Verbannt
auch wichtig, dass du dich von hohen Grashalmen und Farnen fernhältst«, fuhr Bach fort. »Denn wenn du sie streifst, verscheucht ihr zitternder Schatten die Beute.«
Distelpfote nickte. Das hatte sie bereits gewusst, aber wieder vergessen, weil sie so viel anderes im Kopf hatte.
»Du hast den Bogen bald wieder raus«, versicherte die getigerte Kätzin. »Du wärst eine tolle Jägerin in den Bergen, weil du starke Hinterbeine zum Springen hast.«
»Musstest du bei der Jagd denn springen?«, fragte Rußpfote, die herbeigetappt kam.
»Ja, das musste ich. Hier beim DonnerClan fängt man die Vögel hauptsächlich am Boden, aber bei unserem Stamm springen wir hoch in die Luft und fangen sie, wenn sie auffliegen oder landen.« Stolz lag in Bachs Stimme. »So erbeuten wir Falken und manchmal sogar Adler.«
»Wie groß sind Adler?« Löwenpfote gesellte sich ebenfalls zu ihnen. »Können sie eine Katze davontragen?«
»Die meisten sind nicht stark genug, um es mit einer ausgewachsenen Katze aufzunehmen.« Bach setzte sich und schlang den Schwanz um ihre Pfoten, während die Schüler sich um sie scharten und lauschten. »Sie können es vielleicht mit Jungen oder Zukünftigen aufnehmen, aber die Jungen bleiben sowieso mit ihren Müttern in der Höhle, wo es sicher ist. Und alle Jagdtrupps werden von mindestens einem Höhlenwächter begleitet.«
»Was ist ein Zukünftiger?«, wollte Mohnpfote wissen.
»Was ist ein Höhlenwächter?«, fragte Honigpfote.
»Ihr seid Zukünftige«, erklärte Bach und zeigte mit dem Schwanz auf die Schüler. »Junge Katzen, die alle Fähigkeiten erlernen, die man als Krieger braucht. Und Höhlenwächter bewachen die Höhle. Sie sind stark und darauf trainiert, Falken und Adler abzuwehren. Sturmpelz war ein Höhlenwächter, als er beim Stamm lebte, und ich war eine Beutejägerin.«
Distelpfote war verwundert. »Du meinst, die Katzen haben unterschiedliche Pflichten? Nicht jagen und kämpfen wie die Clan-Katzen?«
»Genau«, erwiderte Bach. »Wenn die Jungen geboren werden, entscheidet unser Anführer, welche Aufgaben sie später übernehmen sollen. Die größten und stärksten werden Höhlenwächter und die schnellen, wendigen Beutejäger.«
»Man darf es sich also nicht selbst aussuchen? Das würde mir nicht gefallen«, miaute Löwenpfote.
»Es fühlt sich anders an, wenn man damit aufwächst«, versicherte Bach.
Löwenpfote schien nicht ganz überzeugt, doch ehe er etwas sagen konnte, mischte sich Mohnpfote ein: »Erzähl uns von eurem Anführer und von eurer Heiler-Katze. Werden sie auch vom SternenClan ausgewählt?«
Bach schüttelte den Kopf. »Der Stamm des eilenden Wassers kennt den SternenClan nicht«, erklärte sie. »Über unseren Himmeln wandert der Stamm der ewigen Jagd. Und wir haben auch keinen Anführer und keinen Heiler wie ihr. Beim Stamm vereint eine Katze beide Aufgaben in sich. Er wird Seher genannt und sein Name ist Sager von den spitzen Steinen.«
»Auch Steinsager genannt«, warf Sturmpelz ein.
»Was für ein komischer Name!«, rief Mohnpfote.
Ihre Schwester Honigpfote stupste sie. »Sei nicht so unhöflich! Die Stammesnamen sind eben anders als unsere.«
»Steinsager hat seinen Bau direkt neben der Haupthöhle hinter dem Wasserfall«, erklärte Sturmpelz. »Sie ist voller spitzer Steine, die vom Boden aufragen und von der Decke hängen. In der Decke ist ein Loch, und wenn es regnet, ist der Boden von Pfützen übersät. Steinsager schaut sich die Spiegelungen im Wasser an und liest daraus die Zeichen.«
»Und er ist auch eine Heiler-Katze?«, miaute Distelpfote. Das ist eine Menge Macht für eine Katze! »Hat er auch einen Zweiten Anführer?«
»Nein, aber irgendwann wird er einen Zukünftigen haben – einen Schüler«, erklärte Bach. »Der Stamm der ewigen Jagd wird ihm ein Zeichen schicken, damit er ein kleines Junges wählen kann, das nach ihm Steinsager wird.«
Distelpfote spürte einen neidvollen Stich. Wie viel einfacher wäre es, wenn ihr Leben auch schon so vorherbestimmt wäre! Sie hätte niemals den Fehler begangen, sich erst für eine Heiler-Ausbildung zu entscheiden, wo sie doch am besten dafür geeignet war, Kriegerin zu werden. Ihr hatte oft der Kopf gebrummt, als sie die vielen Kräuternamen lernen sollte. Die Kriegerausbildung war ebenfalls hart, aber sie kam ihr nicht wie eine unlösbare Aufgabe vor. Es gab Kampftechniken und Jagdtechniken, die man üben musste, und das Gesetz der Krieger, das zu lernen war. Und wenn sie
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