Verbannt zwischen Schatten und Licht (German Edition)
wurden,
schloss ich zuerst mein Handy an Rasmus‘ kabelloser Reservestation an und
räumte dann den zweiten Stuhl frei, der als Ablage für Bücher und Zeitschriften
genutzt wurde. Neben einigen Tageszeitungen fand ich dort Magazine zu den
unterschiedlichsten Themen: Politik, Naturwissenschaften, Technik … und ganz
zuunterst entdeckte ich eine Sammlung Teenie-Zeitschriften.
„Was
ist denn das ?“, fragte ich fassungslos und zog eine Ausgabe des Popstar! Magazins hervor.
„Recherche“,
erklärte Rasmus nüchtern. „Wir beschäftigen uns da oben mit den Klassikern der
Literatur, aber wenn’s um Teenie-Idole geht, sieht es mit unserer Bildung
ziemlich mau aus.“
Ich
legte mir die Hand auf den Mund, doch trotzdem entwischte mir ein kleines
Kichern.
„Ja,
lach du nur. Aber als ich gerade erst hier angekommen war, habe ich viel
Nützliches aus diesen Heften gelernt, besonders aus den Fragebögen. Zum
Beispiel, dass ich offenbar einem Team Jacob angehöre und nicht an einer
Krankheit namens Bieber-Fieber leide …“
Jetzt
war es um meine Selbstbeherrschung endgültig geschehen. Die Anspannung der
letzten Stunden fiel mit einem Schlag von mir ab, als ich in schallendes
Gelächter ausbrach.
Eine
Nudel flog knapp an meinem Kopf vorbei und klatschte hinter mir an die Wand, wo
sie kleben blieb. „Essen ist fertig“, stellte Rasmus ungerührt fest.
Beim
Abendessen zeigte es sich, dass Rasmus ein großartiger Koch war – eine viel
nützlichere Fähigkeit als übernatürliche Schnelligkeit und Kraft, wie ich fand.
Nach dem Abwasch setzte ich mich wieder an meine Hausaufgaben, und Rasmus holte
inzwischen die Lektüre von Much Ado About Nothing nach, auf die er sich
im Unterricht nicht hatte konzentrieren können. Diesmal konnte allerdings ich mich nicht konzentrieren: Mit seinen sarkastischen Kommentaren über das
Stück brachte Rasmus mich immer wieder aus dem Konzept, und so war es
schließlich fast elf Uhr abends, als wir fertig wurden.
Ich
machte mit kaltem Wasser eine schnelle Katzenwäsche und kam dann zögernd hinter
dem Badezimmervorhang hervor. Rasmus hatte alle Campinglampen bis auf eine
ausgeschaltet und saß jetzt auf der einen Hälfte seines Bettes, den Rücken
gegen die Wand gelehnt. Nervös nestelte ich am Saum des schwarzen T-Shirts
herum, das er mir für die Nacht geliehen hatte. Es war mir zwar viel zu groß,
aber ich wäre froh gewesen, wenn es mir bis zu den Knien gereicht hätte.
Natürlich bemerkte Rasmus meine Befangenheit und konnte sich wohl nicht
verkneifen zu sagen: „Du solltest das Shirt behalten. Es steht dir eindeutig
besser als mir.“
Hoffentlich
passte es auch zu dem dunklen Rot, das meine Wangen nun angenommen hatten.
Rasmus‘ Grinsen vertiefte sich, und er rückte noch ein Stück zur Seite. „Na
los, spring rein. Ist ja eigentlich nichts Neues für uns.“
Das
stimmte allerdings, und immerhin war diesmal keine unseriöse Unterwäsche im
Spiel. Auf bloßen Füßen tapste ich zum Bett hinüber und kroch unter die Decke,
die Rasmus mir großzügig überlassen hatte.
„Ist
dir nicht kalt?“, fragte ich.
Rasmus
zog eine Augenbraue hoch.
„Oh,
ach ja, die Engelsache, wie konnte ich das vergessen, ihr friert wohl nicht“,
blubberte ich, um diesen plumpen Anmachspruch wettzumachen. Ich hörte erst auf
zu stammeln, als Rasmus zu mir herübergerutscht war und einen Arm um mich
gelegt hatte.
„Ich
finde es gut, dass du das vergessen kannst“, murmelte er in mein Haar. „Es
genügt schon, dass ich mich auf Schritt und Tritt von den Richtern prüfend
beobachtet fühle.“
„Dann
musst du eben vorsichtig sein. Wehe, du haust einfach so ab.“
„Tu
ich nicht“, versicherte er mir. „Es gibt noch so viel, was ich hier erleben
möchte.“
Mit
mir, dachte ich glücklich und schmiegte mich noch ein
bisschen enger an ihn.
„Zum
Beispiel hab ich da etwas über Cola light und Mentos-Bonbons gehört“, redete er
weiter. „Das muss ich unbedingt noch ausprobieren, bevor ich verschwinde.“
„Für
solche Sachen bist du zu alt“, sagte ich mit kaum verhohlener Irritation in der
Stimme, aber schon hatte sich Rasmus über mich gerollt und gab mir einen
schnellen Kuss auf den Mund. „Wahrscheinlich hast du recht“, stimmte er
amüsiert zu.
Nur
widerwillig schob ich ihn ein Stück von mir weg, als mir etwas einfiel, und ich
sah stirnrunzelnd zu ihm hoch. „Wie alt bist du eigentlich?“
„Schwer
zu sagen. Im Licht vergeht die Zeit nicht so wie hier. Es könnte
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