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Verbannt

Verbannt

Titel: Verbannt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Cast
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John Wayne und seine Lady in der Schlussszene von „Der schwarze Reiter“ davonfuhren). Wir lagen auf einem duftenden Bett aus Lavendel. Mein Kopf ruhte auf Wolverines Schoß, und er kämmte vorsichtig, aber energisch meine roten Locken mit seinen metallischen Klauen, während er mir erklärte, dass er Frauen nicht mal ansatzweise interessant fand, wenn sie nicht mindestens fünfunddreißig waren. Ich warf einen Blick durch einen Spalt zwischen den Brettern des Wagens und sah, dass ein Esel mit Menschenkopf den Karren zog. Ich pfiff, und der Esel drehte sich um. In dem Moment fiel mir auf, dass er aussah wie mein Exmann. Ich lachte immer noch, als ich meine Augen öffnete und mich über dem „Best Western“ schwebend wiederfand.
    „Manchmal schaffe ich es, mich selbst zu erheitern.“ Ich schaute mich auf der sich unter mir ausbreitenden Schneedecke um. Ich war froh, dass ich die Kälte der Nacht nicht wirklich spüren musste, außer als fernes Echo am Umriss meines Körpers. In dem Moment, als ich anfing, mich entschlossen fortzubewegen, öffnete der Himmel seine Schleusen und erfüllte sein Versprechen, das den ganzen Tag über drohend über uns geschwebt hatte. Dicke Flocken trudelten gemächlich auf die Erde.
    Unglücklicherweise befürchtete ich, zu wissen, wohin wir unterwegs waren.
    „Oh, Göttin, nein! Bitte, bring mich nicht dahin zurück.“ Ich konnte spüren, wie mein Geist erschauerte. Epona würde mich beschützen, aber mir graute davor, dem Bösen zwei Mal an einem Tag ins Antlitz zu sehen.
    Geduld, Geliebte.
    Beruhigend rauschte ihr Flüstern durch meinen Kopf. „Aber ich weiß doch, dass er sich befreit hat. Es schneit wieder. Muss ich ihn wirklich sehen?“
    Du musst nicht Nuada sehen, meine Auserwählte, aber du sollst Zeuge dessen sein, was ihn befreit hat.
    Na, das faszinierte mich. Ich verspürte neue Entschlossenheit, als mein Geist sich vorwärtsbewegte und eine unglaubliche Geschwindigkeit aufnahm. Es war, als wäre er von einer Zwille abgeschossen worden. Bald schon glitzerte eine bekannte Skyline wie ein Märchenreich vor dem dunklen Himmel. Chicago – hier schneite es auch. Anstatt an dem Hochhaus anzuhalten, das ich von meinem früheren Trip hierher wiedererkannte, änderte mein Geist den Kurs, und ich schwebte schweigend über das Viertel, das als die Magnificent Mile bekannt ist. Es sah aus, als wäre mein Ziel der Lake Michigan – ich konnte die Lichter des Navy Pier sich auf dem Wasser spiegeln sehen. Doch plötzlich bog ich scharf rechts ab. Bald schon wichen die modernen Wunder weichen Lichtern und Bäumen.
    „ Grant Park.“ Ich lächelte bei der Erinnerung an den Ausflug, den ich in einem Frühling mit einer Gruppe von Collegefreunden gemacht hatte. Chicago kann im späten Frühling besonders schön sein, vorausgesetzt, der Wind bläst nicht mit seiner üblichen Sturmstärke, die einem die eisige Luft vom Lake Michigan ins Gesicht schlägt. Bei unserer Reise herrschte allerdings ungewöhnlich mildes Wetter, und meine Gruppe hat Stunden damit zugebracht, alle Ecken und Winkel der Stadt zu erkunden – und zwar hauptsächlich zu Fuß (ein Versuch, durch Training den unglaublichen Mengen an Nahrungsmitteln und Alkohol entgegenzuwirken, die wir ständig zu uns nahmen).
    Ich hatte den Grant Park noch nie bei Nacht gesehen, und als ich langsam durch den skelettartigen Baldachin der Winterbäume nach unten schwebte, war ich überrascht, wie ungezähmt er aussah. Es schien unvorstellbar, dass das Herz der Stadt nur wenige Minuten entfernt lag. Der Park war dunkel und still. Unnatürlich still.
    „Komm!“
    Das Wort durchbrach die Stille wie ein Peitschenhieb und erschreckte mich mit seinem unerwarteten Kommandoton.
    Ich erkannte die Stimme sofort und straffte innerlich meine Schultern, während ich ungefähr sechs Meter über dem Boden schwebte. Mein Geistkörper hatte aufgehört sich zu bewegen, aber beim Klang der Stimme glitt ich wieder vorwärts und trieb in Richtung eines einsam flackernden Lichts. Ich brach durch eine Gruppe mächtiger Eichen, in deren Mitte es eine kleine Lichtung gab. Auf dieser Lichtung brannte ein gutes altes Lagerfeuer, in dem eine einzelne Flamme tanzte.
    Um das Feuer war ein Kreis gezogen. Auf der schmalen Kreislinie war der Schnee geschmolzen.
    Salz. Ich wusste es auf einmal und fragte mich, woher dieses Wissen kam.
    Hör auf dein Inneres, Auserwählte.
    Das Feuer war nicht groß, und irgendetwas an ihm war seltsam. Anfangs konnte ich nicht sagen,

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