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Verbannte der Ewigkeit

Verbannte der Ewigkeit

Titel: Verbannte der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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bist.«
    Barrett nickte. »Zum nächsten Treffen komme ich vielleicht.«
    Er hatte Bernsteins bohrende Fragen satt; politische Diskussionen hatten ihn bisher nie sonderlich interessiert, jedenfalls nicht so, daß er eine Leidenschaft daraus gemacht hätte. Aber es verletzte ihn, wenn man ihm nachsagte, er habe keine Überzeugung, kein Bewußtsein über seine Lage in dieser Gesellschaft. Er würde mal zu einem dieser Treffen gehen, damit Jack endlich Ruhe gab. Barrett war sicher, dort nur verträumte Idealisten und Spinner anzutreffen, aber Jack konnte ihm nie mehr vorwerfen, er hätte die Bewegung als von vornherein irrelevant abgetan.
    Eine Woche später teilte Jack ihm mit, daß für den nächsten Tag, den 11. April 1984, ein Treffen angesetzt war.
    Das Wetter war miserabel; es wehte ein kalter Wind, und Schneegeruch lag in der Luft. Das Jahr 1984 steht unter einem schlechten Stern – sagten die Leute. Vor vielen Jahren hatte einmal jemand ein Buch über 1984 geschrieben und viele schreckliche Dinge vorausgesagt. Und obwohl keine dieser Voraussagen eingetroffen war, gab es viele ungelöste Probleme im Land, und das Wetter wirkte sich ebenfalls drückend auf die allgemeine Stimmung aus. Überall lagen noch Schneereste, obwohl die Bürgersteige von unten geheizt wurden, die Bäume waren noch kahl. Eine unangenehme Zeit für die Menschen, aber vielleicht nicht für die Revolution.
    Jimmy Barrett und Jack Bernstein trafen sich an einer U-Bahn-Station in der Nähe des Prospect-Parks, und von dort fuhren sie nach Manhattan. Die Wagen des Zuges waren alt und schäbig, aber das war im neunten Jahr der Großen Depression, wie diese Zeit genannt wurde, nichts Ungewöhnliches. So ziemlich alles war jetzt heruntergekommen und verbraucht.
    Am Times Square verließen sie den Zug und gingen zu einem achtzigstöckigen Gebäude, einem der letzten Wolkenkratzer, die noch vor der großen Panik errichtet worden waren. Ein Fahrstuhl brachte sie in die Kelleretage des Gebäudes.
    »Und was soll ich sagen, wer ich bin, wenn man mich fragt?« frage Jim.
    »Überlaß das nur mir«, sagte Bernstein, dessen blasses Gesicht jetzt einen würdigen, erhabenen Ausdruck trug. Er war voll in seinem Element: Jack, der Verschwörer, der Partisan, der Untergrundkämpfer. Barrett fühlte sich nicht sonderlich wohl in seiner Haut.
    Sie verließen den Fahrstuhl und standen kurz darauf vor einer geschlossenen grünen Tür, vor der ein Stuhl und daneben ein Mädchen standen. Sie ist höchstens neunzehn oder zwanzig, dachte Barrett, klein und dick mit viel zu plumpen Beinen. Sie trug das Haar kurz, wie es jetzt Mode war, aber das war auch ihre einzige Konzession an die derzeitige Mode. Ein roter, verwaschener Wollpullover hatte Mühe, ihre üppigen Brüste zu bändigen, im Mundwinkel hielt sie lässig eine Zigarette. Ihr gesamter Aufzug machte auf Barrett den Eindruck einer bösen Karikatur, wie sich der Normalverbraucher eine Partisanenbraut vorstellte. War diese lächerliche Gestalt typisch für ihre Vertreter in dieser Gruppe? Attraktiv, intelligent und nett, hatte Jack versprochen, aber vielleicht hatte er einen anderen Geschmack als Jim.
    »Abend, Janet«, sagte Jack mit autoritärem Unterton.
    Das Mädchen musterte ihn kurz und preßte dann zwischen den geschlossenen Zähnen hervor: »Wer is’n das?«
    »Jimmy Barrett, ein Klassenkamerad von mir. Er ist okay. Politisch gleich Null, aber er wird sich noch ändern.«
    »Sagst du Pleyel, daß du ihn mitgebracht hast?«
    »Nein, aber ich bürge für ihn.« Jack trat näher an sie heran und legte einen Arm um ihre Hüfte. »Hör auf, den Kommissar zu spielen und laß uns rein, Mädchen.«
    Janet schob ihn weg. »Warte hier, ich sehe nach, ob alles okay ist.«
    Sie verschwand hinter der grünen Tür. Jack wandte sich an Barrett. »Ein tolles Mädchen, manchmal spinnt sie etwas, aber sie ist wirklich nicht dumm, und außerdem sehr sinnlich, sage ich dir.«
    »Woher willst du das wissen?«
    Jack wurde rot und sagte ungehalten: »Glaube mir, ich weiß es.«
    »Du hast mit ihr geschlafen, Jack?«
    »Hör bitte auf damit, ja?«
    Die Tür ging wieder auf. Mit Janet war ein schlanker, großer Mann mit kurzem, grauem Haar zurückgekommen, von dem man beim besten Willen nur schwer sagen konnte, wie alt er war – vielleicht dreißig oder vierzig. Sein Blick war freundlich und durchdringend zugleich, als er die beiden Jungen musterte. Barrett bemerkte, daß Jack innerlich strammstand. »Das ist Pleyel«, flüsterte

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