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Verbannt zwischen Schatten und Licht (German Edition)

Verbannt zwischen Schatten und Licht (German Edition)

Titel: Verbannt zwischen Schatten und Licht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kira Gembri
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ein absolut … jämmerlicher Versuch, mich
aus der Fassung zu bringen. Gemütlich lauschte ich Professor Scott, wie er
unser neues großes Thema einleitete: Jane Austen. Ich wurde sogar noch
vergnügter, als er uns eröffnete, dass wir mit Stolz und Vorurteil beginnen
würden. Auf die Frage, wer von uns das Buch bereits gelesen hatte, sahen die
meisten Jungen einander betreten an, während die Hände aller Mädchen in die
Höhe schossen. Viele von meinen Mitschülerinnen hatte ich allerdings in
Verdacht, nur den – zugegebenermaßen wundervollen – Film gesehen zu haben, und
der Professor schien dasselbe zu vermuten: Deshalb wählte er wohl auch bewusst
mich dafür aus, eine kurze Inhaltsangebe des Romans zu liefern.
    „Die
Hauptpersonen sind der reiche Fitzwilliam Darcy und Elizabeth Bennet, die als
zweitälteste von fünf Schwestern in einfacheren Verhältnissen aufgewachsen
ist“, begann ich genüsslich. „Dass Mr Darcy in Elizabeths Augen allzu stolz
auftritt, weckt in ihr schnell Abneigung und Vorurteile …“ In meiner
Hosentasche begann mein Handy zu vibrieren. Eilig zog ich es hervor und drückte
auf eine Taste, während ich weiterredete: „Der zentrale Konflikt dabei ist
natürlich, dass …“ Ich warf einen kurzen Blick unter den Tisch und wurde
knallrot im Gesicht. Rasmus hatte mir eine SMS geschrieben. „… ist natürlich,
dass …“, wiederholte ich gepresst und räusperte mich. Ich konnte nicht anders,
als die SMS noch einmal zu lesen. Und wurde noch röter.
    „Lily,
ist Ihnen nicht gut?“, fragte Professor Scott leicht gereizt.
    „Oh
doch, und wie“, stammelte ich. „Ich meine, doch, bestens. Der zentrale Konflikt
ist, dass sich Elizabeth trotz ihrer zur Schau gestellten Gleichgültigkeit doch
von Mr Rarcy angezogen fühlt. Ich meine, Mr Darcy.“
    „Na
schön“, sagte der Lehrer nach einer kurzen Pause und seine Stirn glättete sich
wieder. „Fahren wir also fort.“
    Ich
sank auf meinem Stuhl zusammen und wischte mir möglichst unauffällig die
verschwitzten Handflächen an meinen Jeans ab. Als nach einer halben Ewigkeit –
in der ich Rasmus‘ Grinsen über meinem Kopf schweben fühlte wie das der
Cheshire Cat – die Pausenglocke ertönte, sprang ich sofort auf und sauste zur
Tür hinaus, bevor die anderen überhaupt Gelegenheit hatten, ihre Sachen
zusammenzupacken. Ein Teil von mir wollte wirklich gerne auf Rasmus warten,
aber ein anderer Teil hatte nicht übel Lust, ihn für seine Unverschämtheit ein
bisschen zu bestrafen. Außerdem fühlte ich mich immer noch etwas zu … erhitzt.
Ich marschierte also schnurstracks zu Grabowskis Klassenzimmer, und auch in den
Pausen danach gelang es mir, ein Zusammentreffen mit Rasmus zu vermeiden – in
letzter Zeit hatte ich darin ja ganz schön viel Übung gehabt. Dafür stieß ich
nach der Sportstunde mit Eric zusammen, der sich mir urplötzlich direkt in den
Weg stellte.
    „Hi.“
Er verschränkte die Arme vor der Brust, was den wenig herzlichen Ausdruck in
seiner Stimme unterstrich.
    „Hallo,
Eric. Entschuldige, aber ich hab es etwas eilig …“
    „Sag
mal – du bist doch heute im Wagen von Rasmus hergekommen“, unterbrach er mich.
„Wie ist das, hat er dich auf dem Weg zufällig getroffen und mitgenommen?“
    Es
hörte sich so an, als wäre das für ihn die einzige akzeptable Möglichkeit.
Einen Moment lang erwog ich, ihm zuzustimmen, aber dann setzte sich mein Stolz durch.
„Nicht direkt“, erwiderte ich knapp.
    Eric
nickte langsam, und ich wollte mich schon an ihm vorbeidrängen, als er düster
vor sich hin murmelte: „Dachte ich mir schon. Du hast schließlich dieselben
Sachen an wie gestern.“
    Ich
stoppte abrupt, einen Fuß noch in der Luft. „Ja, also, das finde ich nun doch
ein bisschen merkwürdig, dass dir so etwas auffällt“, rutschte es mir heraus,
und lauter fügte ich hinzu: „Wieso interessiert dich das eigentlich?“
    Anstatt
auf meine Frage einzugehen, hob Eric eine Augenbraue und erkundigte sich
spöttisch: „Seid ihr jetzt … ein Paar, oder was?“ Er lachte trocken auf, so als
wäre schon allein der Gedanke irgendwie abartig. Ich sah ihm forschend ins
Gesicht und fragte mich dabei, an wie viel von dem Autounfall er sich wohl noch
erinnern konnte. Genug, um eine gewisse Scheu vor Rasmus zu haben jedenfalls,
und weil er sich diese Furcht nicht erklären konnte, äußerte sie sich
anscheinend als tiefste Abneigung. Ich war schon fast so weit, Mitleid für Eric
zu empfinden, als mir einfiel, dass er

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