Verbannt
zurück?«, fragte sie.
»Ich möchte wissen, warum sie nicht mehr mit mir sprechen«, miaute Häherpfote unglücklich. »Außerdem haben sie auch einmal hier gelebt. Sie könnten uns vielleicht verraten, wo man hier am besten jagen kann oder Schutz findet.«
»Das können wir auch selbst herausfinden.« Distelpfote spähte aus der Öffnung des Baus ins Freie. Der Regen hatte aufgehört, und über den Bäumen wurden blaue Flecken sichtbar, während die letzten Wolken über den Himmel zogen. Sonnenlicht glitzerte auf den Regentropfen und ließ den Wald erstrahlen. »Wir sollten zurück ins Lager«, fügte sie hinzu.
»Aber begreifst du denn nicht?« Häherpfotes Stimme wurde lauter. »Das ist wichtig, das weiß ich genau.«
Einen Moment lang war Distelpfote versucht, ihm zuzustimmen. Als Schwarzstern die Ur-Katzen erwähnte, hatte auch sie ihre Faszination gespürt. Sie würde gerne mehr über diese Vorfahren erfahren – aber nicht so gerne, um dafür ihr oder Häherpfotes Leben zu riskieren.
»Du bist auch wichtig«, miaute sie. »Dein Clan braucht dich, Häherpfote. Du solltest dich nicht unnötig in Gefahr begeben.«
»Na gut«, murrte Häherpfote. Sein Gesicht trug einen rebellischen Ausdruck. Distelpfote unterdrückte einen Seufzer, sie kannte diesen Blick. Häherpfote mochte ihr jetzt vielleicht zustimmen, aber er würde trotzdem genau das tun, was er wollte. Sie gab ihm einen Schubs. »Gehen wir.«
Häherpfote stand auf und schüttelte sich die Erde aus dem Pelz. Distelpfote ging vor ihm ins Freie, wobei sie die Pfoten vorsichtig neben die nassen Grasbüschel setzte.
»Distelpfote?«
Sie blieb stehen und schaute über ihre Schulter. »Was?«
»Du verrätst doch niemandem, was ich dir gesagt habe?«
Distelpfote wusste nicht, was sie darauf antworten sollte. Am liebsten wäre sie schnurstracks zu Feuerstern oder Blattsee gegangen, um ihnen von seiner verrückten Besessenheit mit diesen Ur-Katzen zu erzählen. Wenn eine Katze Häherpfote davon abhalten konnte, sein Leben zu riskieren, dann waren das sein Clan-Anführer oder seine Mentorin. Doch Häherpfote war ihr Bruder und sie würde immer zuerst ihm gegenüber loyal sein.
»Nein, werde ich nicht.« Sie seufzte. »Versprochen.«
»Mäusedung!«, rief Distelpfote enttäuscht, als die Maus, auf die sie sich gestürzt hatte, vor ihren Pfoten davonflitzte und sich in die Sicherheit eines Lochs flüchtete. Das war schon die zweite Beute, die sie verlor, und sie hatte fast das Gefühl, als würden ihre Pfoten ihr nicht mehr gehorchen.
»Distelpfote, du musst ganz leise auftreten.« Selbst Farnpelz, der nie die Geduld mit ihr verlor, klang nun ungeduldig. »Denk daran: Eine Maus spürt deine Pfotenschritte, bevor sie dich hört oder riecht.«
»Ja, ich weiß«, miaute Distelpfote. Das ist das Erste, was ein Schüler über die Jagd lernt. »Tut mir leid.«
Farnpelz, Bach und Sturmpelz hatten alle Schüler zum Jagen in den Wald mitgenommen. Distelpfote wusste nicht mehr genau, wer von ihnen vorschlagen hatte, daraus einen Wettkampf zu machen. Löwenpfote war natürlich der Sieger, mit einem der größten Eichhörnchen, das Distelpfote je gesehen hatte, doch auch die anderen hatten einen ordentlichen Haufen Frischbeute gesammelt. Nur sie hatte lediglich eine jämmerliche Spitzmaus erbeutet.
»Beunruhigt dich etwas?«, fragte Farnpelz. »Du bist heute gar nicht konzentriert.«
»Nein«, log Distelpfote. »Mir geht’s gut.«
Und das würde auch stimmen, sagte sie zu sich, wenn ich nicht ständig darüber nachdenken müsste, wie ich Clan-Anführerin werden kann. Nur weil Tigerstern das auch wollte, ist es doch nicht falsch, oder? Ich weiß, ich bin mit ihm verwandt, aber ich würde niemals das tun, was er tat, um an die Macht zu gelangen. Und dann noch die Sache mit Häherpfote. Wenn er auf der Suche nach diesen Geisterkatzen ums Leben kommt, ist das allein meine Schuld!
Mitfühlend berührte Bach Distelpfotes Ohr mit der Schnauze. »Ich hatte viele Schwierigkeiten, als ich damals hierherkam«, gestand sie. »Ich war daran gewöhnt, auf kahlen Berghängen zu jagen, und bekam einfach den Dreh nicht raus, wie man im Wald Beute fängt. Sturmpelz hat mir dann gezeigt, dass es manchmal hilft, beim Anpirschen die Pfoten nach vorn gleiten zu lassen. Dann hört die Maus deine Pfotenschritte nicht. So etwa«, fügte sie hinzu und schob sich leise über das Moos.
»Daran habe ich noch gar nicht gedacht«, miaute Distelpfote. »Das probiere ich mal.«
»Es ist
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