Verbannt
schwebte ich direkt über dem Haus, dann fiel der Boden unter mir weg, und ich sank durch das dick mit Stroh gedeckte Dach.
„Ich wünschte, du würdest mich warnen, bevor du das tust“, murmelte ich an meine Göttin gewandt, aber mein Grummeln erstarb, sobald ich den Anblick unter mir wahrnahm.
Ich schwebte knapp unter der Decke in einem hübschen Schlafzimmer, das von einer Unmenge reinweißer Kerzen erhellt war. Ein großes Bett stand an der Fensterwand und ein mit feinsten Schnitzereien versehener Schrank mit passender Frisierkommode an der Wand gegenüber. Kleine Hocker und Tische waren gegen die verbliebenen zwei Wände geschoben worden – alle Möbelstücke waren mit weichem Stoff bedeckt. Darauf standen Gruppen von brennenden Kerzen.
Frauen drängten sich unter mir zusammen, umstanden eine nackte Frau, die sich stehend schwer auf das gepolsterte Ende einer Chaiselongue stützte, die denen, die wir im Tempel benutzten, sehr ähnlich war. Die nackte Frau war offensichtlich hochschwanger. Ihr Kopf war gesenkt, und ihre Augen waren in Konzentration fest zugekniffen. Ich sah, wie ihr praller Bauch zuckte. Ihr Atem ging schwer.
Als ich die Szene unter mir beobachtete, fiel mir auf, dass die anderen Frauen sich wie eine Einheit benahmen. Eine drückte mit der flachen Hand gegen den unteren Rücken der Schwangeren. Eine andere kniete vor ihr und atmete im Gleichklang ihrer angestrengten Atemzüge. Zwei Frauen fächelten ihr Luft zu, sodass die Schwangere stets von einer kühlen Brise umgeben war. Die anderen Frauen summten oder sangen leise vor sich hin.
Mein Körper schwebte näher, und die Wehe der Frau endete. Sofort hob sie den Kopf, und ich sah mit Erstaunen, dass ein zufriedenes Lächeln ihre Lippen kräuselte. Sie wischte sich eine feuchte Haarsträhne aus dem Gesicht.
„Es ist beinahe so weit!“ Ihre Stimme klang fröhlich, nicht angespannt und voller Schmerz, wie ich es erwartet hatte.
Jubel und Gelächter waren die Antwort auf ihre Ankündigung.
Eine große, hübsche Frau trat zu der werdenden Mutter und bot ihr einen Schluck aus einem Kelch. Eine andere Frau, noch ein Teenager, wischte ihre Stirn mit einem dicken Tuch ab. Alle Frauen lächelten, als wären sie Teil eines Ereignisses, das so mit Wunder erfüllt war, dass sie es unmöglich für sich behalten konnten. Das Glück schien einfach aus ihren Körpern zu sprudeln.
„Helft mir in meine Position.“
Die Stimme der Schwangeren war leise, aber sie trug durch den Raum. Drei der älteren Frauen traten vor. Eine kniete sich vor sie. Die anderen beiden stützten sie auf beiden Seiten, bis sie in der Hocke saß. Die nächste Wehe packte ihren Körper. Ich konnte sehen, wie ihre Muskeln sich anspannten, als sie tief einatmete und zupressen begann.
Die Frauen bildeten einen Kreis, nahmen einander bei der Hand und summten eine Melodie, die mich an etwas erinnerte, das Loreena McKennitt singen würde.
„Ich kann den Kopf sehen!“
Der Bauch der Frau entspannte sich für einen Moment, dann holte sie tief Luft und presste erneut.
Nach einer weiteren Runde konzentrierten Fressens glitt ein nasser, zerknitterter kleiner Körper zwischen ihren Beinen heraus und wurde von den wartenden Frauen aufgefangen.
„Deine Tochter ist geboren!“, rief die Alteste.
Die anderen Frauen nahmen den Jubelruf auf.
„ Willkommen, junges Mädchen! 1 ’
Irgendwo zwischen meinen Fränen fand ich meine Stimme und fiel in ihre Freudenrufe ein. Meine Gegenwart auf meinen spirituellen Reisen kann nur manchmal von anderen wahrgenommen werden, und so war ich überrascht und erfreut, als der Kopf der Mutter beim Klang meiner ätherischen Stimme herumschnellte. Ihre Augen glänzten voller Fränen des Glücks, und ich spürte anhand der Veränderung in meinem Geistkörper, dass ich sichtbar geworden war.
„Eponas Geliebte hat die Geburt meiner Fochter miterlebt/“, rief sie verzückt aus.
Die anderen Frauen lachten und klatschten – einige fingen an zu tanzen, drehten sich und sprangen, während ihre Hände im Fakt Muster in die Luft zeichneten. Ihre Freude war ansteckend, und während die Frauen das Neugeborene und seine Mutter wuschen, spürte ich, wie mein Seelenkörper sich im Fakt des Liedes für das neue Leben bewegte.
Ein Gedanke schoss mir durch den Kopf. Das Wunder der Geburt war und wird immer ein Augenblick der Macht für die Frauen sein – so wie in der Szenerie unter mir. Vielleicht konnte diese altertümliche Welt der modernen Welt, aus der ich
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