sich in einer Stadt, in der so viele Menschen lebten, eine Frau finden, von der er kaum mehr wusste, als dass sie dunkle Locken und saphirblaue Augen hatte und sich die Auslage bei Brahmfeld und Gutruf ansah? Was blieb ihm anderes übrig, als über den Jungfernstieg zu gehen, in der Hoffnung, dass ihm ein Zufall zu Hilfe kam. Glaubte er denn an Zufälle?
    Er liebte die Unvorhersehbarkeiten. Gaben sie doch die besten Kicks. An Zufälle glaubte er nicht. In seinem Leben hatte es keine gegeben. Jedenfalls nicht für ihn erkennbar.
    Perak betrachtete die lederne Auflage des Schreibtisches, als läge da ein Plan aus. Die Saphirblaue hatte wohlhabend gewirkt. Dagegen sprach, dass sie die Untergrundbahn aufgesucht hatte. Doch heutzutage neigten auch die Glanzvollen zur Volkstümelei und verloren die Distanz.
    Er durfte das Ganze nicht verbissen sehen. Eher spielerisch. Schließlich wollte er sich beschäftigen, und wenn es ihm dabei gelänge, diese schöne Trophäe davonzutragen, umso besser. Oder war die Saphirblaue doch schon mehr als nur ein Objekt für seine Inszenierungen?
    Er dachte verdächtig oft an sie. Perak wurde es warm im seidenen Morgenmantel. Hatte er nicht nur ein kleines Ventil suchen wollen, weil er bei Vera nicht weiterkam? Überall angefangene Projekte, denen das Scheitern drohte.
    Perak stand auf, um ins Bad zu gehen. Eine Wanne voller Schaum war schon immer Zuflucht für ihn gewesen.
    Er ließ Wasser in die große weiße Porzellanwanne einlaufen und goss großzügig Pfirsichfarbenes aus einer Karaffe. Der Duft war betörend. Gut, dass es noch keine Wespen gab.
    Der Schaum legte sich um Hals und Schulter, als sei er ein Mantel aus Hermelin. Perak gefiel dieser Gedanke.
    Er lag viel zu lange im warmen Wasser, die Haut wellte sich schon. Doch er war entschlusslos. Auch als er den Stöpsel zog, hatte er höchstens eine Scheinlösung gefunden.
    Er stieg aus der Wanne, hüllte sich in ein großes Tuch und tappte mit nassen Füßen in das halbe Zimmer, das einst

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