Verbannt zwischen Schatten und Licht (German Edition)
auf dieses ganze Kristalllüster-und-Statuen-Zeug steht …“
Doch
als wir schließlich den Ballsaal erreicht hatten, schien selbst Jinxy
beeindruckt: Mithilfe unserer mühevoll gestalteten Dekoration war es
tatsächlich gelungen, zwischen Fresken, Seidentapeten und Parkettboden so etwas
wie eine „fantasymäßige“ Stimmung heraufzubeschwören. Die abenteuerlich
gewandeten Gäste, die sich vor dem elektrisch erleuchteten Schicksalsberg zu
Walzerklängen drehten oder sich im verwunschenen Wald am Buffet bedienten,
taten ihr Übriges dazu. Magisch war allerdings auch, wie rasch meine Freundin
von einem Metallbecken angezogen wurde, das in einer Grotte aus aufgespannten
grauen Tüchern und Pappmaché-Stalagmiten stand: Während ich mich noch fragte,
wer von den Eltern auf die seltsame Idee gekommen war, dem Schulball seines
Sprösslings einen Sektbrunnen zu spendieren, hatte Jinxy auch schon mehrere
Gläser gefüllt und reichte sie an uns weiter. Falls irgendjemand dafür
zuständig gewesen war, den Brunnen vor Minderjährigen zu bewachen, so war diese
Person wohl zum Buffet oder auf die Tanzfläche geflohen.
Ich
nahm einen Schluck und verzog das Gesicht, als mir das eiskalte, bittere Zeug
im Mund prickelte. Widerlich. Jinxy stürzte ihr Getränk allerdings auf einen
Zug hinunter, und der Alkohol weckte sofort ihren Bewegungsdrang.
„Wo
ist die Discohalle?“, erkundigte sie sich, nachdem sie sich einige Sekunden
lang vergeblich bemüht hatte, ihren extravaganten Tanzstil der Walzermelodie
anzupassen, die aus den Lautsprechern drang.
„Dies
ist ein Ball der Galilei High School“, erklärte ihr Begleiter, und seine Stimme
klang auf einmal seltsam näselnd. „Hier wird ausschließlich klassische Musik
gespielt, erst nach Mitternacht gibt es Schlager und Jazz aus den 50ern und
60ern.“
„Oh.
Wollen wir dann in den Park hinausgehen und es uns hinter den Ziersträuchern
gemütlich machen?“
Sofort
war die würdevolle Haltung des Jungen verschwunden. „Unbedingt!“
Jinxy
schenkte mir noch ein entschuldigendes Grinsen, dann verschwanden die beiden
mit wehenden Flügeln und Cape durch eine der hohen Terrassentüren ins Freie.
Sam verspürte zum Glück ebenso wenig Lust auf einen Versuch im Walzertanzen wie
ich, also schlenderten wir am Rand des Ballsaals entlang und bewunderten die
verschiedenen Kulissen. Neben einer riesigen Leinwand, die wie ein Fenster
gestaltet war und Blick auf ein mittelalterliches Dorf bot, trafen wir auf Eric
und seine als pinke Elfe verkleidete Begleiterin. Ich hatte noch eilig
versucht, Sam hinter eine Papprüstung zu ziehen – seit der Prügelei vor dem Netherworld war ich Eric erfolgreich aus dem Weg gegangen – doch es war bereits zu spät.
„Arwen
Morgenstern!“, rief er mir entgegen, offenbar stolz darauf, mein Kostüm erkannt
zu haben. Ich widerstand der Versuchung, ihn zu verbessern, und bestätigte so
freundlich wie möglich:
„Ja,
genau. War pures Glück, dass ich dieses Kleid im Kostümverleih entdeckt habe.“
„Du
hast eine gute Wahl getroffen“, lobte Eric, allerdings mit einem deutlichen
Seitenblick auf Sam. Das Wort Rasmus schien direkt über unseren Köpfen
zu schweben; Sam nestelte an seinen Manschettenknöpfen und tat so, als hätte er
nichts gehört. Um die Situation zu entschärfen, fragte ich schnell: „Warum hast
du dich eigentlich nicht verkleidet?“
„Aber
das habe ich doch“, meinte Eric grinsend und knöpfte sein Hemd ein Stück auf;
darunter trug er ein zu kleines T-Shirt mit einem Strassornament auf der Brust.
„Sieh mal, wie ich funkle!“
„Ach
so“, sagte ich mit einem schwachen Lächeln. „Ich weiß, was du bist.“
„Sag
es!“, fuhr Eric mich plötzlich an. „Ich will es hören. Sag es!“
„Ein
Vampir“, antwortete ich widerstrebend, woraufhin Eric und seine Begleiterin in
gackerndes Gelächter ausbrachen. Ihr Kichern ebbte erst ab, als ich Sam leicht
am Arm zog und wir uns zum Gehen wandten. „Hey, wohin des Wegs?“, wollte Eric
wissen.
„Ich
habe Durst“, behauptete ich, da ich mich ohne nachzudenken in Richtung der
Grotte gedreht hatte.
„Oh,
ich auch“, verkündete Eric und warf mir unter halb gesenkten Lidern einen
verführerischen Blick zu. „Was dagegen, wenn ich mal beiße?“
Diesmal
lachte er alleine, während seine Begleiterin ihn mit säuerlicher Miene
beobachtete und ich die Flucht ergriff. „Entschuldigt mich“, murmelte ich und
wieselte zum Sektbrunnen hinüber, um mir mein Glas neu zu
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