Verbannt zwischen Schatten und Licht (German Edition)
hatte zwar absolut keine
Ahnung von Drogen und ihren Auswirkungen, doch es war offensichtlich, dass mit
den beiden etwas nicht stimmte. Gab es Substanzen, die einem vorgaukeln
konnten, eine fremde Person zu kennen … und ihr womöglich auch noch die Kehle
aufschlitzen zu wollen?
Jäh
erwachte ich aus meinem Trancezustand, und die verspätet einsetzende Angst ließ
mein Herz so heftig gegen meine Rippen hämmern, dass mir schwindlig wurde. Ich
wollte gerade einen Satz zur Seite machen, da hatte der Mann bereits mit der
freien Hand ausgeholt und mir einen Schlag gegen das Schlüsselbein versetzt.
Ich verlor das Gleichgewicht und stürzte nach hinten. Instinktiv rollte ich
mich zusammen und milderte den Aufprall mit den Händen, sodass ich mir nicht
den Kopf am Asphalt verletzte. Sobald ich allerdings Anstalten machte, wieder
auf die Füße zu kommen, trat mir die Frau in die Seite und beförderte mich auf
den Boden zurück. Verzweifelt zog ich die Knie an die Brust und versuchte
gleichzeitig mein Gesicht mit den Armen zu schützen … da sah ich durch einen
Tränenschleier, dass ein Lichtschein an den Baumstämmen vorbei bis zum Gehweg
drang. Im selben Augenblick ertönte das Motorengeräusch eines Wagens, der links
an der Allee vorbeifuhr. Er lenkte nur für eine Sekunde die Aufmerksamkeit des
Mannes und der Frau auf sich, doch mehr brauchte ich nicht. Mit einer
Schnelligkeit, die Coach Svensson verblüfft hätte, rappelte ich mich auf und
rannte los, den rasch kleiner werdenden Rücklichtern des Autos hinterher und in
die Richtung, aus der ich gekommen war. Im Laufen warf ich meine Tasche hinter
mich – vielleicht würde sie ja das Interesse meiner Verfolger einen Moment lang
auf sich ziehen. Um dem Licht der Laternen zu entgehen, verließ ich den Weg,
stolperte zwischen zwei Kastanienbäumen hindurch auf die Fahrbahn und duckte
mich schließlich neben einem Auto, das auf der anderen Straßenseite parkte.
Während
ich mich bemühte, meine heftigen Atemzüge zu dämpfen, lauschte ich in die
Dunkelheit hinein. Bis auf den Wind und das gelegentliche Platschen, mit dem
eine Kastanie auf der Erde landete, war nichts zu hören. Vielleicht waren mir
die beiden gar nicht gefolgt? Womöglich gaben sie sich ja damit zufrieden, mir
einen Schrecken eingejagt und mich ein wenig herumgeschubst zu haben … Ich
tastete nach der schmerzenden Stelle, wo der Fuß der Frau auf meine Rippen
getroffen war, und hielt die Hand dagegen gepresst, als ich mich langsam
aufrichtete. Von meinem Versteck aus konnte ich den Gehweg nicht sehen, aber da
es weiterhin still blieb, wagte ich mich hinter dem Auto hervor. Zögernd
überquerte ich die Straße. Wenn die beiden tatsächlich verschwunden waren,
wollte ich mir auf jeden Fall meine Tasche zurückholen, in der sich mein Handy
befand. Ich würde Jinxy anrufen, dachte ich, während ich in Richtung des
Bündels hinkte, das etwa fünfzig Meter entfernt einsam auf dem Asphalt lag. Ich
würde zum Palais gehen und mich von Sam nach Hause fahren lassen. Ich würde in
mein Bett kriechen und versuchen zu vergessen, dass …
Ein
stechender Schmerz zuckte durch meinen geprellten Brustkorb, als ich abrupt
stehen blieb. Gleich darauf wirbelte ich herum und begann erneut die Allee
hinunterzulaufen, aber es war zu spät – diesmal hatte ich keine Chance, den
beiden Gestalten zu entkommen, die hinter den Baumstämmen zu beiden Seiten
meiner Tasche hervorgetreten waren. Dumm, verfluchte ich mich in
Gedanken, während ich einen Blick über die Schulter warf und erkannte, dass der
Mann mich beinahe eingeholt hatte. Zurückzukehren, um deine Sachen zu holen?
Unendlich dumm und bescheuert.
Ich
rechnete damit, jeden Augenblick wieder zu Boden gestoßen zu werden und die
Klinge eines Springmessers an der Kehle zu fühlen, doch nachdem mich mein
Verfolger schließlich an den Schultern gepackt und zu sich herumgezerrt hatte,
war es, als würde die ganze Situation gefrieren. Der Mann stand beinahe
regungslos, die Finger in meine Oberarme gegraben; nur seine magere Brust hob
und senkte sich rasch unter dem zerschlissenen Sweatshirt, und seine Augen
richteten sich starr auf einen Punkt hinter mir. Einige Sekunden später hörte
ich seine Partnerin herankeuchen – sie rief ihm einen Befehl zu oder eine
Warnung, ich verstand es nicht und achtete auch kaum darauf, denn im selben
Moment hatte ich den Kopf gedreht, um dem Blick des Mannes zu folgen.
Das
blasse Licht der Laternen reichte aus, um ihn dort auf der anderen
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