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Verbannt zwischen Schatten und Licht (German Edition)

Verbannt zwischen Schatten und Licht (German Edition)

Titel: Verbannt zwischen Schatten und Licht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kira Gembri
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wieder nicht. Als ich fühlte, dass mich die Verlegenheit
überkam, widmete ich mich mit neuem Eifer meiner Mathematikhausaufgabe. Es
gelang mir allerdings nur für zehn Minuten, mich auf Vektorrechnungen zu
konzentrieren; dann legte ich meinen Kugelschreiber wieder beiseite und
räusperte mich. „Rasmus?“
    „Hmm?“
    „Ich
muss dich das jetzt fragen. Hast du … schon mal Gott getroffen?“
    „Nein,
du?“
    „Komm
schon!“
    Er
grinste und rührte dabei die Soße um. „Ich nehme mal an, wir in unserer Welt
sind ihm genauso nah oder fern wie ihr“, antwortete er. „Aber ich habe schon
geahnt, dass du mir heute noch die Gretchenfrage stellen würdest.“
    „Margarete
fragt Faust, wie er es mit der Religion hält, und nicht, ob er ein Teil davon
sein könnte.“
    Jetzt
lachte er richtig, ließ den Kochlöffel in den Topf fallen und drehte sich ganz
zu mir um. „Komm her, kleine Streberin, und koste mal.“
    „Sagte
der Junge mit den Literaturzitaten auf dem Fußboden.“ Ein bisschen beschämt
ging ich zu ihm hinüber und probierte. „Schmeckt gut.“
    „Wirklich?
Nicht zu mild? Ich erinnere mich daran, dass du es besonders scharf magst.“
    Ich
erinnerte mich ebenfalls, und zwar an den peinlichen Tabasco-Zwischenfall von
unserem ersten Date. Um Rasmus davon abzulenken (und oh, ich war mir ziemlich
sicher, dass er genau Bescheid wusste), fragte ich weiter: „Halten sich, mal
abgesehen von den Gefallenen, eigentlich ein paar von euch auf der Erde auf?
Wandeln zwischen uns Normalsterblichen, vielleicht als Schutzengel oder so?“
    Rasmus
nahm eines der vielen Glasgefäße aus dem Küchenregal und fügte der Soße ein
Gewürz hinzu, von dem ich nicht einmal den Namen kannte. „Nein“, antwortete er
ein bisschen geistesabwesend, „unser oberstes Gebot ist es, dafür zu sorgen,
dass sich die verschiedenen Welten nicht vermischen. Ich habe es auch nur
geschafft, heimlich hierher zu kommen, weil ich ein Wächter des Tores war.“
    „Wächter?
Sind das …“
    „Die
Besten“, unterbrach mich Rasmus, „wenn du mich fragst.“
    „Ach
bitte“, sagte ich etwas quengelig, „kannst du mir nicht ein bisschen mehr
erzählen?“
    „Natürlich
nicht. Ich habe die Grenze schon einmal überschritten, und schau, wohin es mich
gebracht hat. Wenn ich jetzt anfange, aus dem Engel-Nähkästchen zu plaudern,
glaube ich nicht, dass das gut ankommt.“
    „Aber
ein bisschen was muss ich doch über dich wissen! Zum Beispiel, ob ich mich noch
auf irgendwelche Überraschungen gefasst machen muss.“
    „Ich
niese mit offenen Augen, trete im Schlaf manchmal um mich und bin ein verdammt
guter Monopolyspieler.“ Rasmus ging an mir vorbei, um den Tisch zu decken, aber
ich war noch nicht bereit aufzugeben.
    „Nein,
ich meine die Schnelligkeit und die Stärke und dann diese
Unverwundbarkeitssache … Gibt es sonst noch irgendwelche besonderen
Eigenschaften, von denen ich wissen sollte?“
    „Ich
schätze mal, mein überirdisch gutes Aussehen ist dir bereits aufgefallen …“
    „Abgesehen
davon?“
    Jetzt
wurde Rasmus wieder ernst. „Wir sind theoretisch in der Lage, den Willen von
Kreaturen zu beeinflussen, die nicht aus unserer Welt stammen.“
    „ Kreaturen? Meinst du auch Menschen?“
    „Ja.“
    Ich
schluckte hörbar. „Hast du … kann es sein, dass du das …“
    Rasmus
stellte die Teller ab und sah mich an. „Nein, Lily“, sagte er dann
nachdrücklich. „Ich würde das niemals bei dir versuchen. Es ist sehr
gefährlich, den Geist eines Menschen zu beeinflussen. Ich habe diese Fähigkeit
in den vergangenen zwei Jahren nur zweimal angewendet – einmal ging es bloß
darum, dass ich sofort und ohne Unterlagen an der Schule aufgenommen wurde. Das
war eine Kleinigkeit, und die Gefahr hielt sich in Grenzen.“
    „Und
das andere Mal …?“
    „Das
war Eric. Ich konnte nicht riskieren, dass er herumerzählte, ich hätte einen eigentlich tödlichen Unfall unbeschadet überstanden. Aber ich hatte gerade erst
angefangen, als ich bemerkt habe, dass ich dabei war, irreparablen Schaden
anzurichten. Also habe ich den Versuch abgebrochen, und ich hatte Glück, dass
sich Eric anschließend kaum mehr daran erinnern konnte.“
    „Gut
genug, um mir einen Schrecken einzujagen“, bemerkte ich.
    „Aber
zumindest seiner Zuneigung zur mir hat dieser Zwischenfall keinen Abbruch
getan“, gab Rasmus trocken zurück und legte eine Handvoll Spaghetti ins
kochende Wasser. Während wir darauf warteten, dass die Nudeln al dente

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